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Kindheiten


Lieber Jean-Jacques Sempé: Danke für dieses wunderbare Buch und viele, viele Stunden, in denen wir immer wieder in ihm blättern werden (dürfen) und ein dickes Lob auch an den Diogenes Verlag, der die Bilder im Großformat erst so richtig zur Geltung kommen  

Eine schlechte Kindheit macht noch lange keinen schlechten Menschen

Ist es noch ein Buch oder schon ein Kunstwerk? Wer kennt sie nicht, die wunderbaren Zeichnungen von Jean-Jacques Sempé, der den Geschichten vom kleinen Nick mit seinen Bildern das I-Tüpfelchen auf das I gesetzt hat? Ich war noch ganz klein und konnte noch überhaupt nicht lesen, da hatten wir schon ein Buch mit den Geschichten vom kleinen Nick und auch, wenn ich die Geschichten noch nicht lesen konnte, die Bilder habe ich mir immer und immer wieder angeschaut. Das ist jetzt weit über 40 Jahre her und für mich haben seine Zeichnungen nichts von ihrem Charme verloren.

Und wie kommt es, dass er so lustige und aus dem Leben gegriffene Zeichnungen anfertigt? Da muss man doch glatt meinen, dass seine Kindheit eine einzige Spaß-Orgie gewesen ist, doch weit gefehlt. „Kindheiten“ heißt nicht nur Kindheiten, weil sich in seinen Bildern überwiegend Kinder (ja gut und mehr oder weniger störende Erwachsene) finden, es heißt so, weil er sich im Gespräch mit Marc Lecarpentier an seine eigene Kindheit erinnert. „ Ich wurde zum schönsten Baby von Bordeaux gewählt! Ich sah aus wie ein käseweißes Michelin-Männchen, fett und weich – scheußlich. Mit hellblauen Augen und blonden Haaren! Aber dann gab’s Punktabzug, weil ich Flohstiche hatte …“ Punktabzug gab es dann eine Menge mehr in Sempés Kindheit geprägt von Einsamkeit und Scham, dem Gezeter der Mutter und ihren Ohrfeigen und der Trunksucht des Stiefvaters.

Das ist keine schöne Kindheit und keine, die man einem Menschen wünschen würd‘, aber trotzdem macht sie auch Mut: Mut, dass, auch wenn Eltern aus welchen Gründen auch immer versagen, dass keine Generalverurteilung für ihre Kinder sein muss und sie macht jedem Mut, dass es am Ende an einem selbst liegt, was und wieviel man aus sich macht. Sempé hat es geschafft: Er ist der Realität in eine Traumwelt entschlüpft, ohne sich in ihr zu verlieren. Nicht alle seine Bilder sind unbedingt lustig und zum Lachen, aber in jedem steckt ein kleines Augenzwinkern, das sagt: „Okay, nimm es wie es kommt, aber bitte nicht zu ernst!“

Lieber Jean-Jacques Sempé: Danke für dieses wunderbare Buch und viele, viele Stunden, in denen wir immer wieder in ihm blättern werden (dürfen) und ein dickes Lob auch an den Diogenes Verlag, der die Bilder im Großformat erst so richtig zur Geltung kommen lässt.

Mit 39,90 Euro gehört dieses Meisterwerk zwar nicht in die Preiswert-Paperback-Kategorie, aber garantiert: Das ist gut angelegtes Geld - Kunst ist eben nicht immer zum Sonderrabatt zu bekommen.

Wer nun mehr sehen und lesen will: „Kindheiten“ von Sempé, erschienen im Diogenes Verlag, kann in der Moewes Buchhandlung versandkostenfrei bestellt werden.



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