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Der Schatz vor unserer Haustür – Die Sophienhöhe


Mit rund 100 Kilometer Wanderwegen und zahlreichen Tier- und Pflanzenarten ist die Sophienhöhe ein Paradebeispiel für eine gelungene Rekultivierung ehemaliger Tagebauflächen.  

Der Schatz vor unserer Haustür – Die Sophienhöhe

Obwohl wir nun schon vor rund 20 Jahren von Köln in den Rhein-Erft-Kreis gezogen sind, kannten wir die Sophienhöhe nur dem Namen nach. Nun, auf der Suche nach einem schönen Naherholungsgebiet, über das wir berichten wollten, kam uns auch die Sophienhöhe in den Sinn und schnell zeigte sich RWE Power bereit, für uns einen Termin mit dem für die Rekultivierung zuständigen Förster Günter Rosenland zu vereinbaren. Mit rund 100 Kilometer Wanderwegen und zahlreichen Tier- und Pflanzenarten ist die Sophienhöhe ein Paradebeispiel für eine gelungene Rekultivierung ehemaliger Tagebauflächen.

Schlehen und Rosen säumen den Weg

Sage und schreibe 145.000 Ergebnisse spuckte Google für den Suchbegriff „Sophienhöhe“ aus als wir im Vorfeld versuchten uns auf unseren Ausflug vorzubereiten, doch nichts von dem, was wir im weltweiten Netz fanden, konnte uns auch nur annähernd auf das vorbereiten, was uns dann erwartete. Schon die Anfahrt erwies sich als mehr als einfach: Einmal auf der Bundesstraße 477 geht es nur noch geradeaus, bis irgendwann ein Hinweisschild nach rechts zur Sophienhöhe abzweigt und schon ist man da, am Rande des Tagebaus Hambach. Am Forsthaus in Hambach treffen wir uns mit Günter Rosenland und gemeinsam geht es los. Der Weg, den wir einschlagen, ist mit Sträuchern mit einer Unzahl weißer Blüten gesäumt. „Das sind Schlehen“, erklärt uns der Förster, „riechen Sie mal“, und tatsächlich, ein zarter und süßer Duft liegt in der Luft. „Wenn Sie in rund vier oder fünf Wochen wieder diesen Weg nehmen“, fährt Rosenland fort, „dann blühen hier die Rosen und statt weiß wird alles rosa sein. So kann man mit Pflanzen quasi in der Natur Bilder malen. Auch der Duft wird dann ein ganz anderer sein.“ Nebenher erklärt er uns, dass die Schlehen das zu Hause des Neuntöters sind, eines Vogels, der seine Beute, Insekten aber auch Mäuse, auf die Dornen der Schlehen aufspießt.

Der Gang durch den Mammutbaumwald

Aber noch bevor wir nach einem Neuntöter Ausschau halten können, geht es weiter zum Mammutbaumwald. Am Wegrand liegen nicht nur bereits zurecht geschnittene Baumstämme, sondern auch abgeschälte Rindenstücke. „Das ist nicht unaufgeräumt“, grinst er und drückt uns ein Stück Rinde in die Hand. „Wir lassen das ausdrücklich hier liegen, damit Wanderer und Besucher auf der Sophienhöhe nicht nur sehen, sondern auch begreifen können. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.“ Und Recht hat er, denn ein Stück Rinde eines Mammutbaumes in der Hand zu halten ist schon ein besonderes Erlebnis. Ganz anders als „normale“ Baumrinde fühlt sich diese ganz weich und elastisch an. „Da schauen Sie mal“, sagt Rosenland und führt uns zu einem Stapel Baumstämme. „Hier an den Jahresringen in der Mitte können Sie erkennen, dass der Baum sich über Jahre hinweg gut hat entwickeln können, aber hier an den äußeren Ringen sehen Sie, dass er im Verlaufe der Jahre weniger an Umfang zugenommen hat. Das liegt daran, dass die Bäume mit wachsendem Umfang zu eng standen. Bei Tisch hat ja auch jeder seinen eigenen Teller und seinen eigenen Platz. Mit Bäumen ist das nicht anders. Stehen die Bäume zu nah aneinander, so behindern sie sich gegenseitig und können nicht mehr richtig wachsen. Deshalb müssen wir die Bestände immer wieder auslichten.“

