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Am Ende sind es wohl nur Steine …


Wir fragten uns damals wie es wohl sein mag, mit der Lust und Last eines solchen Erbes zu leben und fragten an, ob er bereit sei mit uns ein Gespräch zu führen. Und tatsächlich, der Graf sagte zu. Also fahren wir wieder nach Türnich, nehmen den Weg ...  

Am Ende sind es wohl nur Steine …

Irgendwann gegen Ende des letzten Jahres lernen wir Godehard Graf von uns zu Hoensbroech kennen. Neben einem althergebrachten und wohlklingendem Namen trägt der Graf die schwere Bürde des Familienerbes und ist für den Er- und Unterhalt des Familiensitzes, nämlich von Schloss Türnich verantwortlich.

Damals konnte er erfreut einen Scheck über die statthafte Summe von 20.000,- Euro -, den ihm die Deutsche Stiftung für die Sanierung der Familienkapelle überreichte, entgegennehmen. Wobei, aber das können Sie ja in „350 Jahre Tilgung“ alles noch mal genau nachlesen, auch das nur ein Tropfen auf den heißen beziehungsweise den allzu nassen Stein ist.

Wir fragten uns damals wie es wohl sein mag, mit der Lust und Last eines solchen Erbes zu leben und fragten an, ob er bereit sei mit uns ein Gespräch zu führen. Und tatsächlich, der Graf sagte zu. Also fahren wir wieder nach Türnich, nehmen den Weg durch den Schlosspark und treffen uns zum Gespräch.

Auf Ton gebaut

Seit gut 250 Jahren steht das von Carl-Ludwig von Rolshausen als klassisches Maison de plaisance erbaute Herrenhaus und weit über die Hälfte der Zeit ist es im Familienbesitz der von und zu Hoensbroech. Nur wurde dem Gebäude die Tonblase auf dem es steht im 20. Jahrhundert zum Verhängnis, senkte sich doch der Grundwasserspiegel in Folge des Braunkohlentagebaus ab; der Ton zog sich zusammen, das Gebäude drohte in sich zusammenzufallen und die Familie musste aus den angestammten Räumen in den Südflügel der Vorburg, das sogenannte Renteigebäude umsiedeln. „Mit einem gewissen ästhetischem Gefühl ist ein Umzug eine problematische Sache“, antwortet Graf von und zu Hoensbroech schlicht auf unsere Frage, wie es denn sei, wenn einen quasi das „Schicksal“ aus dem geschichtsträchtigen und seit Generationen von der Familie bewohnten Anwesen treibt.

Es fehlt der Hang zur Hartnäckigkeit

Wir würden der Frage gern noch weiter nachgehen, aber anscheinend sind es ganz andere Fragestellungen als die nach dem persönlichen Wohnumfeld, die den Grafen weitaus mehr beschäftigen und umtreiben und uns, tja es fehlt uns wohl der Hang zur Hartnäckigkeit, also lassen wir uns kurzerhand auf das ein, was ihm so sehr am Herzen liegt. Denn auch, wenn er sich gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Landes NRW und der Stadt Kerpen um den Erhalt und Wiederaufbau sowohl des Herrenhauses wie auch der Kapelle bemüht, liegt ihm mehr noch der Garten, der zum Schloss gehört, am Herzen.

Ein letzter Rückzugsort

Rund 15 ha Wald und Parkflächen umgehen die Hofanlage und sind unter Einbeziehung von älteren Pflanzungen wie den 350 Jahre alten Buchsbäumen als Landschaftspark im goetheschen Sinne – also als harmonische Verbindung von Kunst und Natur angelegt worden. Der Gedanke, der die ersten Landschaftsgärtner umtrieb war, dass der Betrachter in diesen zwar künstlich gestalteten aber eben „natürlich“ anmutenden Gärten Ruhe, Entspannung und inneren Frieden finden sollte, um neue Kraft schöpfen zu können und hier quasi zu „gesunden“.

Ich kann und ich werde

Etwas versonnen schaut er nach draußen, wo sich ein Stück der das Anwesen umschließenden Park- und Naturlandschaft blicken lässt. „Sehen Sie“, meint er dann, „ich bin quasi Zeuge der rasanten Zerstörung der linksrheinischen Landschaft und auch, wenn ich die Gründe durchaus nachvollziehen kann, so kann ich sie trotzdem nicht gutheißen. Es ist ja nicht nur der Tagebau, es ist die immer weiter fortschreitende Zersiedelung ohne ein klares Konzept, so dass zusammenhängende Landschaften kaum noch erhalten sind. Hier jedoch, auf meinem eigenen Land, habe ich die Möglichkeit der Natur wenigstens partiell ein Rückzugsgebiet zu bieten und das werde ich auch weiterhin tun.“

Um das erreichen zu können, hat er bereits Ende der 80er Jahre durch Flächentausch eine zusammenhängende Fläche von rund 37 ha geschaffen, um auf dieser gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten Pieter Schwarze und Berthold Leendertz ein Konzept zu entwickeln, nämlich eine landwirtschaftliche Nutzung unter Berücksichtigung des Naturschutzes. Aus dieser Grundidee hat sich über die Jahre hinweg nicht nur ein nach Demeter-Richtlinien zertifizierter Obstgarten, sondern mit seinen Heckenstreifen und Durchgrünungszonen eben auch ein Lebensraum für viele bedrohte Tierarten und seltene Wildbienenarten entwickeln können.

Am zählt die Verantwortung

Am Ende wollen wir aber doch noch einmal auf den Familienbesitz als Ganzes zurückkommen. „Ich habe lange mit meiner Familie in Japan gelebt“, erzählt er und zögert bevor er fortfährt: „möglicherweise wäre ich auch ganz dort geblieben, aber dann kam es eben anders.“ Wir sind uns nicht sicher, ob da nun Bedauern in seinen Worten mitschwingt oder nicht. Immerhin, nicht nur ein Land, sondern gleich einen ganzen Kulturkreis, in dem man sich augenscheinlich sehr wohl gefühlt hat, wieder zu verlassen, um daheim die Verantwortung für das Familienerbe zu übernehmen ist ja kein unerheblicher Schritt. „Manchmal“, meint er nahezu lakonisch, „wird man nicht gefragt, was man möchte, da wird man aufgefordert Verantwortung zu übernehmen und dann ist es so.“

Ein Glied in der Kette

Wir rechnen ein bisschen nach. Seit gut 165 Jahren befinden sich Schloss und Anwesen nun im Besitz derer von und zu Hoensbroech, das sind ungefähr fünf bis sechs Generationen. Wir sind uns nicht sicher, ob wir es schaffen würden unsere eigene Geschichte und Ahnenreihe über einen so langen Zeitraum zurückverfolgen zu können. „Natürlich“, sagt er, „mit einer so langen Familiengeschichte bekommen Entscheidungen natürlich eine ganz andere Gewichtung. Nicht nur habe ich das Schloss und die Ländereien als Besitz übernommen, sondern eben auch die Aufgabe, beides nach Möglichkeit für die nächste Generation zu erhalten.“

Schlossherr, Rechtsanwalt, Agraringenieur

ja, selbst staatlich geprüfter Kuhmelker (aber das haben nicht von ihm, sondern in der Kölner Stadtrevue gelesen) ist er auch. Und ganz „nebenher“ eben auch noch Bauherr, Denkmalschützer und ein Stück Bausachverständiger. Wir erinnern uns an seine Ausführungen über die diversen Schäden an der Familienkapelle, wie es dazu kommen konnte und wie die Wege sind, um diese zu beseitigen. „Ach, wissen Sie“, sagt er nach einer Weile, „ich will mir nicht anmaßen über eben so viel Sachverstand zu verfügen wie sagen wir ein Architekt oder ein Bauingenieur, aber was bleibt einem schon übrig? Am Ende muss man sich eben auch in andere Sachverhalte hineindenken können. Wer zuhören und nachfragen kann, der lernt eben auch dazu.“

Die nächste Generation

steht gewissermaßen schon nicht mehr am Start, sondern hat bereits den Stab übernommen. Denn statt wie bisher lagert die Lust und Last nicht mehr nur auf den Schultern von Graf Godehard und seiner Frau Marie-Thérèse, sondern wird seit einigen Jahren auch von seinem Sohn Severin und dessen Frau mitgetragen und man merkt ihm an, dass er froh ist, dass auch dieser das gewiss nicht immer leichte Erbe mit Elan und Engagement anzunehmen weiß.



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