×

Wau Wau!



Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

mehr erfahren Sie hier

Bienenfutter und Energielieferant


Schon in der Antike wusste man die Silphie, die einzig in der Kyrenaika wuchs, zu schätzen. Silphium oder Teile davon sind auf allen kyrenäischen Münzen abgebildet und weisen nicht nur auf eine Beliebtheit, sondern auch auf die hohe ökonomische Bedeutung.  

Bienenfutter und Energielieferant

„Non est ad astra mollis e terris via“, auf Deutsch also „Es ist kein weicher (= bequemer) Weg von der Erde zu den Sternen“ heißt es in Senecas Tragödie „Der wildgewordene Herkules“.

Gleiches gilt wohl auch für die von der Bundesrepublik angestrebte Energiewende. 2050 sollen 80% des Energiebedarfs aus Erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Ein hehres Ziel, doch der Weg dahin ist nicht nur steinig, er ist auch teuer wie jeder von uns mit Blick auf seine Stromrechnung schmerzhaft zu spüren bekommt, denn bisher lag der Fokus rein auf der Nachhaltigkeit. Langsam jedoch beginnt sich der Blick zu weiten und neben Aspekten wie Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit rücken nach und nach auch Überlegungen zu den Aspekten Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit in den Blickpunkt. Besonders in Bezug auf die beiden großen Energielieferanten Wind und Sonne ist zu bedenken: Auch wenn der Wind nicht weht und die Sonne (wie so oft) nicht scheint, muss die Versorgung mit Strom sichergestellt werden. Zunächst wird die Versorgungssicherheit zu großen Teilen nach wie vor von Braunkohlekraftwerken abgedeckt, die 2011 mit 25 % den größten Anteil zur Gesamtstromversorgung in Deutschland beigetragen haben.

Weichenstellung für die Zukunft

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird bereits 2045, also schon fünf Jahre vor dem von der Bundesregierung angestrebten Termin, das Ende des Braunkohlenabbaus in unserer Region erreicht sein. Das mag manch‘ einem als ein noch langer Zeitraum erscheinen, für die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien jedoch ist ein Zeitraum von rund 30 Jahren vielleicht nicht übermäßig viel. Entsprechend richtet sich das Augenmerk auch auf Technologien, die eine kontinuierliche Stromversorgung sicherstellen, hier insbesondere auf Biogasanlagen, die mittels nachwachsender Rohstoffe als Lieferant Energie gewinnen, also in den Bereich der „Erneuerbaren“ gehören.

Von der Pflanze bis zum Strom

Damit aus Pflanzen oder tierischen Exkrementen wie zum Beispiel Gülle Strom werden kann, ist einiges an Technik erforderlich. Je nach Art des verwendeten Rohstoffs muss dieser zunächst zerkleinert und aufgebrochen werden, um den Mikroorganismen genügend Zugang zu den Nährstoffen zu bieten, damit diese im Gärprozess entsprechende Mengen Methangas produzieren können, das dann für die Stromproduktion, zum Beispiel in einem Blockheizkraftwerk für die Stromgewinnung genutzt werden kann.

Mais, Mais, Mais und kein Ende?

Dass im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe zu großen Teilen Mais als Substrat für den Betrieb von Biogasanlagen angebaut wird, ist nicht unumstritten und schon warnen Kritiker vor der „Vermaisung“ ganzer Landstriche. Hier will die RWE, die im Sommer diesen Jahres den Grundstein für eine neue Biogasanlage in Bergheim-Paffendorf legen wird, neue Wege gehen. „Um die Versorgung unserer Biogasanlagen langfristig zu sichern, ist es wichtig über einen breiten Rohstoffmix zu verfügen. Denn je größer der Mix, desto geringer sind etwa Produktionsausfälle durch fehlende Einsatzsubstrate.“ So Dr. Hans Büntig, GEO RWE Innogy, in einem Pressegespräch. Doch ein solcher Mix von verschiedenen nachwachsenden Rohstoffen sichert nicht nur die dauerhafte Versorgung von  Biogasanlagen, sondern wirkt auch den Monokulturen entgegen und bietet somit nicht nur Abwechslung im Landschaftsbild, sondern sorgt auch für die dringend benötigte Biodiversität.

Die kann nicht nur was, die kann sogar mehr

Schon in der Antike wusste man die Silphie, die einzig in der Kyrenaika wuchs, zu schätzen. Silphium oder Teile davon sind auf allen kyrenäischen Münzen abgebildet und weisen nicht nur auf eine Beliebtheit, sondern auch auf die hohe ökonomische Bedeutung hin. Als Heilpflanze fand sie vielfältig Anwendung. Äußerlich angewendet soll der Saft der Silphie frosterstarrte Glieder wieder erwärmt haben, innerlich angewendet linderte er Sehnenerkrankungen. Doch auch gegen Vergiftungen, Epilepsie oder zur Bekämpfung von Hühneraugen soll es gut gewesen sein. Plinius zu Folge ist die Pflanze jedoch um 50 nach Christus durch die übermäßige Nutzung als Viehweide wohl ausgerottet worden.

Dass die Silphie dem Vieh geschmeckt haben dürfte, leuchtet ein, denn schon vor rund 30 Jahren wurde ihre nordamerikanische Variante in der ehemaligen DDR als Viehfutter angebaut. Doch nicht nur Pflanzenfresser wissen sie zu schätzen, auch Bienen, Hummeln und Schwebfliegen mögen die Pflanze aus der Familie der Asternartigen.

