×

Wau Wau!



Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

mehr erfahren Sie hier

Hat sich die Gesellschaft verändert, Dr. Müller?


Während unsere Großelterngeneration wohl kaum wusste, wie sich der BWährend unsere Großelterngeneration wohl kaum wusste, wie sich der Begriff „Burnout“ schreiben dürfte, geschweige denn, dass sie eine Ahnung von dessen Bedeutung gehabt haben dürften, ist  

Hat sich die Gesellschaft verändert, Dr. Müller?

Während unsere Großelterngeneration wohl kaum wusste, wie sich der Begriff „Burnout“ schreiben dürfte, geschweige denn, dass sie eine Ahnung von dessen Bedeutung gehabt haben dürften, ist dieser heutzutage in aller Munde. Krankheit oder das Verständnis von Krankheit, so scheint es, ist ein wichtiger Indikator für Gesellschaft und gesellschaftliche Veränderungen.

Wir haben uns mit Dr. Bernd Müller, der seit 2006 in Pulheim als niedergelassener Orthopäde arbeitet und somit zu den fast 600 Fachärzten im Kreis gehört, unterhalten. „Ganz eindeutig“, so Müller, „haben die muskulären Erkrankungen im Wirbelsäulenbereich in den letzten Jahren stark zugenommen.“ „Rückenschmerzen als Volkskrankheit Nummer 1?“ fragen wir nach. Er nickt und fährt fort, dass ein großer Teil der Leiden wohl auch auf psychisch bedingte Verkrampfungszustände zurückzuführen seien. „Wenn ich meine Kindheit mit der meiner Kinder vergleiche“, erzählt er, „dann hat sich viel verändert.“ Während der in Hannover gebürtige Orthopäde und Sportarzt einen großen Teil seiner Freizeit mit seinem Bruder und Freunden spielend im elterlichen Garten verbracht hat, sind Kinder heutzutage in weitaus größerem Maß mit Verpflichtungen belastet. „Mittlerweile erlebe ich bereits Sechsjährige in meiner Praxis, die über Rückenschmerzen klagen.“ Hier bedarf es eines hohen Maßes an Einfühlungsvermögen, um herauszufinden, wo die Schmerzzustände herkommen.

Ganz anders hingegen erwachsene Patienten. „In der Regel kommen meine Patienten bereits gut unterrichtet in die Sprechstunde“, erzählt er, „meist haben sie sich bereits im Vorfeld informiert, woher ihre Beschwerden kommen könnten und welche möglichen Therapieansätze es gibt.“ Er selber betrachtet diese Entwicklung als positiv, „wir sind nicht mehr die „Halbgötter in Weiß“, heutzutage kommunizieren Arzt und Patient mehr auf Augenhöhe. Ein gut informierter Patient hat in der Regel weniger Ängste und somit auch weniger Aufklärungsbedarf. Allerdings ist auch der Anspruch an mögliche Therapien stark gestiegen, wobei nach wie vor nicht alles von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert wird.“

Der Anspruch steigt

Neben einem erhöhten Anspruch an die medizinische Versorgung sieht Müller auch den gestiegenen Anspruch an die eigene Fitness und Leistungsfähigkeit als einen neuen Trend der letzten Jahre. „Wer zum Beispiel mit 30, 40 und 50 Jahren noch aktiv Tennis gespielt hat, will dies auch mit 60 oder 70 Jahren auf möglichst gleichbleibendem Leistungsniveau tun“, so der Sportmediziner. Auf unsere Frage, ob unsere Gesellschaft gegenüber Leistungsanforderungen und Schmerzzuständen intoleranter geworden ist, überlegt er zunächst, will sich am Ende aber nicht festlegen. Grundsätzlich, so findet er, sei das nicht pauschal zu sagen. Er will nicht ausschließen, dass vorangegangene Generationen sich weniger Gedanken über körperliche Anforderungen, sei es im Haushalt oder am Arbeitsplatz gemacht habe und auch der im Alter schwindenden Leistungsfähigkeit gelassener gegenübergestanden hat, aber festlegen will und kann er sich nicht. Eher glaubt er, dass die Stressbelastung des Einzelnen sich in Relation zu „früher“ verändert habe.

Sport jedoch betrachtet er auf alle Fälle als einen guten Stressausgleich. Jogging zum Beispiel sei eine gute Möglichkeit sich fit zu halten. „Dazu brauchen Sie eigentlich nicht sonderlich viel Zeit. Ein paar gute Laufschuhe und raus, ein paar Runden laufen. Das hilft, um zu entspannen und langsam aber sicher Fitness aufzubauen.“ Falls die Gelenke das nicht uneingeschränkt zulassen, auch moderates Krafttraining hilft sich länger leistungsfähig und gesund zu halten.

