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Russ us d‘m Karneval - rein en de Fastnacht


Am Ende mussten wir dann aber doch fahnenflüchtig werden, nicht nur vom Tollitätenempfang, weil noch so viel zu schreiben war, sondern ganz raus aus der rheinischen Gemütlichkeit. Denn wenn Familiensinn und Neugier nicht auseinander, sondern in diesem ...  

Russ us d‘m Karneval - rein en de Fastnacht

So wie jedes Jahr beginnt unsere Karnevalssaison nicht (schon) am 11. im 11. Sondern etwas später, nämlich mit dem traditionellen Tollitätenempfang des Landrats gut eineinhalb Wochen vor Altweiber.

Üvverall nor kölsche Tön

Er hat nun wirklich etwas magisches an sich, dieser kölsche Fastelovend. Nachdem wir schon den ganzen Tag sozusagen „uff jück“ waren, uns zum guten Schluss auch noch in der Adresse geirrt haben und statt in Ober- zunächst in Niederaußem gestrandet sind, ist unsere Stimmung eigentlich auf dem klassischen Nullpunkt angekommen. Kaum aber, dass unser aller „Obertollität“, Landrat Michael Kreuzberg, die Bühne betritt und schmunzelnd verkündet, dass sei ja wie im Kreistag hier, fangen nicht nur die rund 300 geladenen Tollitäten aus dem gesamten Rhein-Erft-Kreis an zu jubeln, sondern auch unsere Laune steigt während seiner kölschen Rede von Satz zu Satz in luftig lustige Höhen, finden wir uns am Ende schunkelnd Arm in Arm mit Bauern, Königen und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen und haben so bei Kölsch und kölschen Tapas keine Berührungsängste mit den gekrönten Häuptern.

Dat ess ed

Um das Gefühl des rheinischen Karnevals zu beschreiben, sind ja schon viele Worte gemacht worden, aber man kann es auch kurz fassen, so wie der Landrat: „….denn mer trecke dobei all an einem Strang!" Ob nun in der einen Stadt ein Dreigestirn oder in der anderen ein Prinzenpaar das närrische Zepter schwingt oder ob man so wie wir in Zivil erscheint – spätestens wenn irgendwo Karnevalsmusik ertönt, sind wir uns einig – da wird gefeiert.

Russ us d‘m Karneval - rein en de Fastnacht

Am Ende mussten wir dann aber doch fahnenflüchtig werden, nicht nur vom Tollitätenempfang, weil noch so viel zu schreiben war, sondern ganz raus aus der rheinischen Gemütlichkeit. Denn wenn Familiensinn und Neugier nicht auseinander, sondern in diesem Fall zusammenfallen, dann gibt’s am Ende nur noch eins: Koffer packen und ab damit. Also haben wir uns – Höhner hin und Bläck Föss her tatsächlich an Wieverfastelovend auf den Weg in die Schweiz gemacht, genauer gesagt nach in die Stadt und den Kanton Luzern mitten im Herzen der Schweiz, um uns vom (angeheirateten) Familienzuwachs in Sachen alemannische Fastnacht unterweisen zu lassen.

Im falschen Film oder was?

Auf den ersten Blick hätte man sich ja fast wie „daheim“ fühlen können – überall treffen wir auf Kostümierte. Aber dann … ja hallo, was ist das denn? Wo haben die denn die Stimmung gelassen? Mag ja sein, dass man, wenn man sein Fastnachtstreiben um nahezu unchristliche fünf Uhr in der Früh (da haben wir doch noch satte 8 Stunden vor uns bevor wir loslegen) begonnen, hat, am Abend ein bisschen nachlässt, aber auf den ersten Blick lässt sich sagen: Da geht’s ja bei uns bei Beerdigungen noch lustiger zu.

Himmel, warum schunkeln diese Menschen nicht und wo sind all‘ die fröhlichen Gesichter? Wo gibt’s denn hier ein Kölsch oder überhaupt irgendwas … Dafür trinken sie hier etwas, das sich Café-Zwetgsch nennt, einen richtig dünnen Kaffee mit einem Obstler drin. Das macht zwar bei entsprechendem Konsum – pardon – blau, aber nicht fröhlich.