Heutzutage gilt das Interesse an der durchwachsenen Silphie, die zur Gattung der Korbblütler gehört mehr ihrer Nutzung als Energiepflanze, da sie nicht nur einen hohen Biomasseertrag und somit eine hohe Biogasausbeute verspricht, sondern vor allem auch an trockene Böden angepasst ist. Das schafft sie durch die am Stängel verwachsenen Blattpaare, die auf diese Weise kleine Becher bilden, in denen sie Tau- und Regenwasser sammelt. Für ihre Wuchshöhe von mehr als zwei Metern sind ihre gelben Blüten zwar relativ klein, dennoch produzieren sie eine erstaunliche Menge Nektar, der gerne von Hummeln und Bienen genommen wird und diesen ein willkommenes Geschenk ist, das die Aufzucht kräftiger und gesunder Winterbienen fördert.

Vor dem Anbau steht der Versuch

Doch bevor die durchwachsene Silphie als Alternative zu den bisherigen Biomasseproduzenten in größerem Stil genutzt werden kann, wird es noch eine Weile dauern, denn bisher steht noch kein homogenes Saatgut zur Verfügung, das sicherstellt, dass alle Pflanzen zu gleicher Zeit treiben und somit eine gleichmäßige Wuchshöhe erreichen, doch die Pflanzung vorkultivierter Jungpflanzen ist relativ kostenintensiv. Ebenso müssen Unkräuter im ersten Jahr des Anbaus mit einer Maschinenhacke entfernt werden, denn Pflanzenschutzmittel sind für Silphie zur Zeit noch nicht zugelassen. Im zweiten Jahr jedoch beschattet das dichte Blattwerk den Boden dergestalt, dass Unkraut wenig Chancen hat, sich noch breit zumachen. Diese Nachteile macht der Korbblütler jedoch dadurch wett, dass sie, ist sie erst einmal richtig angewachsen, bis zu zehn Jahre geerntet werden kann.

Acht Fußballfelder für die durchwachsene Silphie

Bereits 2010 wurde von RWE eine erste Testfläche mit 12.000 Pflanzen im Tagebau Garzweiler im Rahmen der sogenannten Schaugärten angelegt, die auch Besuchern des Tagebaus zugänglich sind. Die hier geernteten Pflanzen werden bereits jetzt versuchsweise in der 2007 in Betrieb genommenen Biogasanlage in Grevenbroich-Neurath verarbeitet. „Wir sind keine Landwirte und wollen es auch nicht werden“, erläuterte Dr. Hans Bünting, CEO RWE Innogy, „langfristiges Ziel ist es, dass die durchwachsene Silphie im Mix mit anderen Pflanzen von den hier ansässigen Landwirten, die zukünftig auch wieder die bereits rekultivierten Flächen bewirtschaften sollen, angebaut wird.“ Um dieses Ziel jedoch realisieren zu können, müssen sich die Pflanzen erst einmal bewähren. Nachdem die ersten Pflanzen die Anlaufphase gut verkraftet haben, wird das Projekt ausgeweitet: Weitere 160.000 Jungpflanzen werden auf einer Fläche von etwas über 3,5 ha, das entspricht einer Fläche von rund acht Fußballfeldern, angebaut. Gemeinsam mit dem Kölner Büro für Faunistik wird in den nächsten drei Jahren untersucht, wie sich der Pflegeaufwand für die Einwanderer aus Nordamerika, die Erträge und das Biogaspotenzial entwickelt.

Der Mix macht’s

Neben dem Anbau der Silphie zur Energiegewinnung aus Biomasse werden schon die nächsten Schritte angedacht und geplant. In einem nächsten Schritt soll nämlich die Verwertung von Wildkräutern im Feldversuch getestet werden. Neben einer breiten Artenvielfalt, schließlich ist die Palette der Energie- und Rohstoffpflanzen breit und viel größer als das Spektrum der heute vorwiegend angebauten Nahrungs- und Futterpflanzen, sind mit der Nutzung nachwachsender Rohstoffe aber auch noch weitere Umweltvorteile wie zum Beispiel die oftmals weniger (öko-) toxische und häufig weniger energieaufwändige Herstellung.

Ein bisschen wird’s noch dauern

Wie gesagt, bis die durchwachsene Silphie auch von Landwirten in den Anbaukatalog der Energiepflanzen aufgenommen wird, dürfte es noch etwas dauern. Doch bis dahin können sich wenigstens die Bienen schon freuen, denn im Tagebau Garzweiler, da blüht sie nämlich schon und wird bis weit in den September hinein nicht nur für gelbe Blütenpracht, sondern auch für ausreichend Nektar für Bienen, Hummeln und Schwebfliegen bieten.

Das tun wir direkt

Zum Schluss wie immer unser Dank, denn ohne Unterstützung von vielen Seiten hätten wir auch diesen Bericht nicht so veröffentlichen können wie er nun ist. Also: Unser Dank gilt der RWE für folgende Bilder: Die Silphie mit Hummel, die gelben Blüten, die Anordnung der Blätter. Die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe hat uns über ihre Presseseite die beiden Grafiken zur Verfügung gestellt, den Mais hat Andreas Hermsdorf bei www.pixelio.de eingestellt. Die anderen Bilder sind vom Team von Laetitia Vitae aufgenommen worden. Alles klar und keinen vergessen? Na, dann bis zum nächsten Bericht.



Artikel empfehlen: