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Barbara Schuhrk: „Für mich sind Pflanzen beseelte Lebewesen“


Im nördlichsten Zipfel des Rhein-Erft-Kreises, im Stommelerbusch, hat die Journalistin und Autorin Barbara Schuhrk einen Kräutergarten mit über 900 verschiedenen Pflanzenarten angelegt. Laetitia Vitae hat sich mit darüber unterhalten, was sie dazu bewegt  

Barbara Schuhrk: „Für mich sind Pflanzen beseelte Lebewesen“

Wenn man Barbara Schuhrks Anwesen betritt, wird man zunächst lautstark von ihrem Hund Hugin begrüßt. „Hugin?“ fragen wir, „so wie die Raben von Odin, dem germanischen Gott?“ Sie lächelt und nickt. „Ja, genau so. Die beiden hießen Hugin, der Gedanke, und Monin, die Erinnerung. Aber Hugin erschien mir passender.“ Und statt dass wir über ihren privaten und beruflichen Werdegang sprechen, verstricken wir uns zunächst in eine angeregte Unterhaltung über germanische und keltische Mythologie, eines ihrer Steckenpferde.

Zunächst wollte ich Geschichte und Ethnologie studieren

„Zunächst“, erzählt sie, „wollte ich nach dem Abitur Geschichte und Ethnologie studieren, aber da ich schon während meiner Schulzeit für verschiedene Zeitungen geschrieben habe, lockten mich die Honorare, die ich mit dem Schreiben verdienen konnte und so habe ich mich statt für ein Studium für eine freie Mitarbeit sowohl beim Bastei Lübbe Verlag wie auch anderen Medien entschieden. Später habe ich dann noch ein Volontariat bei einem Fernsehsender drangehängt.“ Was dann folgte war eine steile Karriere. Würde man alle Publikationen, für die Barbara Schuhrk in den Jahren nach ihrem Schulabschluss tätig war, auflisten wollen, so läse sich dies wie das „who-is-who“ der deutschen Medienlandschaft. Vom Express über die Westfälische Rundschau, vom Kölner Stadtanzeiger bis zur BZ, von Frau im Spiegel bis Für Sie, vom Stern bis zu MAX. Kaum eine Zeitung oder Zeitschrift für die sie nicht geschrieben hat. Dazu kamen Veröffentlichungen für diverse Verlage wie Burda, Gruner + Jahr oder den Axel-Springer-Verlag.

"Vermissen tu ich nichts, aber Spaß gemacht hat es schon"

„Jahre meines Lebens“, so erzählt die 1972 in Hannover geborene Journalistin, bestand meine Arbeitskleidung aus Kostümen, Anzügen, Galaroben und High Heels. Das möchte man fast nicht glauben, wie sie so vor uns sitzt mit Jeans, Wanderschuhen und Schlabberpullover. Ob sie das nicht alles sehr vermissen würde wollen wir wissen. „Nein“, sagt sie und schüttelt energisch den Kopf, „nein, es war eine wunderbare Zeit mit viel Abwechslung, Aufregung, Arbeit und jeder Menge Spaß. Missen möchte ich diese Zeit meines Lebens auch nicht, aber wenn Sie mit „vermissen“ nachtrauern meinen, nein, das tue ich nicht.“ Und natürlich hat sie in dieser Zeit die gesamte Riege teils der deutschen, teils der internationalen Prominenz kennengelernt. Sei es Marius Müller-Westernhagen, Wolfgang Petri, Hannes Jaenicke, Dieter Pfaff, Günther Jauch, aber Jennifer Rush und Gabriella Sabatini um nur einige zu nennen. „Eine besonders nette Erinnerung verbindet mich mit Gildo Horn“, erzählt sie, „wir waren zum Interview verabredet und er schenkte mir eine rote Rose, die ich mangels einer Vase in ein Bierglas steckte. Eine Zeit später titelte dann eine deutsche Zeitung, dass Gildo Horn eine neue Freundin habe … so kann’s auch gehen.“

