×

Wau Wau!



Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

mehr erfahren Sie hier

Ein Intensivkurs in Sachen Gottvertrauen


Blumen in allen Farben, groß, fast übermächtig hängen an den Wänden. Das ist keine Blumenwiese, sondern schon eher ein Wald von Blumen. Diese Technik, ein im Prinzip so kleines Wesen wie eine Blume stark vergrößert zu malen, nennt man, so erklärt sie uns.  

Ein Intensivkurs in Sachen Gottvertrauen

Was für ein Glück, dass sich selbst große Staatsmänner hin und wieder irren. Ja, wir sind zu spät gekommen, nämlich wir haben die Vernissage am vergangenen Sonntag in der Galerie von Schloss Paffendorf verpasst und nein, das Leben hat uns (ausnahmsweise) nicht bestraft, im Gegenteil, es hat uns sogar belohnt, nämlich mit einem exklusiven, ruhigen und ungestörten Gespräch mit Maria Segschneider, die hier bis zum 25. Mai hier ihre Bilder ausstellt.

Offen, spontan, warmherzig

Getreu dem Motto, das wir unserer Tochter mit auf ihren Lebensweg geben: „Wenn Du etwas vermasselt hast, steh dazu und versuche es wieder geradezubiegen“, fassen wir uns also ein Herz, rufen bei ihr an und fragen nach, ob es auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich sei einen Blick auf die ausgestellten Kunstwerke zu werfen, denn schließlich wollen wir nicht allzu lange mit unserer Veröffentlichung werfen. „Wann würde es Ihnen denn passen“, fragt sie ohne Umschweife und auf unsere zögerliche Antwort, wie es denn mit morgen so gegen 10.00 Uhr bestellt sei, hören wir sie quasi am Telefon nicken. „Ich kann das passend machen“, antwortet sie, „ich muss nur abklären, ob uns jemand aufschließen kann. Wenn Sie nichts mehr von mir hören, dann treffen wir uns morgen.“

Nur damit Sie es richtig einordnen können: Wir sprechen nicht von einem x-beliebigen Tag, sondern von Gründonnerstag, wo die meisten Menschen doch alle Hände voll mit den letzten Ostervorbereitungen zu tun haben …

Blumenpracht an allen Wänden

Als wir die Galerie in Schloss Paffendorf betreten, diesmal nicht nur pünktlich, sondern sogar noch zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit, verschlägt es uns die Sprache. Blumen in allen Farben, groß, fast übermächtig hängen an den Wänden. Das ist keine Blumenwiese, sondern schon eher ein Wald von Blumen. Diese Technik, ein im Prinzip so kleines Wesen wie eine Blume stark vergrößert zu malen, nennt man, so erklärt sie uns „Blow up“, aufblasen also. Und tatsächlich: Durch die extreme Vergrößerung ändert sich die Wahrnehmung: Auf einmal sehen wir die winzigen Härchen auf der Kapsel der Mohnblume, nehmen den Tautropfen auf dem Rosenblatt mit einer völlig ungeahnten Schärfe wahr. „Das Leben ist schön“, sagt sie, „nur muss man manchmal vielleicht etwas genauer hinschauen, um es zu sehen.“

Ein Intensivkurs in Gottvertrauen

Da wir es immer als nicht so leicht betrachten, Bilder zu beschreiben, die Gefühle, die sie in uns auslösen in Worte zu fassen, verlagern wir uns zunächst auf konkrete Sachfragen und wollen wissen, wie es denn zu der Ausstellung hier in diesen Räumen gekommen sei. „Oh“, lacht sie, „das ist wirklich eine erzählenswerte Geschichte.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte sie sich um einen Termin beworben, war aber zunächst auf die Räumlichkeiten der RWE in Köln verwiesen worden, da in Bergheim auf absehbare Zeit alles ausgebucht sei. „Aber“, fährt sie fort, „als ich diese ellenlangen Flure sah, wusste ich einfach: Das ist nicht meins, hier kann ich nicht ausstellen.“ Also rief sie Mitte März noch einmal den zuständigen Ansprechpartner bei RWE an, um wegen einem Ausstellungstermin nachzufragen und traute ihren Ohren kaum als sie zur Antwort bekam: „Ja, wenn Sie möchten, dann können Sie gern ab dem 13. April ausstellen.“ „Das waren ungefähr drei Wochen Vorlaufzeit“, erinnert sie sich, „sozusagen ein Intensivkurs in Gottvertrauen, denn eigentlich ist das es nahezu unmöglich in der Kürze der Zeit eine Ausstellung zu organisieren.“ Nun sollte man wissen, dass man in der Regel mit der Planung einer Ausstellung rund ein halbes Jahr vor der Vernissage beginnt … „Irgendwie ging es dann einfach Schlag auf Schlag“, erzählt sie weiter.

„Aus irgendeiner Ecke meines Bewusstsein kam mir der Titel dieser Ausstellung in den Sinn, nämlich FrühlingsFreude – mit zwei großen FF“, strahlt sie. "Also bin ich das „Schlafzimmer der Bilder“ auf gut deutsch in unseren Keller hinabgestiegen und habe die entsprechenden Bilder rausgesucht wie Sie hier jetzt sehen“, und sie zeigt stolz auf ihre Kunstwerke.

Ach ja und den Rest, die Organisation von Musik (Gongkonzert von und mit Martin A.H. Schultze), einen Redner (Alfred Röhrig) und natürlich Getränke und „Häppchen“ für rund 100 Besucher … mit ein bisschen Hilfe hat sie auch das noch in den Griff bekommen.

Versöhnen und vergeben

Zwischen den Blumen, Mohnblumen, Gladiolen, Rosen und Iris hängen auch einige Ansichten des Tagebaus, die zunächst nicht recht zum beherrschenden Thema der Ausstellung zu passen scheinen. „Es sind Erinnerungen an meine Kindheit“, erklärt sie uns. „Meine Eltern hatten ja einen Betrieb für Gerüstbau und RWE war einer der Auftraggeber. Hier hat mein Vater oft die großen Bagger eingerüstet und uns Kinder dann manchmal heimlich im Auto mitgenommen“, sie lächelt bei der Erinnerung und fährt fort. „Mittlerweile glaube ich ja, dass das mit RWE abgesprochen war, aber dieses heimliche Mitkommen war für uns Kinder natürlich wie ein großes Abenteuer und so ein Bagger hat, gerade aus Kinderaugen, natürlich etwas gigantisches und beeindruckendes an sich.“ Dabei hat sie sich als Kind, das mittlere zwischen einem älteren und einem jüngeren Bruder oft unverstanden und ungeliebt gefühlt. „Aber“, meint sie rückblickend, „irgendwann muss man einen Punkt im Leben erreichen, an dem man vergibt und sich versöhnt“, sie hält inne, „allein schon für sich selbst. Wie soll man wirkliche Freude empfinden und geben können, wenn einem immer ein alter Groll auf der Seele liegt.“

Es liegt in jedem Anbeginn …

Dann, nachdem wir uns noch lange über dies und jenes unterhalten haben, machen wir gemeinsam einen Rundgang durch die Ausstellung, lassen uns einzelne Bilder genauer zeigen und erklären, aber, wir können nicht müde werden es zu betonen, Kunst liegt immer im Auge des Betrachters. Was und warum etwas gefällt, liegt wahrscheinlich weniger in der Hand des Künstlers, denn im Auge und der Wahrnehmung des Betrachtenden. Nimmt man sich jedoch die Zeit ihre Bilder genauer zu betrachten und sich nicht von der schieren Größe einer einzelnen Blume blenden zu lassen, öffnet sich der Blick für die Welt hinter der Welt, findet sich das Blühende ebenso wie das Welkende und die neue Knospe harmonisch in einander. „Es liegt in jedem Anbeginn das Ende nicht mehr fern“ dichtete einst Rainer Maria Rilke, aber beim Anblick von Segschneiders Bildern möchte man diesen Satz in all seiner Trostlosigkeit in etwas Hoffnungsvolles umwidmen, nämlich: In jedem Ende schlummert immer auch ein neuer Anfang.

Die Ausstellung „FrühlingsFreude“ mit Bildern von Maria Segschneider
in der Galerie von Schloss Paffendorf ist samstags,
sonn- und feiertags von 10.00 bis 17.00 Uhr geöffnet,
an den Ostertagen von 14.00 – 17.00 Uhr.
Schloss Paffendorf, Burggasse, 50126 Bergheim-Paffendorf

Nimm drei wähl eins

Irgendwann im Rahmen einer jeden Ausstellung stellen wir uns die Gewissensfrage: Wenn wir frei zwischen den Bildern wählen könnten, welches von ihnen würden wir wählen und wie immer fällt uns die Antwort auf diese Frage schwer. „Oft schlage ich Interessenten vor, dass sie zwei oder drei Bilder zur Probe mitnehmen können“, sagt die Künstlerin. „Ich denke, dass man wirklich einige Zeit mit einem Bild leben muss, um abschätzen zu können, ob es wirklich zu einem passt, ob man es auch noch zwei oder drei Wochen gern und mit Freude anschauen mag.“ Ob es ihr wichtig sei, ihre Bilder zu verkaufen fragen wir zurück. „Natürlich“, lacht sie. „Schließlich möchte ich mit meinem Bildern Freude schenken und wünsche mir ein neues Zuhause für sie, in dem sie gemocht und geliebt werden, dass sie dort Freude schenken.“ Und damit die Hemmschwelle nicht zu hoch angesetzt ist, hat sie verschiedene Modelle entwickelt, von der Bildermiete zum Monatspreis bis zur vereinbarten Ratenzahlung ist fast alles möglich.

Und zum Schluss noch ein Blumengedicht

Trotz der frühlingshaften Temperaturen wird es langsam frisch in der Galerie. Wen wundert’s, auch ein Energieriese wie RWE ist eben sparsam und heizt außerhalb der Öffnungszeiten nur auf Sparflamme. Also beschließen wir uns nebenan in der Brasserie noch bei einem Latte Macchiato aufzuwärmen. „Während ich lese, können Sie das hier durchblättern“, schlägt sie uns vor und packt das alte Skizzenbuch ihres Großvaters aus, in dem wir behutsam und andächtig blättern, während sie vorliest: „ … Eine Blume, sie vergleicht ihr Aussehen nicht mit dem anderer Blumen. Ganz gleich, wenn die anderen leuchtender, schöner, größer, duftender sind als sie. Sie gestaltet aus, was in ihr ist. Sie ist ganz sie selbst. […] Eine Blume, sie macht eine Verwandlung durch, sie verändert ihr Aussehen, verliert ihre Schönheit, wird reif, übergibt ihren Samen dem Wind, der Erde. Sie behält nichts zurück. Und weil sie nichts zurück. Und weil sie nichts zurückbehält, blüht sie im nächsten Jahr weiter in Hunderten ihrer Kinder. Diese kommen zum Leben und Blühen, weil vorher jemand sich hergegeben hat, weil jemand anderer ‚gestorben‘ ist für sie.
Welch‘ eine Auferstehung! Welch ein Geheimnis! Eine Blume – Sinnbild der Liebe.“

Fotos: Laetitia Vitae



Artikel empfehlen: