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Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

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Ver…, verheizt, vergessen


Kriegs- und Nachkriegslektüre ist wohl nie so ganz leichte und unterhaltsame Lesekost. Aber was Anna Hope daraus macht – Chapeau Frau Hope! Sie erzählen „einfach“ eine Geschichte. Sie ermahnen nicht, sie klagen nicht, keine Zombies irren durch Ihre ...  

Ver…, verheizt, vergessen

Schätzen wir uns glücklich! Ja, natürlich haben wir immer zu wenig Geld in der Tasche und natürlich ist das Wetter immer entweder zu kalt oder zu warm, zu trocken oder zu nass. Natürlich sind unsere Kinder nicht immer so wie wir sie gerne hätten, begegnen wir tagtäglich irgendwelchen Miesepetern und Quertreibern, die wir, könnten wir wie wir wollen, am liebsten auf den Mond schießen würden.

Aber was sind all diese im Grunde doch kleinen Widrigkeiten des Lebens gegen das unschätzbare Gut von relativer Sicherheit und Frieden. Ich geh jetzt mal einfach davon aus, dass es den meisten von Ihnen so geht wie mir: Ich bin im Frieden groß geworden und habe Krieg, zumindest nicht vor der eigenen Haustür, nie erleben müssen. Allenfalls mal mehr oder minder weit weg im Fernsehen. Das mag zwar schrecklich sein, aber es betrifft nicht mich persönlich, nicht meine Familie, nicht meine Freunde, nicht meine Nachbarn oder Kollegen. Wir sind unversehrt an Leib und Seele, zumindest was kriegsbedingte Schäden angeht.

London 1920: Ein Mädel, das sein Geld als Miettänzerin verdient, eine Sekretärin, die in der Beschwerdestelle der britischen Pensionskasse für Kriegsheimkehrer arbeitet und eine Mutter, deren Sohn irgendwo in den französischen Schlammwüsten gefallen ist. Und dazwischen Männer, natürlich. Alle wirken sie uralt, so als wären sie schon längst am Ende ihres Lebens angekommen. Nur mühsam kann ich mir vor Augen halten: Das sind eigentlich ganz junge Menschen, oft viel, viel jünger als ich. Sie müssten eigentlich am Anfang ihres Lebens stehen, Pläne, Träume und Hoffnungen haben. Statt dessen sind sie auf die ein oder andere Art alle kaputt, verbrannt und werden am Ende sich selbst überlassen. Da muss Evelyn, die Sekretärin, einem Kriegsheimkehrer erklären, dass er nach drei Jahren eben weniger Pension bekäme. Als würde ein Arm oder ein Bein nach drei Jahren nachwachsen.

2014 und feiern (??) ein Jubiläum, nämlich 100 Jahre Erster Weltkrieg. Waren „die“ damals doof oder naiv oder einfach nur durch und durch zynisch? Fast eine ganze Generation junger Männer aus fast allen Ländern Europas ist in knapp vier Jahren verheizt worden. Und die, die übriggeblieben sind? Erst ver … und dann vergessen?

Kriegs- und Nachkriegslektüre ist wohl nie so ganz leichte und unterhaltsame Lesekost. Aber was Anna Hope daraus macht – Chapeau Frau Hope! Sie erzählen „einfach“ eine Geschichte. Sie ermahnen nicht, sie klagen nicht, keine Zombies irren durch Ihre Erzählung und doch hat sie mir so manchen Schauer über den Rücken gejagt. Und am Ende die Erkenntnis gebracht: Das Leben ist schön. Und vielleicht stünde uns einfach ein klitzekleines bisschen mehr Bescheidenheit an, um das auch zu verstehen.

Abgesang“ ist Anna Hopes Erstlingswerk, aber wenn die Dame so weitermacht, dann können wir uns noch auf eine Menge Spitzenliteratur gefasst machen. Erschienen im Kindler Verlag ist das Buch jeden, aber wirklich jeden seiner 1995 Cent (19,95 Euro) wert.



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