Große Liebe Afrika

Warum sie das alles aufgegeben hätte, um sozusagen in das Hintertupfingen des Rhein-Erft-Kreises zu ziehen, wollen wir wissen, doch zunächst einmal möchte sie das „Hintertupfingen“ nicht gelten lassen. „Zum einen wohnte ich ja seit meinem elften Jahr Lebensjahr sowie in Pulheim, da ist es nicht so abseitig in den Stommelerbusch zu ziehen. Und sagen Sie“, fragt sie zurück, „wohnen Sie denn nicht selbst hier?“ Ja, geben wir zu, und wir wohnen hier nicht nur, wir leben sogar ausgesprochen gern hier und fühlen uns sozusagen sauwohl.

„Angefangen hat es mit Afrika“, beginnt sie und erklärt uns auf unsere fragenden Blicke hin, „Afrika hat mich schon immer fasziniert. Freunde von mir haben dann eine Motoradreise quer von West- nach Ostafrika unternommen und mich im Nachgang gebeten, ihnen bei der Zusammenstellung der Fotos für ein Buch behilflich zu sein. Die gemeinsame Arbeit an dem Projekt hat mich völlig infiziert und im Rhamen unserer gemeinsamen Arbeit fiel mir ein Bild von einer alten Frau in die Hände und dieses Bild hat mich zutiefst berührt, denn diese Frau strahlte nicht nur eine ungeheure Schönheit, sondern auch Güte und Weisheit aus. Ich habe dann recherchiert und bin so auf die Kapverdischen Inseln im Nordwesten von Afrika gestoßen, wo mich in der Folge etliche Reisen hingeführt haben. Gerne wäre ich für immer dort hingezogen, aber die Scheidung von meinem damaligen Mann und unsere Sorgerechtsvereinbarung für unseren gemeinsamen Sohn haben mich von diesem Schritt abgehalten.“ Dennoch ist ihr die Liebe zu Land und Leuten geblieben und ihre Internetseite www.reisefuehrer-caboverde.de ist eine Liebeserklärung der besonderen Art. „Vielleicht ist es für Außenstehende schwer zu verstehen“, fährt sie fort, „aber die krassen Gegensätze zwischen der Armut in diesem Teil der Welt und dem ungeheuren Überfluss, in dem wir hier in Westeuropa zu großen Teilen leben, hat mich sehr nachdenklich gestimmt und ich habe angefangen mich und meine Welt zu hinterfragen. Wie gesagt, mein Beruf hat mir über viele Jahre sehr viel Spaß gemacht und ich durfte in dieser Zeit eine Menge interessanter und netter Menschen kennenlernen, aber irgendwann war für mich der Zeitpunkt gekommen an dem ich umdenken und etwas Neues beginnen wollte.“

"All diese Bäume haben mich neugierig gemacht"

Einige Jahre später folgte sie ihrer Liebe in den Taunus. „Umgeben von so viel Wald blieb es gar nicht aus, sich einfach für die Umgebung und somit für Bäume zu interessieren“, lacht sie. „Ich wollte einfach genauer wissen, was für Bäume es sind, die die Wälder bilden.“ Also löcherte sie einen Baumsachverständigen, ihr mehr über die verschiedenen Bäume und Gewächse im Wald beizubringen. So mitten im November, wo alle Laubbäume bereits kahl waren, war das nicht so einfach, aber ich konnte und wollte einfach nicht bis zum nächsten Frühjahr abwarten.“ Von den Bäumen war es dann kein großer Schritt mehr zu all‘ den anderen Pflanzen, Blumen und schließlich zu den Kräutern, ihrer Geschichte und Mythologie. „Je mehr ich mich mit den verschiedenen Pflanzen beschäftigt habe und je mehr ich in dieser Zeit gelernt habe, desto mehr wurde mir klar, dass es wichtig ist, dass wir, genau wie alle Pflanzen, zu unseren Wurzeln finden müssen.“

