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Man muss lernen, dass man eine Rolle spielt, aber nicht die Rolle ist


Seit mehr als 25 Jahren engagiert sich der in Bielefeld gebürtige Gehring bereits im Theater. „Angefangen hat es als ich so neun oder zehn Jahre alt war“, erinnert er sich, „gemeinsam mit Klassenkameraden und Freunden haben wir  

Man muss lernen, dass man eine Rolle spielt, aber nicht die Rolle ist

Der Rhein-Erft-Kreis verfügt über ein breites Kunst- und Kulturangebot. Neben vielseitigen Angeboten und Ausstellungen im Bereich der bildenden Kunst bereichern unzählige größere und kleinere Theaterensembles die regionale Kulturszene.

Seit mehr als 25 Jahren engagiert sich der in Bielefeld gebürtige Gehring bereits im Theater. „Angefangen hat es als ich so neun oder zehn Jahre alt war“, erinnert er sich, „gemeinsam mit Klassenkameraden und Freunden haben wir während des Sommerfestes der Karthäuserkirche kleine Sketche aufgeführt und der Beifall und das Lob des Publikums, es waren schließlich nicht nur Eltern oder Großeltern da, das hat unheimlich gut getan.“ Trotz dieser ersten positiven Bühnenerfahrung absolvierte er zunächst eine Lehre als Schriftsetzer und engagierte sich nur in seiner Freizeit in einer Gruppe, die weiland, vor der Erfindung der CD und des Internets, für Blinde Kassetten mit Texten besprach.

Nicht Schauspieler, sondern Lehrer

„Wissen Sie“, erzählt er, „aus einem erlernten Beruf heraus habe ich mich ganz bewusst dafür entschieden, Lehrer zu werden. Wahrscheinlich trifft man eine Berufswahl viel bewusster, wenn man sich aus einem erlernten Beruf heraus für etwas Neues entscheidet als ein Schulabgänger. Und ja, mein Beruf macht mir auch heute noch viel Freude, auch, wenn manches schwerer geworden ist. Und ein bisschen ist man als Lehrer“, er lächelt „schließlich auch ein wie ein Schauspieler. Schließlich muss man sozusagen jeden Tag vor Publikum auftreten.“

Nicht nur Pädagoge, sondern auch Theaterpädagoge

Da Gehring im Anschluss an sein Studium nicht sofort eine Anstellung als Lehrer mit den Fachbereichen Englisch, Sozial- und Literaturwissenschaften fand, entschloss er sich zu einer Zusatzausbildung als Theaterpädagoge. Auf unsere fragenden Blicke hin erläutert er: „Als Theaterpädagoge erlernt man nicht nur Schauspieltechnik, Regie, Methodik und Didaktik. Auch Körpersprache und Körpertheater, Methoden der Rollen- und szenischen Gestaltung, Ausdrucksfähigkeit und den ganz genauen Umgang mit der eigenen Stimme wird im Rahmen der Ausbildung vermittelt.“ Er hält inne, bevor er fortfährt: „Es lag irgendwie nahe, denn hier konnte ich meine beiden Hauptinteressen, nämlich das Theater und meinen Beruf als Lehrer ganz wunderbar miteinander verbinden.“

Jugendarbeit als zentraler Bestandteil

Neben der Leitung der Theater AG am Sankt Michaels Gymnasium in Bad Münstereifel, an dem er auch unterrichtet, engagiert er sich ehrenamtlich seit 2006 für die Jugend-Theatergruppe am Medion in Bergheim. Sowohl klassische wie auch moderne Stücke studiert er hier mit den Jugendlichen ein. „Viele Stücke müssen Sie für die Jugendlichen einfach völlig neu aufarbeiten“, erklärt er. „gerade die Klassiker sind für junge Menschen aus ihrer heutigen Sicht und mit ihren Erfahrungen so nicht mehr umsetzbar. So haben wir gemeinsam eine moderne Version von Wedekinds „Frühlingserwachen“ erarbeitet und für die Bühne umgesetzt.“ Doch die Entscheidung für ein Stück ist nur der Anfang einer anspruchsvollen gemeinsamen Arbeit. Neben den Fragen Wie kann man seinen Ausdruck in Körper, Stimme und Mimik variieren? Wie wirkt man auf andere, wenn man in einer ganz bestimmten Weise spricht oder sich bewegt? Was muss man eigentlich tun, wenn man jemanden spielen soll, der traurig, wütend oder lustig ist? Geht es auch darum den Jugendlichen zu vermitteln wie wichtig Zuverlässigkeit ist. „Natürlich ist jeder herzlich eingeladen, einmal bei den Proben dabei zu sein, um erst einmal zu sehen, ob Theater überhaupt etwas für ihn ist.“ so Gehring, „aber hat man sich dafür entschieden eine Rolle oder eine andere Aufgabe zu übernehmen, dann muss klar sein, dass man dabeibleiben muss. Schließlich können wir nicht einfach eine Besetzung einfach austauschen, dafür haben wir nicht genug Personal.“

