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In jedem Ende steckt ein neuer Anfang


Gut ein Jahr ist es nun her, dass Werner Stump von seinem Amt als Landrat zurückgetreten ist. Nun also, zwölf Monate danach, verabreden wir uns mit ihm zum Gespräch, denn uns interessiert, wie sich ein Leben „ohne“ anfühlen mag.  

In jedem Ende steckt ein neuer Anfang

Gut ein Jahr ist es nun her, dass Werner Stump von seinem Amt als Landrat zurückgetreten ist. Nun also, zwölf Monate danach, verabreden wir uns mit ihm zum Gespräch, denn uns interessiert, wie sich ein Leben „ohne“ nach vielen Jahren Amtszeit, Verpflichtungen und Verantwortung aber auch einer gewissen „Macht“ anfühlen mag.

„Wie es mir geht, möchten Sie wissen?“ fragt er zurück und lächelt, „gut, entschleunigt und ohne Druck.“ Und er fährt fort: „Als Politiker steht man natürlich beständig unter Beobachtung. Alles, was Sie tun oder eben nicht tun, wird kommentiert, beurteilt. Entsprechend ist der Druck viel größer als wenn man ganz gleich welche Tätigkeit nicht im Blickpunkt ausübt.“

Alles eine Frage der Vorbereitung

„Natürlich“, gibt er zu, „ist die Umstellung groß. Gestern noch beladen mit einer Fülle von Verpflichtungen und am nächsten Tag sozusagen „arbeitsloser“ Privatier …“ er hält einen Moment inne bevor er fort fährt“, sehen Sie, ich habe meine Entscheidung, meine Amtszeit um ein Jahr zu verkürzen, ja nicht spontan getroffen, sondern mir im Vorfeld genau überlegt, was ich noch erreichen will und kann oder ob ich nicht, auch in Bezug auf mein Lebensalter, lieber doch an anderer Stelle tätig sein möchte.“ „Es hieß“, so werfen wir ein, „in der Öffentlichkeit das ein und andere Mal, dass auch gesundheitliche Gründe Sie zum Rücktritt bewegt hätten. Haben Sie also zusagen die Notbremse gezogen?“ Er winkt ab: „Es stimmt schon und andererseits eben doch nicht. Entscheidend für mich war die Frage: Noch bist Du gesund und leistungsfähig und das wollte ich auch bleiben, so einfach. Und dann blieb mir ja auch noch nachdem ich meinen Rücktritt öffentlich verkündet hatte, ein gutes halbes Jahr, um mich in Ruhe aus meinen diversen Ämtern und Verpflichtungen zu verabschieden und mich auf Neues vorzubereiten.“ Jetzt, ein Jahr später, ohne Sekretariat, ohne Dienstwagen, aber auch ohne Druck und die ständige öffentliche Verantwortung, sei er wie er es ausdrückt „wieder auf dem Fundament bürgerlichen Lebens angekommen“.

Und nun, Herr Stump?

Ähnlich wie für Dieter Bullmann, mit dem wir uns an anderer Stelle ja bereits ausführlich über sein zweites Leben in Kambodscha unterhalten haben, wäre auch den ehemaligen Landrat ein Leben als Ruheständler keine Option. „Ja sicher“, sagt er, „wenn ich dazu komme, dann spiele ich gern schon einmal eine Partie Golf. Aber das Hinterherlaufen hinter einem kleinen Ball zu meinem einzigen Lebensinhalt und –zweck zu machen, nein.“ Sich ein bisschen mehr Ruhe zu gönnen, sich mehr Zeit nehmen, um ungestörter Reisen zu können, all das mache ihm viel Freude und genieße er, aber dennoch kann und will er es nicht lassen, sich für das ein und andere Projekt, wenn auch auf ehrenamtlicher Basis, weiterhin zu engagieren.

Ende einer „Privataudienz“

Wir plaudern noch ein bisschen über seine Erfahrungen auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostella, aber dann neigt sich unsere „Privataudienz“ dem Ende zu, denn wie – mit Ausnahme des vergangenen – in den Vorjahren hat Werner Stump zum Sommergespräch mit der Presse geladen, in der er regelmäßig einen Ausblick auf laufende Projekte und zukünftige Entwicklungen gibt.

Wenn aus Abenteuern Wirklichkeit wird

Gemeinsam mit den Kollegen sitzen wir auf der Gartenterrasse der Gymnicher Mühle. Schon bald wird hier das große Sommer-Einweihungsfest stattfinden, wenn die Wassererlebnislandschaft Naturpark Gymnicher Mühle der Öffentlichkeit übergeben wird. Stump ist mit Recht stolz auf das Erreichte: „Hinter mir, hinter uns, liegen jetzt 12 schwierige Jahre“, erinnert er sich. „Die Vision, hier einmal so etwas entstehen zu lassen, war damals ja nicht mehr als der Traum in ein paar Köpfen und irgendwie einfach nur ein großes Abenteuer. Jahrelang war ich eigentlich nur als Bettler und Motivator unterwegs, habe hier versucht Fördergelder für das Projekt zu werben, dort Sponsoren zu gewinnen und nebenher noch alle Beteiligten bei der Stange zu halten.“

Teil des Gesamtkonzeptes ist auch der Mühlenverband Rhein-Erft-Rur e.V., dessen ehrenamtlicher Vorsitzender Stump ist. Neben dem bereits Erreichten soll hier auf dem Gelände im alten Backhaus auch die Ausstellung „Vom Korn zum Brot“ ihr Zuhause finden, während in der Lehrbäckerei gleich nebenan Menschen aller Altersklassen sich auf das Abenteuer selbst Brot und Brötchen zu backen, einlassen können.