"Ich wollte mich auskennen"

Um sich eine sichere Wissensbasis zu verschaffen, absolvierte Barbara Henrike Schuhrk zunächst eine Phytotherapie-Ausbildung bei Dr. Katharina Vogelsang in Gießen sowie zahlreiche Weiterbildungen und auch eine Ausbildung zur Heilpraktikerin, um die Berechtigung zur Beratung und zum Verkauf von Heilpflanzen und Heilmitteln auf pflanzlicher Basis zu erwerben. „Für mich ist es wichtig, dass ich genau weiß was ich sage und was ich tun darf. Dabei geht es mir nicht nur um die Einhaltung gesetzlicher Richtlinien. Ein bisschen ist es wie im Journalismus, man sollte nur über Dinge reden oder schreiben, von denen man wirklich Bescheid weiß. Alles Weitere würde für mich in den Bereich der Scharlatanerie fallen.“ Ein gutes Stichwort wie wir finden und wir haken nach und wollen wissen, was sie denn von Esoterik hielte. Sie zieht die Stirn in Falten und überlegt einen Augenblick: „Also Feen und Zwerge gibt es meinem Garten nicht, zumindest habe ich sie noch nicht gesehen, aber was das alte Wissen der Kelten und Germanen angeht, nun, ich denke schon, dass manches davon durchaus in Betracht zu ziehen ist. So galt zum Beispiel der Holunder schon den Kelten als heilig. Sie glaubten, dass Frau Holle, den meisten aus dem Märchen der Gebrüder Grimm bekannt, im keltischen Glauben aber Hel, die Göttin der Unterwelt, im Holunder wohnen würde. Nun, betrachtet man nun die vielfältigen Möglichkeiten den Holunder für heilkundliche Zwecke zu nutzen, so muss man sich über diese Form des Glaubens nicht mehr wundern oder?“

Über 900 verschiedene Pflanzenarten nennt sie ihr Eigen

Schon bald war ihr das reine Wissen um Bäume und Pflanzen nicht mehr genug. „Ich will tun, was ich weiß oder kann“, lacht sie. Wissen will umgesetzt sein. Also machte sie sich auf die Suche nach einem Objekt, wo sie ihren Traum realisieren konnte. „Als ich das Grundstück im Stommelerbusch gesehen habe, wusste ich sofort: Das ist es!“ erinnert sie sich. Doch zwischen Traum und Wirklichkeit lag lange und harte Arbeit. Gut drei Jahre brauchte sie, um ein Areal von rund 700 Quadratmetern von einer Ackerfläche in einen Kräutergarten mit einer ungeahnten Vielzahl von Pflanzen umzuwandeln. „In meinen Kräutergarten beherberge ich über 900 verschiedene Arten von Pflanzen. Neben historischen und magischen Pflanzen finden Sie hier auch fast vergessene Gemüsesorten, Räucher- und Färberpflanzen, exotische Pflanzen der traditionellen chinesischen Medizin ebenso wie die der japanischen Phytotherapie oder indianischen Ursprungs.“