Faszination Theater

Was es denn sei, das ihn nach den vielen Jahren immer noch am Theater faszinieren würde, wollen wir von ihm wissen. Er überlegt eine Weile. „Die Theater im Rhein-Erft-Kreis sind ja fast alle sehr kleine Theater. Wir vom Theater FundaMental zum Beispiel sind ein Amateurtheater. Alle Ensemblemitglieder gehen im täglichen Leben ganz anderen Berufen nach und spielen nur in ihrer Freizeit Theater. Entsprechend müssen wir natürlich alles, aber auch wirklich alles selber machen. Das heißt einerseits, dass wir alle sehr viel Engagement aufbringen müssen, aber andererseits haben wir natürlich auch eine Menge Freiheiten. Jeder kann entscheiden, was er machen möchte, welche Rolle er oder sie übernehmen will. In der Regel übernehme ich neben der Regie auch eine eigene Rolle in unseren Aufführungen, es kann aber auch sein, dass ich nicht auf der Bühne stehe, sondern mich um die Technik wie zum Beispiel die Beleuchtung kümmere. Das ist dann auch wieder spannend, weil man die Geschehnisse aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten kann.“

Die Theaterkonferenz

Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Lehrer und seinem Engagement sowohl im Jugend-Theater Medio in Bergheim und im Theater FundaMental in Brühl ist Gehring auch Vorsitzender der Theaterkonferenz Rhein-Erft. „Freie Amateur-Theater sind für die kulturelle Angebotsvielfalt und damit die kulturelle Lebensqualität in einer Region immens wichtig“, erklärt er. „In der Theaterkonferenz haben sich sehr unterschiedliche Amateurtheater zusammengeschlossen, so dass für alle Altersklassen und alle Interessen etwas geboten werden kann. Ziel der Theaterkonferenz ist es, dass wir uns besser kennenlernen, enger zusammenrücken und uns in unserer Arbeit austauschen und unterstützen. Manchmal wechseln Schauspieler zwischen den verschiedenen Ensembles, manchmal unterstützen wir uns mit Requisiten oder was auch immer anfällt, „ er lächelt und fährt fort, „natürlich macht das Arbeit, aber es erleichtert uns allen auch die Arbeit.“

Von guten und schlechten Kritiken

Nicht alle Stücke, die sie auf die Bühne bringen, finden auch Anklang beim Publikum. Wie gehen Sie damit um, wenn ein Stück in der Öffentlichkeit schlecht bewertet wird? „Ach, wissen Sie, damit muss man umgehen können“, antwortet er, „in erster Linie entscheiden ja die einzelnen Theatergruppen, was ihnen gefällt und was sie spielen wollen. Nicht alles gefällt jedem, so ist das im Leben halt.“ Ob es denn auch schon einmal eine Kritik gegeben hätte, die ihn besonders gestört hätte, haken wir noch nach. Er überlegt einen Moment: „Doch“, er nickt und sein Gesicht nimmt empörte Züge an: „Der Satz ‚Die Rolle ist dem Schauspieler auf den Leib geschrieben‘, das ist wie man im Rheinland so salopp zu sagen pflegt, doch völliger Stuss. Kaum ein Autor hat einen speziellen Schauspieler im Blick, wenn er ein Theaterstück schreibt und, mit Verlaub, als zum Beispiel die Klassiker geschrieben wurden, da war noch keiner, aber auch wirklich keiner der heutigen Schauspieler geboren. Also über so Sätze, da könnte ich mich wirklich ärgern.“ Wie er das so sagt, erahnt man über welch‘ ausgeprägtes Minenspiel Gehring verfügt. Eigentlich schade, dass er „nur“ Amateurschauspieler ist.

Die Porträtserie von Axel Gehring entstand im Rahmen einer Aufführung des Theaterstücks „Fisch für vier“ mit freundlicher Genehmigung von Ingo Brückner.



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