 

Im Gänsemarsch streifen wir mit ihm durch einen abzweigenden Weg und atmen den würzigen Harzgeruch der Bäume ein. „Diese Wege haben wir extra angelegt, damit dieses Arboretum wirklich erfahr- und erwanderbar wird, aber leider halten sich viele Wanderer nicht an die festgelegten Wege, sondern laufen querfeldein durch den Wald“, ärgert er sich. Warum, wird schnell klar: Wildtiere können mit der „kontrollierten Beunruhigung“ durchaus leben. Das heißt, dass es sie nicht stört, wenn Menschen immer wieder auf festgelegten Pfaden durch ihr Revier gehen, solange sich das Wild quasi darauf verlassen kann, dass der Weg tatsächlich nicht verlassen wird. Dann kann es einem sogar passieren, dass man nur vielleicht fünf Meter vom Wegesrand entfernt eine Ricke mit ihren Kitzen beobachten kann. Sie weiß, dass sie abseits vom Weg sicher ist. Verlassen aber immer wieder Spaziergänger die festgelegten Wege, wird sich bald kein Wildtier mehr in der Nähe sehen lassen, sondern sich in entfernt gelegenen Dickungen verstecken. Was besonders schade ist, denn gerade die Sophienhöhe zeichnet sich durch eine ungeheure Artenvielfalt aus.

Heimat für etliche Tierarten

„Welche Tierarten sich hier finden, wollen Sie wissen?“ fragt Rosenland und fährt fort: „Also zunächst einmal finden sich hier natürlich so gut wie alle heimischen Wildtierarten, angefangen von Fuchs und Hase über Reh, Damwild und Sau, pardon Wildschwein“, er lacht, „Dachse gibt’s selbstverständlich auch, aber die bekommt man natürlich als normaler Besucher nicht zu Gesicht, weil sie nachtaktiv sind. In einem großen Gehegen halten wir Muffel- und Damwild. Dann gibt es unsere diversen Fledermausarten: Bechstein, Hufeisennase, Abendsegler um nun ein paar bekannte Arten zu nennen. Da sehen Sie“, unterbricht er sich und zeigt uns eine Schneise, die quer durch den Wald verläuft, „auch Fledermäuse brauchen Platz zum Jagen. Zum einen werden sie gebraucht, um den Wald forstwirtschaftlich zu erschließen. In breiteren Schneisen siedeln sich aber auch sehr schnell Blütenpflanzen an, die Insekten anlocken - willkommene Jagdbeute für die Fledermäuse. Dazu kommen natürlich alte und ausgehöhlte Bäume, die ihnen als Unterschlupf dienen und eine Unzahl von Nisthilfen.“ Man merkt ihm an, wie stolz er auf „seine“ Sophienhöhe und ihre Bewohner ist und man könnte schon fast ein wenig neidisch auf seinen Arbeitsplatz werden, denn schon geht es den Obstweg entlang und unser Blick schweift über hunderte von wilden Narzissen. Die habe ich vor Jahren selber hier eingepflanzt und jetzt vermehren sie sich schon fast von selbst.“ Im Herbst, erzählt Rosenland uns, kann man sich gern den ein und anderen Apfel abpflücken, nur schade findet er es, wenn das Obst abgerissen und die Bäume dabei beschädigt werden.