Vergessenes Wissen wieder greifbar machen

Gerne würden wir mehr von ihrem Garten sehen, denn eine solche Pflanzenvielfalt ist auch weit über die Grenzen des Rheinlandes hinaus nahezu einzigartig. Aber noch ist es recht früh im Jahr und das Wetter ist während unserer Besuches auch gegen uns – in Böen klatscht der Regen gegen die Fenster. So bleiben wir drinnen, wärmen uns die Hände an einem Becher Kräutertee und fragen nach, was ihr Garten für sie bedeutet. „Alruna wurde gegründet, um vergessenes Heilwissen wieder greifbarer zu machen, Natur-Heil-Kunde zu vermitteln und traditionelle Medizin - unter anderem - im Kontext mit rationaler Phytotherapie darzustellen.“ erklärt sie uns und fährt fort: „Der Name stammt übrigens von den germanischen Seherinnen. Laut Tacitus wurden diese Alruna – die alles Wissenden – genannt. Später wurden aus ihnen dann die Kräuterfrauen und Hebammen. Viel Wissen ist im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen und mein Anliegen ist es, einen Teil dieses Wissens wieder präsent zu machen. Deshalb besteht ein großer Teil der Arbeit von Alruna nicht nur im Bewahren alter Pflanzenschätze, sondern auch in Seminaren, in denen dieses halbvergessene Wissen wieder neu belebt wird. Hier arbeite ich eng mit Experten wie dem Ethnologen Dr. Wolf-Dieter Storl und Dr. Christian Rätsch, Rainer Teschner oder Rudi Beiser, der im Badischen eine Manufaktur für hochwertige Kräutertees betreibt, zusammen.“ Hier in ihrem Patio, in dem die Seminare stattfinden, treffen sich dann Menschen aller Alters-, Gesellschafts- und Bildungsschichten erzählt sie. „Es ist ganz erstaunlich. Die Rückbesinnung auf die guten, alten Werte ist keinesfalls nur etwas für überzeugte Ökos.“

So ganz kann sie vom Schreiben nicht lassen

Und sonst? wollen wir wissen. Ob ihr denn noch Freizeit bliebe und wie sie diese verbringe. „Freizeit?“, sie winkt ab. „Freizeit im Sinne eines klassischen Arbeitnehmers, der zwischen seiner Arbeits- und seiner Freizeit unterscheidet, kenne ich natürlich nicht. Aber wenn Sie meinen, was ich tue, wenn ich nicht gerade im Kräutergarten arbeite oder Seminare organisiere und durchführe. Ach, dann sitze ich doch wieder am PC und schreibe. Sie wissen ja selber wie das ist. So ganz kann man vom Geschichtenerzählen einfach nicht lassen.“ Nachdem Sie bereits mehrere Krimis und auch Gedichtbände veröffentlicht hat, ist ihr neues Projekt ein Roman, in dem, wie könnte es anders sein, die Bäume das Regiment übernehmen.“ Ob es denn ein gutes Ende nehmen wird mit dem Krieg der Bäume gegen die Menschheit, fragen wir nach. Sie grinst: „Das will ich doch hoffen. Die Geschichte soll ja auch nur ein Sinnbild dafür sein, dass wir unser Verhältnis zur Natur einmal überdenken sollten. Viele Menschen denken, dass sich Pflanzen nicht wehren können. Aber überlegen Sie mal. Schon eine Brennnessel ist ein ziemlich wehrhaftes Geschöpf oder Rosen, die können mit ihren Dornen auch schon ganz schön wehtun. Da haben wir von richtig giftigen Gewächsen noch gar nicht geredet. Jedes Blatt im Wind hat sein ganz eigenes Geräusch. Jedes Gewächs klingt anders. Im Sturm sprechen die Bäume vom Bruch und doch wissen sie, ihm entgegenzutreten. Doch, ich bin der festen Überzeugung, dass auch Pflanzen eine Seele haben.“

Wir könnten uns noch stundenlang unterhalten, aber unterdessen hat der Regen aufgehört. Barbara Schuhrk zieht es in ihren Garten und wir, wir haben leider unser Zeitbudget auch schon überzogen. Aber eines ist sicher: Fortsetzung folgt, denn im Fortgehen winkt sie noch einmal und zeigt auf die Scheune am Rand des Feldweges: „Da will ich noch einen Laden eröffnen. Mit Tees und Salben, Seifen und allen möglichen anderen Dingen rund ums Kraut.“ Na denn, Frau Schuhrk, wir sind gespannt und werden gerne wieder über Sie berichten.



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