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Die Hölle? Ein Ort ohne Musik


Am Anfang steht immer der Klang, der uns berührt. Sicher hat Musik eine Menge mit Geschmack und persönlichen Vorlieben zu tun, aber wenn sie etwas in uns auslöst, wenn sie uns berührt und etwas in uns zum Klingen bringt, dann denke ich, ja, dann ist es sc  

Die Hölle? Ein Ort ohne Musik

Auch wenn wir heutzutage so schön unsere Arbeit oft als „Job“, statt wie alt hergebracht als „Beruf“ bezeichnen; glücklich kann sich der schätzen, der seine Arbeit eben nicht nur ein „Job“ versteht, sondern als etwas, zu dem er sich wirklich berufen fühlt, was ihn erfüllt und glücklich macht, statt nur dem reinen Lebensunterhalt zu dienen.

Wir haben uns mit Stephen Harrap, Komponist, Dirigent und Organist an der Kerpener Stiftskirche über seinen Weg zur Musik unterhalten.

Vom Bauern bis zum Diplomaten

„Mein Großvater mütterlicherseits“, erzählt er im Gespräch mit uns, „war Obst- und Kartoffelbauer und ich habe das Leben während unserer Besuche bei ihm auf dem Land immer sehr genossen.“ Sein Großvater väterlicherseits wiederum war als Diplomat im Dienst der britischen Krone tätig war. „Von daher“, er lächelt, „standen mir alle Möglichkeiten offen – vom Bauern bis zum Diplomaten war sozusagen alles möglich.“ Am Ende hat er sich weder für das eine noch das andere entschieden, sondern ist seinen ganz eigenen Weg gegangen.

Ein Leben mit und für die Musik

Dass Harrap schon früh seine Liebe zur Musik entdeckte, mag an der Prägung im Elternhaus gelegen haben. „Musik war ein ganz zentrales Thema bei uns zu Hause“, erinnert er sich. „Wenn mein Vater nach Hause kam, hörte er meist klassische Musik, um sich zu entspannen. Später nahm der dann auch Klavierunterricht und spielte selber auf dem Flügel.“ Man merkt ihm während seiner Erzählung an, dass er mit großer Dankbarkeit und Respekt an dieses Hinführen zur klassischen Musik zurückdenkt. Und er erzählt weiter, „Er hat mich auch oft mit in Konzerte genommen, Musik, meinte er, muss man nicht nur hören, man muss sie auch erleben und ja, es ist schon etwas anderes, ob man ein Musikstück im Radio oder von einer CD hört oder ein Konzert besucht.“

Mit Schulbeginn stand neben den klassischen Schulfächern wie Lesen, Schreiben, Rechnen auch jeden Tag Musik und zwar viel Musik auf dem Stundenplan. Neben den täglichen Proben als Chorknabe und regelmäßigen Auftritten mit dem Domchor, nahm er zunächst Klavierunterricht, um dann später auch noch Cello und Orgel zu lernen. „Für andere Hobbys blieb keine Zeit“, erinnert er sich, „aber ich tat ja genau das, was mich glücklich machte, also habe ich nichts vermisst.“ Überhaupt bedauert er im Ländervergleich England Deutschland, dass hierzulande vergleichbar weniger Wert auf die musische Ausbildung der Schüler gelegt wird. „Musik, ganz gleich welcher Stilrichtung, ist wichtig. Musik kann uns bewegen, etwas in uns wecken.“ Und er fährt fort: „Ich stelle mir die Hölle als einen Ort vor, an dem es keine Musik gibt.“

Am Anfang war der Klang

Die Liebe zur Musik hat er auch seinen Söhnen Gaston und Laurence vererbt. Zwar hat sich gerade der Ältere eher der modernen, rockigen Musik verschrieben, doch das ist für Harrap, der Zeit seines Lebens der klassischen Musik treu geblieben ist, kein Problem. „Es kommt glaube ich“, überlegt er laut, „weniger auf die Stilrichtung an. Schauen Sie: Qualitativ sehe ich keinen Unterschied zwischen, sagen wir, Don Giovanni und dem Requiem. Am Anfang steht immer der Klang, der uns berührt. Sicher hat Musik eine Menge mit Geschmack und persönlichen Vorlieben zu tun, aber wenn sie etwas in uns auslöst, wenn sie uns berührt und etwas in uns zum Klingen bringt, dann denke ich, ja, dann ist es schon „gute“ Musik.“

