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Ein Leben am Strand wäre keine Option


„Als ich vor rund 14 Jahren das erste Mal nach Kambodscha kam“, erzählt Bullmann, „war das Land noch stark vom verheerenden Bürgerkrieg gezeichnet. Rund 15 Millionen Landminen machten jeden noch so kleinen Gang, sei es um Wasser zu holen oder auf den Feld  

Ein Leben am Strand wäre keine Option

Wie so oft im Leben hat auch Kommissar Zufall seine Hand im Spiel, dass wir Dieter Bullmann kennengelernt haben. Dr. Bernd Müller, Orthopäde aus Pulheim, hatte uns im Rahmen unseres Gesprächs von Bullmann und seinem Hilfsprojekt „Childrens Hope in Cambodia“ erzählt.

Und obwohl er den überwiegenden Teil des Jahres in Kambodscha lebt, ist er gleich bereit sich, trotz des engen Terminplans während seines Aufenthalts in Deutschland mit uns zu treffen und uns von seinen zwei Leben zu erzählen. An einem immer noch bitterkalten Tag im April ist es dann soweit. Während wir hier bei Temperaturen, die gerade mal bei ungefähr 4° Grad liegen, noch bibbern und frieren kommt Bullmann aus einer Region mit rund 30° / 40° Grad. „Da muss man schon über ein stabiles Herz-Kreislaufsystem verfügen, um diese Temperaturschwankungen gut zu verkraften“, meint er. Im Wohnzimmer, in das er uns führt, stapeln sich bereits Kisten und Kartons, die auf ihren Weg nach Südostasien warten. „Alles Spenden, die in Kambodscha hoch willkommen sind“, erklärt er, „Brillen zum Beispiel. Bei uns werden sie oft weggeschmissen, weil sich die Sehstärke verändert hat oder das Gestell nicht mehr gefällt. Es wird nicht lange dauern, bis ich für jede Brille einen glücklichen Abnehmer gefunden haben werde.“

Auf seine Frage, was wir denn gern einmal trinken würden, wünschen wir uns etwas typisch kambodschanisches, denn bisher haben uns unsere Reisen noch nicht über die Grenzen Europas getrieben und das ist ja Sinn und Zweck unseres Besuchs: Etwas Neues kennenzulernen und zu erleben, aber er muss uns enttäuschen. Kaffee wird viel und oft getrunken, der sei aber so stark, dass er für unseren Geschmack nahezu ungenießbar sei und ansonsten natürlich viel Säfte und Limonade. Also belassen wir es bei einem traditionellen deutschen Kaffee und fangen an, ihn über sein Leben auszufragen, schließlich tut nicht jeder von uns im Leben den großen Schritt und fängt quasi am „anderen Ende der Welt“ noch einmal neu an.

Aber ein ganz so großer Schritt ist es dann wohl nicht gewesen, denn in seiner Zeit als Unternehmer bereiste Bullmann oft nicht nur Indien, sondern den gesamten asiatischen Kontinent, um dort neue Produktionsstätten zu finden und lernte auf diesem Weg Land und Leute gut kennen. „Von allen Ländern, die ich im Rahmen meiner Reisen kennengelernt habe, war mit Kambodscha eines der liebsten.“ Dabei kennt er nicht nur Asien. Gemeinsam mit seinem verstorbenen Freund hat er im Laufe seines Lebens große Teile der Welt erkundet, meist Regionen, in die sich vor ihnen noch kein Europäer verirrt hatte, machte Extremtouren durch den Jemen, Zentralafrika und das Amazonasgebiet.