Am Seeufer

Unser nächster Halt führt uns zu einem der vielen Seen, die sich auf dem Gebiet der Sophienhöhe finden. Auf dem Wasser dümpelt ein Entenpärchen und schon erwacht in unserem Hund der Jagdtrieb. Da würde er doch jetzt allzu gern ins Wasser springen und den Enten nachjagen. Aber dieses Vergnügen muss natürlich ausfallen. Also muss die Hündin  sich hinlegen, und damit begnügen, den Enten sehnsüchtige Blicke zu zuwerfen, während wir uns von RWE Power Förster Günter Rosenland die Entstehung der Seen, die auf künstlichem Weg angelegt wurden, erklären lassen. „Zunächst einmal wird der gesamte Seeboden mit Ton ausgelegt“, erläutert er uns, über den dann Kies aufgebracht wird. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man sehr schnell arbeiten muss, damit der Ton, der ja den Boden nach unten hin versiegeln soll, nicht austrocknet und reisst und das Wasser nicht später versickert.“ Nach dem dann das Becken mit Wasser geflutet worden ist, werden vereinzelt schon einige Wasserpflanzen eingesetzt, den Rest macht die Natur dann quasi von alleine. So haben sich in den Seen der Sophienhöhe auch wieder Pflanzen wie Seekanne, Froschbiss, Wasserfeder und der Wasserschlauch, eine fleischfressende Wasserpflanze angesiedelt. Ihnen sind eine Reihe von Amphibien wie der Springfrosch unter den Amphibien, der deutschlandweit selten ist, gefolgt. Aber nicht nur Kleintiere, sondern auch tausende von Enten verschiedenster Arten wie arktische Taucher, Meerenten, Haubentaucher und Säger kann man hier beobachten. „Spektakulär sind jüngere Beobachtungen der Zwergdommel, die sich, nachdem sie schon einmal einige Jahre erfolgreich in der Rekultivierung gebrütet hatte, zuletzt hier wieder zumindest für eine Brutsaison niedergelassen hat – in NRW gilt sie derzeit als ausgestorben. Für Kenner ein Highlight sind die starken Vorkommen der Wasserralle, deren an Schweinequieken erinnernde Rufe nachts in den Röhrichtzonen zu hören sind.

Nicht nur Rosenlands Augen glänzen, während er uns von der Artenvielfalt berichtet, die sich im Laufe der Jahre hier angesiedelt hat oder die Sophienhöhe wenigstens als Zwischenstation nutzt. Als wir aber zum Seeufer hinuntersteigen wird er dann doch ernstlich sauer als wir auf einen Plastikeimer stoßen. „Verdammt noch mal“, entfährt es ihm und wir können ihm das gut nachempfinden. Gerade Rehwild, im Gegensatz zu Wildschweinen nicht gerade „die Viecher mit der Gymnasialausbildung“ wie es ein jagender Freund von uns einmal ausdrückte, fressen, sei es aus „Dummheit“ oder aus Neugier, auch schon mal Plastik und gehen dann elend zugrunde. Seinen Müll gedankenlos zurücklassen ist also nicht nur für alle anderen Besucher und Erholungssuchende einfach hässlich oder störend, für die Wildtiere der Sophienhöhe kann es den qualvollen Tod bedeuten. Also nehmen wir auf dem Rückweg den Eimer mit, um ihn auf dem Heimweg ordnungsgemäß zu entsorgen.

Der keltische Baumkreis

Dann geht es weiter, immer weiter schrauben wir uns hinauf, um mit Blick auf das Wetterradar ein neues Highlight der Sophienhöhe zu entdecken, das erst dieser Tage für die Öffentlichkeit freigeben werden wird. In einem großen Rund wurde ein keltischer Baumkreis angelegt. Hier finden sich nicht nur Buchen, Eichen und Linden, sondern auch Zedern, Zypressen, Feigen- und Olivenbäume. Auch wenn er jetzt, gerade frisch angepflanzt und noch früh im Jahr, nur wenig von seiner Pracht erahnen lässt – in einigen Jahren wird er sich zu einem eindrucksvollen Hain entwickelt haben und zum Verweilen, staunen und lesen der Hinweistafeln, auf denen nicht nur der jeweilige Baum, sondern auch die im zugeordneten Eigenschaften und prominente Vertreter, die im jeweiligen Baumzeichen geborenen wurden, nachzulesen sind. Und noch etwas entdecken wir bei unserem Rundgang zwischen den Bäumen: Spuren im mittlerweile trockenen Boden und wir kommen ins Grübeln, ob diese Trittsiegel wohl von Wildschweinen oder von Rotwild stammen können. Gemeinsam mit Günter Rosenland beugen wir uns also hinab und schnell klärt sich auf, dass diese sogenannten Trittsiegel vom Damwild stammen. „Schauen Sie mal“, erklärt uns der Forstamtmann, „diese Abdrücke sind eher oval als rund, bei Wildschweinen würden sie auch die Abdrücke der seitlich überstehenden Geäfter deutlich erkennen.“