Dem Alter entsprechend

Schaut man sich im Leben aufmerksam um, braucht man meist nicht lange zu suchen, um Themen und Projekte zu entdecken, die es wert sind, sich für sie zu engagieren. Am erfolgreichsten jedoch dürfte Engagement immer dann sein, wenn es sich mit den eigenen Erfahrungen, Wünschen oder Ansprüchen deckt. „Ich für mein Teil möchte Themen besetzen, die meinem Alter angemessen sind“, so Stump und man merkt ihm an, dass er es genießt, nun frei und ledig aller politischen Sachzwänge, sich seine Themenfelder selbstbestimmt aussuchen zu können.

Auch, wenn das Alter es bisher augenscheinlich gut gemeint hat, nicht jedem ist es vergönnt bis ins (hohe) Alter ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. „Sehen Sie, wo vor 30 oder 40 Jahren Neubaugebiete entstanden sind, altern die Menschen auch gemeinsam, da in diesen Vierteln wenig Bewegung herrscht. Aber was soll werden, wenn ganze Straßenzüge miteinander alt geworden sind und man sich gegenseitig nicht mehr helfen und unterstützen kann?“ Die mobile Demenzberatung ins Lebens gerufen, die regelmäßig die verschiedenen Gemeinden im Rhein-Erft-Kreis anfährt, um vor Ort Beratung und Hilfe anzubieten sei hier ein erster und auch richtiger Schritt findet er, aber noch nicht genug. „Wir müssen die Generationen wieder stärker zusammen bringen, für einander interessieren, die Stärken jeder Altersgruppe im Miteinander sichtbar machen und nutzen“, lautet sein Credo.

Gemeinsam mit der Generationenakademie, die zwar hauptsächlich Bildungsangebote für Menschen 50+ anbietet, sich darüber hinaus jedoch auch als eine Plattform für den Dialog zwischen den Generationen versteht, will er Ideen und Projekte entwickeln, die der demografischen Entwicklung Rechnung tragen. So wäre zum Beispiel eine Ausbildung zum „Quartiermanager“ denkbar, der als erste Anlaufstelle für diverse Fragen rund um Alter, Vorsorge und Betreuung fungieren könnte. „Der Mensch muss in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt werden“, findet Stump. Keiner ist einfach nur ein „Fall“.

Nur nicht stehenbleiben

Kann man über einen ehemaligen Landrat sagen, dass er ins Schwärmen gerät? Ein Visionär, so will es scheinen, ist er wohl auf alle Fälle, denn einmal im Thema wirft er Idee um Idee in die Runde. Nicht umsonst engagiert er sich auch in "Gesundheitsregion KölnBonn e.V." die sich als branchenweites umfassendes Netzwerk von Unternehmen, Einrichtungen und Verbänden des Gesundheitswesens versteht, und sich die Förderung und Vernetzung von Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Versorgung und sonstigen Bereichen im Cluster Medizin und Gesundheit in der Region KölnBonn zum Ziel gesetzt hat, um die Region KölnBonn zu einem national und international beachteten und anerkannten Gesundheitsstandort zu entwickeln und auszubauen.

Unter der Trauerweide

Es bleibt schwierig den Menschen Werner Stump hinter dem „Planer“ und „Macher“ zu entdecken. Möglich, dass ihn die Jahre in der Politik vorsichtig gemacht haben und er nur ungern etwas über seine persönliche Gedanken- und Gefühlswelt preisgibt. Dann aber, als er am Ende der gemeinsamen Gesprächsrunde um ein Foto gebeten wird, blitzt doch etwas vom Menschen Werner Stump auf als er uns zu seinem Lieblingsplatz an der Erft führt. „Nein, nein“, wehrt er ab, „die Trauerweide unter der ich hier gerne sitze, hat nichts mit Trauer zu tun – jedenfalls nicht für mich. Aber schön ist es hier und ruhig.“ Und uns fällt ein, wie er, im Rahmen der Buchpräsentation „Religiöse Orte an Rhein und Erft“ äußerte: „Liest man zum Beispiel auf einem Wegkreuz, das dieses als Erinnerung an einen vom Blitz erschlagenen errichtet wurde und schaut man selbst in den strahlend blauen Himmel, so kann man schon Dankbarkeit darüber empfinden, dass man selbst noch wohlbehalten und vom Schicksal verschont geblieben ist.“

Dann wird es Zeit sich zu verabschieden, denn auch, wenn nicht mehr an ein ganzer Kreis geleitet will, bleibt seine Zeit knapp bemessen. Aber wie haben wir unseren Bericht genannt? „In jedem Ende steckt ein neuer Anfang?“. Dann also sollten wir uns anstecken lassen und was draus machen. Er, Sie, wir und naja, jeder halt … so wie und wo er kann.

Fotos: DWW, Laetitia Vitae



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