Natürlich haben wir schon von Kambodscha gehört und gelesen, erinnern, wenn gleich nur dunkel und vage an das Terrorregime der Roten Khmer und haben schon Dokumentarfilme über die Tempelruinen von Angkor Wat gesehen und vielleicht gerade deshalb möchten wir mehr über das Land zwischen Thailand, Laos und Vietnam zu erfahren. „Als ich vor rund 14 Jahren das erste Mal nach Kambodscha kam“, erzählt Bullmann, „war das Land noch stark vom verheerenden Bürgerkrieg gezeichnet. Rund 15 Millionen Landminen machten jeden noch so kleinen Gang, sei es um Wasser zu holen oder auf den Feldern zu arbeiten, zu einem lebensgefährlichen Unterfangen; die Zahl der verstümmelten und von Minen getöteten Menschen war unvorstellbar und noch heute leiden die Menschen unter diesen Folgen. Trotzdem, der Menschenschlag hier ist etwas Besonderes. Anders als viele andere asiatische Völker wie zum Beispiel die Vietnamesen zeichnen die Kambodschaner, genauer gesagt die Khmer, die rund 85 bis 90% der Bevölkerung ausmachen, nicht durch übermäßigen Fleiß aus, aber trotz aller Schwierigkeiten sind diese Menschen eigentlich immer gut gelaunt, freundlich und sehr dankbar, selbst für Kleinigkeiten, die wir Europäer vielleicht schon als normal betrachten würden.“ Er hält einen Moment inne und überlegt bevor er fortfährt: „Wahrscheinlich war es das, was mich am Ende dazu bewegt mein weiteres Leben hier zu verbringen und im Kleinen zu versuchen etwas für und mit den Menschen zu erreichen.“

Hier stirbt keiner auf der Straße

Oft genug, erzählt er, sei er gefragt worden, warum er sich den ausgerechnet in Kambodscha engagieren würde, schließlich gäbe es in Deutschland auch genug Not und Elend. „Aber“, sagt er, „hier stirbt keiner auf der Straße. Natürlich gibt es auch in Deutschland Armut, sicher, aber die Armut hier ist nicht mit der in Südostasien vergleichbar. Dort sterben Menschen noch immer an simplen Infektionskrankheiten oder gar an Hunger.“ Also entschloss Bullmann sich am Ende seines aktiven Berufslebens auf die Indochinesische Halbinsel zurückzukehren, um dort im Rahmen einer kleinen Hilfsorganisation konkrete Hilfe vor Ort zu leisten. „Hier in Kambodscha“, erzählt er, „hat zwar jedes Kind das Recht auf einen neunjährigen Schulbesuch, aber die Praxis sieht oft anders aus. In Sum Make-(Kandal), einem Dorf an der Road Nr.6, ca.45 km von Phnom Penh entfernt, leben rund 400 Familien, davon knapp die Hälfte unterhalb der kambodschanischen Armutsgrenze. Entsprechend haben hier viele Kinder keine Chance auf eine gute und fundierte Schulausbildung und Weiterbildung im Anschluss an die Schulzeit, da schon die Kleinsten mit einfachster Arbeit Geld für den Familienhaushalt verdienen oder bei der Feld- und Landarbeit gebraucht werden.“ Hier engagiert sich Bullmann, indem er Patenschaften aus Deutschland vermittelt. Eine Patenschaft zu übernehmen bedeutet, dass die jeweiligen Paten einen monatlichen Fixbetrag, in der Regel rund 20 Euro für den Unterhalt eines Kindes spenden.“ Im Klartext heißt das: Wenigstens ein Kind aus einer Familie muss nicht für seinen und den Unterhalt der Familie mitarbeiten, kann die Schule besuchen und hat somit Aussicht auf eine bessere Zukunft.“

Dauerhafte Absicherung für die ganze Familie

Jedoch wird das Geld aus der jeweiligen Patenschaft nicht ausschließlich für den Unterhalt des Patenkindes verwendet. Vielmehr versucht „Children‘s Hope in Cambodia e.V.“ durch verschiedene Projekte dauerhaft die wirtschaftliche Situation der gesamten Familie zu verbessern. So erzählt Dieter Bullmann, dass mithilfe von bereits in der Schweinezucht erfahrenen Dorfbewohnern je ein Schwein für die Familie eines Patenkindes angeschafft wurde. „Manche Familien haben mittlerweile schon drei oder gar vier Schweine – eine ungeheure Verbesserung für die jeweiligen Familien, denn der Verkauf eines Schweins sorgt für finanzielle Sicherheit.“ So soll dafür gesorgt werden, dass auch über die Laufzeit einer Patenschaft hinaus die Zukunft der Dorfbewohner gesichert und verbessert wird.

Eine Frage der Würde

Anders als andere NGOs (non goverment organisations) werben Bullmann und seine ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht aktiv für seine Patenschaften. „Natürlich“, so sagt er, „freuen wir uns über jede Spende, denn es fehlt in Kambodscha an so vielem und jeder Euro kann hier nutzbringend investiert werden, andererseits aber möchten wir vor allem Pateneltern, die am Leben ihres Patenkindes auch Anteil nehmen.“ Da wir ihn fragend ansehen, erklärt er uns: „Sehen Sie, die Menschen hier sind für europäische Verhältnisse unvorstellbar arm. Dennoch ist es für sie ungeheuer wichtig, sich für empfangene Gaben, für Geschenke und Zuwendung auf ihre Art und Weise zu bedanken, sich revanchieren zu können. Für uns ist es oft schwer eine Einladung zum Essen anzunehmen, wenn wir wissen, dass die Familie dafür an anderen Tagen nicht genug zu essen haben wir, damit alle satt werden, trotzdem können wir eine solche Einladung nicht ausschlagen, um die Menschen nicht zu beleidigen und ihnen ihre Würde und Ehre zu lassen. Seien wir ehrlich: Niemand ist gern ein reiner Almosenempfänger.“ Entsprechend berichten die Patenkinder gern über ihre schulischen Erfolge und ihre Fortschritte. Fleiß und gute Noten sind ihr Dankeschön für die Unterstützung und mindestens genauso groß ist die Anerkennung der Pateneltern, auch, wenn diese am anderen Ende der Welt leben.

Sein ganzer Stolz: Die englische Schule

Um die Bildungschancen „seiner“ Kinder in Sum Make-(Kandal) weiter zu verbessern, plante Dieter Bullmann ein für kambodschanische Verhältnisse ehrgeiziges Projekt: Eine Schule, in der Schüler zusätzlich zum regulären Unterricht Englisch lernen können. Nachdem eine befreundete Familie im Dorf ein kostenloses Grundstück zur Verfügung gestellt hatte, machten er und seine Helfer sich an die Arbeit entsprechende Gelder aufzutreiben. Nach dem Ende der Regenzeit konnte mit dem Bau des Schulgebäudes im Dezember 2012 begonnen werden. „Eigentlich ist es ja nur eine einfache Konstruktion aus Holz und Bambus“, erläutert Bullmann, „aber ein gemauertes Gebäude wäre für unseren Zweck auch nicht nötig. Wir haben so geplant, dass zuerst einmal 40 Schüler in 2 Klassen unterrichtet werden können. In der ersten Klasse bekommen rund 20 Schulanfänger ohne Englisch-Vorkenntnisse einen Basisunterricht. Das könnte man vielleicht mit dem Unterricht in einer deutschen Grundschule vergleichen. In der zweiten Klasse unterrichten wir dann die Schüler, die bereits ein gewisses Maß an Sprachfähigkeit verfügen und die hier die Gelegenheit haben, ihre Kenntnisse zu verbessern und auszubauen.“

 

Nach rund fünf Wochen war, bis auf ein paar Restarbeiten alles fertig gestellt und schon bald konnte mit den ersten Unterrichtsstunden begonnen werden. Es sei kaum zu glauben, so erzählt Bullmann, mit wieviel Begeisterung die Schüler zum Unterricht kämen. „Oft sind sie schon eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn da und warten auf ihre Schulstunde.“ Stolz führt er uns einen kurzen Film über die ersten englischen Unterrichtsstunden vor und die Begeisterung der Schüler für das neue Angebot ist nicht nur spürbar – es steckt an.

100 Euro für die Zukunft

Rund 300 US Dollar müssen monatlich für den Unterhalt der Schule und die beiden Lehrer aufgebracht werden. Dafür erhalten die mittlerweile 140 Schüler nicht nur von montags bis samstags insgesamt 5 Stunden Unterricht pro Tag, sondern können auch in den drei Monate dauernden Sommerferien das sogenannte „English Camp“ besuchen und ihre Sprachkenntnisse weiter ausbauen. „Sehen Sie“, erzählt er uns, „eines der größten Probleme in Kambodscha ist neben der Armut die Korruption. Nach wie vor verhält es sich so, dass, wer einen Ausbildungsplatz sucht, eine Stelle in der öffentlichen Verwaltung bekleiden will oder ähnliches, die nur über teils unerschwinglich hohe Schmiergeldzahlungen erreichen kann. Aber, was heute so ist, muss nicht unbedingt so bleiben. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Ich bin jedenfalls der festen Überzeugung, dass es sich auf alle Fälle lohnt in die Bildung und die Zukunft der Kinder zu investieren, denn wenn sich die politischen Verhältnisse einmal ändern sollten, ist es gut, wenn sie über eine stabile Basis an Kenntnissen und Bildung verfügen, um für die Zukunft gerüstet zu sein.“

Und was machen hier heute?

Es ist schon fast ein morgendliches Ritual. Kaum ist der Frühstückstisch abgedeckt, fragt ihn seine Lebensgefährtin, CHANTHA--, die gemeinsam mit ihm den kambodschanischen Part von Children’s hope in Cambodia“ leitet „und was machen wir heute?“ Ein Leben ohne Arbeit, ohne ein festes Aufgabengebiet und eine sinnvolle Tätigkeit käme für beide nicht in Frage. Er lacht: „Arbeit gibt es genug, das ist nicht unser Problem. Eher wohl schon, wie wir sie bewältigen können, denn außer zwei weiteren ehrenamtlichen Mitglieder in Kambodscha und zwei weiteren in Deutschland, gibt es ja kein weiteres Personal.“ Also will jeder Tag gut geplant und überlegt sein: Sei es, dass man den Kontakt zu den Dorfbewohnern hält, wenn es Not tut Lebensmittel oder andere Hilfsgüter, die dort nicht verfügbar sind aus Phnom Penh transportiert, ein krankes Kind in die Klinik der Hauptstadt fährt oder am Ende die alle drei monatlich fälligen Berichte für das kambodschanische Innenministerium zusammenstellt. „Eigentlich geht es uns so, wie allen berufstätigen Menschen“, lacht Bullmann, „wir haben unser tägliches Schaffen und unsere freie Zeit ist eigentlich begrenzt.“ Wenn, dann fährt er gerne ans Meer, um dort, gerade wenn Temperatur und Luftfeuchtigkeit  im Landesinneren für Europäer schwer ertragbar werden, gerne ans Meer, um sich dort eine kleine Auszeit zu gönnen, „aber“, so meint er, „ein Leben am Strand und für den Rest meines Lebens, wäre keine Option für mich. Ich glaube, ich würde mich sehr schnell zu Tode langweilen.“

Wie denn seine Wünsche für die Zukunft aussehen würden, wollen wir gerne zum Abschluss unseres Gespräches noch von ihm wissen. „Noch eine Weile gesund bleiben, um noch etwas zu schaffen, wäre schön“, meint er „und noch sehen, wie „meine“ Kinder groß werden und erleben dürfen, dass sie es in Zukunft vielleicht leichter haben werden als ihre Eltern – das wäre schön.“

Noch während wir die letzten Schlucke unseres mittlerweile schon kalt gewordenen Kaffees nehmen, klingelt das Telefon und Bullmann trifft weitere Verabredungen für seine Zeit in Deutschland, will sich mit Pateneltern treffen, um dort von ihren Schützlingen zu berichten, von verschiedenen Spendern noch hochwillkommene Sachspenden wie Brillen und andere Hilfsgüter abholen, die dann noch verpackt und nach Südostasien verschickt werden müssen und vieles mehr. Also überlassen wir ihn seiner Arbeit. Wer noch mehr über Children’s hope in Cambodia e.V. erfahren möchte, ist herzlich gern eingeladen sich auf der Website des Vereins umzuschauen.





Children's Hope in Cambodia NGO entstand aus der Idee heraus, für hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche und deren Familien da zu sein. Seit der Gründung unterstützt der gemeinützige Verein Kinder in Kambodscha bei Ihrer Ausbildung.



Children's Hope in Cambodia NGO erreichen Sie wie folgt:
Dieter Bullmann
Gartenweg 34
50859 Köln
www.childrenshope.info

Bilder mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung von Dieter Bullmann



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