Schon neigt sich unser Ausflug über die Sophienhöhe seinem Ende zu, aber bevor es wieder Richtung Heimat gehen soll, hat Rosenland noch eine letzte Überraschung für uns bereit: Mitten in einem großen Steinrund steht ein hölzerner Pavillon, der Möglichkeit zum Ausruhen und Picknicken bietet. „Die Steine stammen alle aus dem Tagebaugebiet und zeigen die verschiedenen Gesteinsarten, die dort vorkommen. Die Speichen des Steinkreises sind genau in Ost-West beziehungsweise Nord-Süd-Richtung ausgerichtet. Wer sich auskennt, kann ihn also auch als Kompass benutzen“, so Rosenland.

Wir werden wiederkommen

Nun wird es aber Zeit, dass wir uns auf den Heimweg machen und vorbei geht es an kleinen Inseln weißblühender Anemonen und gelbem Scharbockskraut. Immer wieder jedoch hält Rosenland kurz an, um uns noch das ein und andere an Erklärungen mit auf den Weg zu geben: „Sehen Sie hier, wir lassen das Gehölz, das wir abgeschnitten haben, nicht aus Faulheit oder Unordnung liegen. Für viele Kleinstlebewesen bietet es Unterschlupf und Lebensraum.“ Einige Zeit später kommen wir wieder am Forsthaus an und werfen noch einen letzten Blick zurück auf die Sophienhöhe. Unser heutiger Ausflug, da sind wir uns sicher, war zwar unser erster auf die Sophienhöhe, aber gewiss nicht der Letzte, wir werden wiederkommen und wer weiß, was wir dann an neuen Schätzen entdecken werden.

Foto: Privat & RWE Power

 

Zwischen 1978 bis 1990 wurden rund 1,1 Milliarden Kubikmeter Abraum aus dem Tagebau Hambach auf dem Areal der heutigen Sophienhöhe aufgeschüttet. Mittlerweile sind auf dem Gelände, das rund 1.500 ha umfasst, fast 100 Kilometer Wanderwege entstanden, an deren Wegrand sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten wie der „Römerturm“ auf dem „Steinstraßer Wall“, der dem gleichnamigen antiken Bauwerk an der Kölner Komödienstraße nachempfunden worden ist oder historische Meilensteine aus römischer und preußischer Zeit finden. Auch die hölzerne Landmarke auf dem „Höller Horn“, deren Wetterfahne an die Kugelbake, dem Wahrzeichen Cuxhavens erinnert, ist einen Besuch wert. Insgesamt 11 Routen zwischen 2,5 und 10 Kilometern Länge sind in der Wanderkarte, die von RWE Power herausgegeben wird, verzeichnet. Neben anschaulichen Wegbeschreibungen sind nicht nur die einzelnen Routen leicht auf der Karte nachvollziehbar, auch sind immer wieder Rettungspunkte angegeben, die im Gelände einer raschen Orientierung dienen, so dass man im Notfall exakt angeben kann, wo man sich befindet. Die Wegbeschreibungen und das entsprechende Kartenmaterial liegen im Informationszentrum von RWE Power im Schloss Paffendorf, Bergheim, aus, können aber auch unter www.rwe.com heruntergeladen werden. Bei der Forschungsstelle Rekultivierung können sich Interessierte unter http://www.forschungsstellerekultivierung.de/5356659f820c0fe01/index.html einen Exkursionsführer für das rheinische Braunkohlenrevier herunter laden.



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