Verständnisprobleme

Sagen wir mal so: Wir Rheinländer sind ja der Meinung, dass wir den Karneval sozusagen erfunden haben und die Träger von Tradition und Kulturgut sind, aber nur, weil wir das glauben, müssen wir (leider) nicht unbedingt Recht haben. Statt uns also von Höhnern, Brings & Co. zum Schunkeln verleiten zu lassen, lauschen wir halb erstaunt, halb fasziniert der Guggemusik. Was in unseren Ohren hauptsächlich schräg und wild klingt, hat aber, so erklärt man uns, durchaus seinen Sinn. Erst einmal das Wort „Gugge“, das hat nichts mit „gucken“ oder „sehen“ zu tun, denn eher mit dem Gegenteil. Eine „Gugge“ ist schlicht und einfach eine Tüte, mit der man sich maskiert. Wobei und das muss man ihnen lassen, die schön-schaurigen Masken sind einfach nur zum Fürchten schön und genau das sollen sie ja auch sein. Während wir Rheinländer nämlich das sich vor der 40-tägigen Fastenzeit noch mal so richtig austoben an die erste Stelle stellen, wollen unsere alemannischen Nachbarn mit viel Lärm und Radau die bösen Wintergeister vergraulen. Kein Wunder also, dass es „bei denen“ nicht so frisch fröhlich ist, wie hierzuland. Und gerechterweise wollen wir auch sagen: Während bei uns schon die ersten Schneeglöckchen blühen und selbst die Osterglocken schon die ihre Triebe in die Sonne halten, ist’s hier unten noch tiefer und verschneiter Winter. Also auf ihr Musikusse, blast in die Hörner und Trompeten, damit’s auch bei euch bald Frühling wird.

Das war doch wohl nicht alles

Gerechterweise wollen wir an dieser Stelle noch festhalten, dass das bunte Treiben am Samstag schon ziemlich Fahrt aufgenommen hat und doch noch so etwas wie „Stimmung“ aufkam. Aber jetzt erst mal genug vom Karneval, der sich ja nun sowieso seinem Ende zuneigt und noch ein bisschen von Luzern erzählt, denn die Stadt ist auch außerhalb der Fasnacht-Saison echterdings sehenswert. Wo wir also schon mitten in der City sind, sollte uns unser Weg auf alle Fälle über die Kapellbrücke führen, dem Luzerner Wahrzeichen. Nun könnte man behaupten, dass sie, da sie 1993 dem großen Brand zum Opfer fiel, genaugenommen nicht mehr die älteste Holzbrücke Europas ist, aber das ist doch genau genommen Haarspalterei und egal wie, der Weg lohnt allemal. Noch älter ist der Wasserturm gleich neben der Brücke. In seiner wechselvollen Geschichte hat er schon als Verteidigungsbollwerk, Rüstkammer, Aufbewahrungsort des Luzerner Staatsschatzes (leider nicht besonders sicher wie die Geschichte gezeigt hat), Gefängnis mit Folterkammer und Staatsarchiv gedient. Heutzutage dient er weitaus friedlicheren Zwecken, nämlich aus eines der meist fotografierten Denkmäler der Schweiz und wer möchte kann ihn sogar nach Voranmeldung beim Turmvogt von innen besichtigen.

Heimweh …

Doch Luzern ist eine wunderbare Stadt und auch außerhalb des närrischen Treibens immer wieder sehenswert. So viel wäre noch anzuschauen von der Jesuitenkirche, über das Denkmal des sterbenden Löwens, das Mark Twain einst als das „traurigste und bewegendste Stück Stein der Welt“ genannt hat, über das Nadelwehr und die Turmuhren Ausstellung. Noch einmal einen Blick in die Sammlung Rosengart, die neben Werken von Picasso, Klee, Miro Cézanne und Chagall noch etliche weitere Impressionisten und der Vertreter der Klassischen Moderne zeigt, werfen oder eine Bootstour über den Vierwaldstättersee machen, ach, auch diesmal ist die Liste von allem, was wir nicht gesehen und nicht geschafft haben lang, aber, verflixt, wir haben Heimweh. Mit Macht zieht es uns zurück in den Dunstkreis der Stadt am Rhing, wo wir zwar nicht geboren, aber eben doch zu Hause sind und wo es eben doch den besten Karneval der Welt gibt.

Fotos: DWW

 



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