Ohne Ausbildung ist alles nichts

Doch auch, wenn man ein gerütteltes Maß an Talent mitbringt, ohne fundierte Ausbildung ist alles nicht oder wie wir im Rheinland so charmant salopp zu sagen pflegen: „Von nix kütt nix“. Entsprechend führte ihn sein beruflicher Werdegang nach dem Studium für  Klavier, Dirigieren und Komposition an der Londoner Guildhall School of Music and Drama ein erstes Mal nach Deutschland, nämlich nach Oldenburg und dann weiter nach Frankfurt, wo er ab 1978 als Assistent bei Michael Gielen, Ralf Weikert und Nikolaus Harnoncourt an der Frankfurter Oper arbeitete. 1982 wechselte Stephen Harrap auf Veranlassung von Weikert nach Salzburg, wo er bis 1985 die Stelle des zweiten Kapellmeisters am Landestheater/Mozarteumorchester innehatte. In dieser Zeit arbeitete er auch mit so bekannten Komponisten wie Karl-Heinz Stockhausen und Luciano Berio zusammen, die er noch heute als seine Mentoren bezeichnet. Aus dieser Zeit rührt auch seine Freundschaft zu Berio, die mit ein Grund für sein sechsjähriges Engagement als Dirigent in Italien war. Doch dann zog es wieder nach Deutschland zurück, diesmal nach Mainz, wo er bis 1995 als stellvertretender Generalmusikdirektor und 1.Kapellmeister am Staatstheater Mainz arbeitete.

„Wenn ich von einer Reise komme und sehe die Stiftskirche, geht mir das Herz auf“

sagte Stephen Harrap in seiner Dankesredesprache anlässlich der Verleihung des Kulturpreises des Rhein-Erft-Kreises im vergangenen Jahr. Wir wollten von ihm wissen, was ihm, der in etlichen Metropolen Europas gearbeitet hat, hier denn so gut gefällt. „Ah“, er lächelt, „sehen Sie: Kerpen ist ein wenig wie Wimbledon. Es ist einerseits ruhig, beschaulich und übersichtlich. Ich finde hier so gut wie alles, was ich im täglichen Leben brauche. Und andererseits liegt Kerpen einfach wunderbar zentral. Man ist sehr schnell in Köln, Düsseldorf und sogar in Lüttich. Aber hier haben meine Familie und ich ein zu Hause gefunden.“ Auch das merkt man, denn auf dem kurzen Gang von Sankt Martin bis zum nahegelegen Eiscafé, in dem wir unser Gespräch führen, grüßt er hier und dort und wird allenthalben in ein kurzes Gespräch verwickelt, er gehört eben einfach dazu.

Hier leben heißt sich engagieren

Wie sehr Harrap im Rhein-Erft-Kreis verwurzelt ist, kann man auch an Teilen seines Werkes ablesen. Nicht nur, dass diverse seiner Kompositionen hier entstanden und uraufgeführt worden sind wie zum Beispiel "Your songs are your planets" (Text: Salman Rushdie), die im Rahmen Literaturtage im März 2002 vom Ensembles Mondial unter seiner Leitung uraufgeführt wurden oder die Premieren der "Lateinischen Hymnen" und "Flüchtig schwillt die Vergangenheit"(Text Antonia Dore) in Schloss Türnich. Als Dank an seine „neue“ Heimat komponierte er den „Rhein-Erft-Kreis-Hymnus“, der anlässlich der Preisverleihung 2012 uraufgeführt wurde und seitdem bei festlichen Anlässen immer wieder erklingt. „Ich wollte mich einfach bedanken, bei dem Land und den Menschen, die aus einem Wohnort ein zu Hause für mich“, sagt er.

Auch uns bleibt nun nichts Anderes übrig: Wir jedoch danken Stephen Harrap, der sich trotz vielfältiger Verpflichtungen und einem vollen Terminkalender viel Zeit für unser Gespräch genommen hat.

Fotos: DWW



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