Die Stunden hab‘ ich nie gezählt

Er selber, so sagt er, habe nie die Stunden gezählt, die er am Arbeitsplatz verbracht habe. Doch dürfte im Verlauf einer Woche, eines Monats oder Jahre so einiges zusammenkommen, denn der Tag beginnt früh: Bereits ab 7.00 Uhr bietet er in seiner Praxis erste Sprechstunden an. „Viele Patienten kommen lieber früh am Morgen, damit sie nach Möglichkeit schmerzfrei ihren Tag bewältigen können.“ Oft geht es dann bis in die späten Abendstunden, denn neben der praktischen Arbeit in der Praxis will noch die immer umfangreicher werdende Verwaltung bewältigt werden und auch für Fortbildung muss noch Freiraum bleiben. „Hier hat sich in den letzten Jahren viel verändert“, fährt er fort. „Zwar sind auch im Bereich der Prothetik erhebliche Fortschritte gemacht worden, aber eindeutig geht der Trend zu alternativen Behandlungsmethoden wie Akupunktur, Homöopathie oder dem sogenannten kinesiologischem Taping, bei dem nach einem bestimmten Prinzip dehnbare Tapes auf das Muskelgewebe geklebt werden.“

Hilfe für Kambodscha

Wir kommen auf das Thema Burnout zurück und welche Maßnahmen er ergreift, um seiner umfangreichen Arbeitsbelastung standzuhalten. „Wichtig ist“, sagt Müller, „dass man sich immer wieder unbelastete Freiräume schafft.“ Dazu gehören für ihn Freizeiten mit der Familie und gemeinsame Urlaube. Seit einigen Jahren engagieren sich Müller und seine Familie um Kindern in Kambodscha eine Ausbildung zu ermöglichen. „Ein Patient erzählte mir von dem Projekt. Für einen für europäische Verhältnisse geringen monatlichen Betrag kann ein Kind dort nicht nur ernährt und gekleidet werden, sondern auch die Schule besuchen und eine Ausbildung machen“, erzählt er. Im vergangenen Jahr haben er und seine Familie nun ihre Patenkinder besucht, um sie persönlich kennenzulernen. „Die Unterschiede sind gewaltig“, erzählt Müller, „für europäische Maßstäbe lebt man dort in tiefster Armut.“ und fährt fort, „prinzipiell kann man die Lebensumstände hier und dort nicht miteinander vergleichen, aber es macht schon nachdenklich mit wie viel weniger Menschen zurechtkommen müssen, können und trotzdem zufrieden sind.“





Children's Hope in Cambodia NGO entstand aus der Idee heraus, für hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche und deren Familien da zu sein. Seit der Gründung unterstützt der gemeinützige Verein Kinder in Kambodscha bei Ihrer Ausbildung.



Children's Hope in Cambodia NGO erreichen Sie wie folgt:
Dieter Bullmann
Gartenweg 34
50859 Köln
www.childrenshope.info

So und nicht anders

Wir kommen noch einmal auf Deutschland und die gestiegenen Anforderungen zurück. „Würde ich in einer Klinik arbeiten, wäre manches überschaubarer“, räumt Bernd Müller ein. „Im Team zu arbeiten hat durchaus Vorteile, weil man sich untereinander austauschen und im Bedarfsfall auch entlasten kann. Das ist natürlich in einer Praxis mit nur einem Arzt nicht gegeben. Aber ich selber habe es nie anders haben wollen.“ Als Jugendlicher, erinnert er sich, konnte er sich nicht entscheiden: Wirst du Sportlehrer oder doch lieber Arzt? Aus der Entscheidungslosigkeit sind dann, genau genommen, gleich drei Berufe geworden: Denn zunächst schloss er an der Sporthochschule in Köln sein Diplom-Sportstudium ab. „Das hatte den großen Vorteil, dass ich das sich anschließende Medizinstudium zu teilen mit Tennis-Trainerstunden finanzieren konnte.“ Eines nur hätte Müller, der augenscheinlich mit großer Zufriedenheit auf sein bisheriges Leben zurückblickt, gerne auch noch gemacht: „Sportbegleitung wäre noch ein Traum gewesen“, meint er, „aber man kann im Leben nicht alles haben. Auch so ist es oft schon schwierig Beruf und Familie miteinander in Einklang zu bringen; mit der Belastung als Sportbegleiter, der oft die Anwesenheit bis in die späten Abendstunden oder an Wochenenden verlangt, wäre das nicht möglich gewesen und ein Leben ohne Familie und Kinder – für mich unvorstellbar.“

Zum Schluss Hugo

Ein langer Tag neigt sich dem Ende zu. Fast schon plagt uns das schlechte Gewissen, dass wir so viel von seiner Zeit in Anspruch genommen haben. Aber bevor wir gehen, müssen wir doch noch unserer Neugier nachgeben und nach dem stummen und etwas arg schlank geratenen Gesellen fragen, der da so geduldig in der Ecke steht. Müller lacht: „Das ist Hugo. Obwohl ich mittlerweile durch eine Vielzahl grafischer Darstellungen meinen Patienten viel am PC zeigen kann, lassen sie sich vieles lieber am sozusagen lebenden Objekt, nämlich an Hugo zeigen. Oft dekorieren meine Mitarbeiterinnen ihn auch, mal mit einer Zigarette zwischen den Zähnen oder einer Blume in den Rippen.“ Zwar mangelt es Hugo im Nachgang eines Schulausflugs etwas an Standsicherheit, da kann wohl auch ein Orthopäde nicht helfen, aber wohl war, Charme hat er, wie er da so still und ruhig in seiner Ecke steht und (zumindest mich) an längst vergangene Strafen in der Schule (das berüchtigte Eckestehen) erinnert.

Fotos: DWW, Bilder Kambodscha mit freundlicher Unterstützung von Dieter Bullmann, Children's Hope in Cambodia NGO



Artikel empfehlen: