×

Wau Wau!



Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

mehr erfahren Sie hier

Das Rom der Protestanten


Ist schon klar, wer Wittenberg hört, der denkt natürlich automatisch an Martin Luther und richtig, so wirklich Schwung kam erst in die Stadt, nachdem er am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Tore der Schlosskirche genagelt hatte.  

Das Rom der Protestanten

Ist schon klar, wer Wittenberg hört, der denkt natürlich automatisch an Martin Luther und richtig, so wirklich Schwung kam erst in die Stadt, nachdem er am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Tore der Schlosskirche genagelt hatte. Heutzutage, liebe Leute, würde es wohl unter grobe Sachbeschädigung fallen, immerhin wurde diese zusammen mit drei weiteren Bauwerken der Stadt 1996 in den Katalog des Weltkulturerbes aufgenommen, aber davon erzählen wir später mehr.

Der Schwung kam mit den Studenten

So gesehen gehört das Städtchen am Nordufer der Elbe zu den urbanen Spätentwicklern. Irgendwann um 1000 mit Stadtrechten versehen, dümpelte es die ersten 500 Jahre mehr schlecht als recht vor sich hin, erwarb sich hier ein paar Rechte und da ein paar Privilegien und war ansonsten, pardon, aber ist ja so, ziemlich bedeutungslos. Und wäre da nicht Friedrich der Weise gewesen, der sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts entschied, hier die erste weltliche, nämlich von einem Landesherrn gegründete Universität, ins Leben zu rufen, tja, wer weiß, ob’s nicht weiterhin in seinem Dornröschenschlaf verharren würde. Aber Sie wissen ja, erstens kommt anders und zweitens …

Da war also diese niegel- nagelneue Universität und was braucht so eine Einrichtung? Klar, Professoren und, damit die nicht arbeitslos sind, entsprechend Studenten. Also zog es auch Lucas Cranach (d.Ä.) von Wien an die Elbe, wo zwar nicht als Dozent, dafür aber als Hofmaler Lohn und Brot fand. 1508 trudelte auch Luther das erste Mal in Wittenberg ein. Zunächst war er zwar weder aufmüpfig noch berühmt, dafür aber wohl ein emsiger Student, denn bereits m März 1509 erwarb er den „Baccalarius biblicus“ und hängte nur wenige Monate später gleich den „Baccalaureus sententiarius“ dran. Aufgrund anderer Verpflichtungen kehrte er der frisch gebackenen Uni-Stadt zunächst mal für zwei Jahre den Rücken, kam aber schon 1512 zurück (kann man verstehen, ist schön da) und blieb bis an sein Lebensende zwar nicht in Wittenberg, aber immerhin „Doctor theologiae“ und Leiter des Lehrstuhls der „Lectura in Biblia“ (Bibelauslegung).

 

Was ihn nun schlussendlich dazu bewegt hat, seine 95 (!) Thesen an die Türen der Schlosskirche zu nageln, das überlassen wir mal lieber den Theologen, die kennen sich da besser aus. Wir haben Ihnen für’s Erste ja schon mal die Ultra-Kurzform geliefert und das muss reichen, immerhin gibt es noch eine Menge zu sehen und zu berichten.

Luther, Hamlet und Co.

Im Internet finden wir eine Auflistung, die weit über 30 berühmte Persönlichkeiten nennt, die irgendwie mit Wittenberg in Verbindung stehen. Da wir ja nun schlecht alle abschreiben und aufzählen können, picken wir nur ein paar wenige aus der Riege der ehren- und erwähnenswerten heraus: Ob’s stimmt oder nur der Fantasie des Dichters entspringt, jedenfalls lässt Shakespeare den unglückseligen Prinzen Hamlet gleich zu Beginns seines gleichnamigen Dramas von seinen Studien aus Wittenberg zurückkehren.

Und dann ist da noch Anton Wilhelm Amo, der erste farbige Philosoph und Rechtswissenschaftler aus Afrika - aus dem heutigen Ghana. Unter dem Titel" De iure Maurorum in Europa" (Deutsch: Über das Recht der Mohren in Europa) erschien sein bekanntestes Werk. An der Philosophischen Fakultät der Universität Wittenberg erwarb er nicht nur den Grad eines Magisters der Philosophie und Freien Künste, sondern machte hier sogar seinen Doktor, um dann weiter als Privatdozent an der Uni tätig zu sein. Normal, sagen Sie? Ja, schon, aber gewiss nicht, wenn man bedenkt, dass er ungefähr von 1703 bis 1784 gelebt hat, oder?

Last but not least wollen wir noch Olga Gebauer die Ehre gegeben. Sie hat nämlich von 1884/85 hier ein Hebammenstudium absolviert und später dann in Berlin einen der ersten Hebammenverein zu gründen.

Gut zu Fuß?

Augusteum und Lutherhaus, Melanchthonhaus, Universität „Leucorea“ Wittenberg, Hamlethaus, , Stadtkirche, Bugenhagenhaus, Stadthaus, Rathaus und Marktplatz, Cranachhöfe, Schloss und Schlosskirche, Hundertwasserschule, die Luther Eiche und noch viel mehr lassen sich in der eigentlich recht überschaubaren Allstag entweder im Vorbeigehen besichtigen oder teils sogar besuchen, sind doch Museen und Ausstellungen in einigen Gebäuden untergebracht. Hier lohnt es sich auf alle Fälle bei der Touristeninformation eine Stadtführung zu buchen, die als Außenführung (beispielsweise von der Schlosskirche quer durch die Altstadt bis zum Lutherhaus) rund 1,5 Stunden dauert. Damit hat man sich schon mal einen ganz guten Überblick verschafft.

Wer tiefer in die Geschichte der Reformation eintauchen will, sollte den Rundgang durch das Lutherhaus (übrigens auch eine Unesco-Welterbestätte) nicht scheuen. Ursprünglich wurde das Luther-Haus als Augustinerkloster erbaut, bevor es ab 1508 von Martin Luther und später dann gemeinsam mit seiner Ehefrau Katharina von Bora und ihrer Kinderschar bevölkert wurde. Rund 1000 originale Exponate erzählen nicht nur vom Leben und Alltag des Kirchenreformators, sondern öffnen auch den Blick in die Vergangenheit.

Und wer dann müde und erschöpft ist: Bei schönem Wetter lässt es sich hervorragend im angeschlossenen Biergarten verweilen, aber auch bei schlechtem Wetter dürfte der Kaffee allemal schmecken wie weiland bei meiner Oma – nämlich einfach LECKER …

Was der hat, wollen wir auch haben

Um auch in seinem Schloss im Teuchler Wald immer frisches Wasser zur Verfügung zu haben, ließ sich Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige 1542/1543 eine sogenannte Röhrwasserleitung legen. Dafür werden Holzstämme durchbohrt und mit Eisenbuchsen untereinander verbunden. Das System war so genial ausgetüfelt, dass er sogar noch Wasseranschlüsse, sogenannte Portionen, an Universität und Bürgerschaft mit Höfen Schloß- und Collegienstraße der verkaufen konnte. Das weckte natürlich schnell weitere Begehrlichkeiten und so schlossen sich 1556 weitere sieben Bürger zu einer Röhrwassergesellschaft zusammen, um auch in den Genuss von frischem Quellwasser zu kommen. Mit dem Aufkommen der ersten Wasserwerke hatte sich das Röhrwasserprinzip dann irgendwann überlebt, aber einige Leitungen sind bis zum heutigen Tag noch intakt und können besichtigt werden.

Das lässt das Herz des Öko-Aktivisten höher schlagen

Sorry, das haben wir persönlich bei unserem Kurztrip nicht mehr selbst anschauen können, aber was wir so im reichhaltigen Material der Touristeninformation und im Internet gefunden haben, hört sich einfach zu gut an, um nicht darüber zu schreiben: Die autofreie Piesteritzer Werkssiedlung.

Gut, das mit dem „autofrei“ ist an sich nicht so revolutionär, immerhin wurde die Siedlung ab 1916 erbaut und da hatte man angesichts des Ersten Weltkriegs nun weiß Gott andere Sorgen als Autofahren, Parkplätze oder Umweltverschmutzung. Aber dennoch muss man dem Konzept, das vom Stadtplaner Georg Haberland und dem schweizer Architekten Otto Rudolf Salvisberg schon Achtung entgegen bringen, denn es ist ihnen tatsächlich gelungen, eine schöne einheitliche Arbeitersiedlung zu schaffen, die, nach ihrer General-Sanierung anlässlich der Expo 2000, auch fast 100 Jahre später noch ihren Charme hat.

Soooo schön kann Schule sein

Mal ehrlich: Kennen Sie eine Schule, die schön ist? Also wir kennen keine. Irgendwie handelt sich immer um mehr oder weniger funktionelle Zweckbauten, die anscheinend nur einen Sinn haben: Möglichst vielen Schülern möglichst viel in die Köpfe zu trichtern oder ist das jetzt gemein?

Dass es auch anders geht, beweist die Hundertwassserschule. Das renovierungsbedürftigte Luther-Melanchton-Gymnasium, das vom bekannten Künstler Hundertwasser umgebaut und 1999 fertiggestellt wurde. Nicht nur, dass die Schule durch viele bunte Farben und ein begrüntes Dach besticht – das Innere durfte von den Schülerinnen und Schülern im Stil Hundertwassers selbst gestaltet werden. Und wer sich jetzt traut, mal wieder selber eine Schule zu besuchen – für Besucher gibt es einen extra Besucherraum, in dem man nicht nur alles über Hundertwasser und die Schule erfährt, sondern auch noch ein paar schicke Andenken mitnehmen kann.

Worauf wollen Sie warten?

Bis zum großen Jubiläum „500 Jahre Reformation“ dauert es ja noch ein paar Jährchen. Aber das soll uns ja nicht hindern, im Gegenteil. Wer sich nämlich vor dem Jubeljahr auf den Weg in die Stadt am nördlichen Elbeufer macht, der wird nicht nur das, was wir hier vorgestellt haben, sondern noch viel mehr in aller Ruhe entdecken können. Wir wünschen Ihnen jeden Falls eine gute Zeit.

Fotos: DWW, nur das Luther-Melanchton-Gymnasium haben wir nicht mehr besucht. Dieses Bild stammt von Peter Fenge, www.pixelio.de



Artikel empfehlen: