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Weder „-gier“ noch „-geiz“


Wir können nicht wissen, wer Sie interessiert, von wem Sie glauben, dass Sie von ihr oder ihm mehr erfahren wollen, glauben, unter Umständen etwas lernen zu können. Wir können nur eins: Uns immer wieder mit Menschen unterhalten, von denen wir hoffen oder  

Weder „-gier“ noch „-geiz“

Wie geht es Ihnen, wenn Sie sich mit Jemand unterhalten haben und dann vielleicht zu Hause in der Familie, vielleicht auch Ihren Freunden und Bekannten von Ihrer Begegnung erzählen wollen? Mit welchen Begriffen beschreiben Sie einen Menschen und ist Ihnen schon mal aufgefallen, welche Fallstricke die deutsche Sprache für uns bereit hält?

„Wissensdurstig“ klingt sperrig und „neugierig“ nicht gut. Da steht die „Gier“ drin – das wollen wir nicht haben und wollen wir nicht sein. Und ehrgeizig? Strebsam ist in Ordnung, aber Geiz? Sie sehen also, sprudeln Worte und Begriffe nicht schlicht aus uns heraus, sondern versuchen wir sie mit Bedacht zu wählen, wird die Sache dadurch nicht einfacher.

Und überdies: Welche Eigenschaften oder Fähigkeiten sind es, die Menschen interessant, liebenswert, erfolgreich oder gar berühmt machen? Wer interessiert uns, wer langweilt uns?

Wir können nicht wissen, wer Sie interessiert, von wem Sie glauben, dass Sie von ihr oder ihm mehr erfahren wollen, glauben, unter Umständen etwas lernen zu können. Wir können nur eins: Uns immer wieder mit Menschen unterhalten, von denen wir hoffen oder glauben, dass sie, ihr Leben, ihre Ziele und Träume für Sie vielleicht interessant sein könnten. Wir können nur fragen und versuchen ein Bild zu zeichnen.

Diesmal unterhalten wir uns mit Thomas Tornatzky, Inhaber und Geschäftsführer der adverti-agentur für direktmarketing GmbH, den wir bei der Pulheimer Unternehmerrunde, PUR, kennengelernt haben. 28 Jahre jung und schon seit 12 Jahren sozusagen „im Geschäft“, denn immerhin zog er sein erstes „Unternehmen“, eine Agentur für Nachhilfe, schon während seiner Schulzeit. „Wie kam’s?“, wollen wir von ihm wissen. Er muss nicht lange überlegen: „Sehen Sie“, erzählt er, „meine Eltern haben zwar jederzeit für alle, wie man auf neudeutsch so schön sagt, Basics gesorgt, aber Extras wie das tolle Fahrrad, die coolen Turnschuhe, der Drink am Abend in der Disco mehr, da gab’s die klare Ansage, dass wir für solchen Luxus selber das Geld verdienen müssten. Und weil ich selber Nachhilfe bekam, die aber die Eltern finanziert haben“, er lacht, „habe ich schnell gemerkt, dass sich damit auf angenehme Art gutes Geld verdienen lässt. Also habe ich erst mal selber losgelegt. Nur konnte ich natürlich nicht alle Fächer abdecken. In Mathe war ich gut, das war kein Problem. Als aber dann für andere Fächer wie Deutsch und Englisch nachgefragt wurde, habe ich mir eben Partner gesucht, die das übernommen haben. Und einen Teil, also quasi die Vermittlungsprovision, floss in meine Tasche.“ Nichts wirklich Großes also, aber immerhin schon ein erster Schritt hin zum Unternehmer.

„Schlussendlich“, so sagt er heute über seine ersten Schritte in der Selbstständigkeit, „habe ich schon damals die wesentliche Erfahrung gemacht, dass mir bestimmte Wege Geld zu verdienen mehr Spaß machen als andere. Zum Vergleich: Ich habe in den Abendstunden zwischenzeitlich auch als Barkeeper gearbeitet und damit gleichfalls kein schlechtes Geld verdient. Aber am Ende lief es eben darauf hinaus, immer wieder etwas Neues zu entwickeln. Einen Drink zu mixen und mit entspannten Menschen zu reden macht Spaß, aber ich finde es ungleich spannender unternehmerisches Wissen mit Kreativität zu verknüpfen.“

Ist Ehrgeiz schlimm?

Wir haben uns eingangs ja schon mit dem Gedanken beschäftigt. Im Prinzip ist Ehrgeiz ja eine gute Sache. Die meisten Eltern dürften sich glücklich schätzen, wenn der Nachwuchs eher auf Leistungsbereitschaft denn auf „Null Bock“ steht. Trotzdem hat das Wort in seiner Bedeutung einen eher negativen Beigeschmack. Wir wollten von Thomas Tornatzky wissen, wie er es mit dem Ehrgeiz hält. „Gute Frage“, er hält inne und überlegt einen Moment: „Wahrscheinlich liegt es daran, dass Ehrgeiz oft mit Arroganz verwechselt wird oder das der Ehrgeizige möglicherweise so rüberkommt. Dabei“, wieder zögert er, „geht es doch im Endeffekt darum, was jeder Einzelne für sich will. Tja, und wer mehr will als Basics, wer sich mehr leisten möchte, der muss eben mehr leisten.“ „Und Sie?“ fragen wir, „macht Sie Konsum glücklich?“ „In gewisser Hinsicht natürlich schon. Oder“, so seine Gegenfrage, „macht es Ihnen keinen Spaß, wenn Sie, sagen wir mal, einen tollen Urlaub machen können, sich schön einrichten oder oder oder?“ Was bleibt uns anderes übrig als bestätigend zu nicken. „Und was macht Sie wirklich glücklich?“ haken wir nach. „Mich? Auch wenn es abgedroschen klingen mag: Meine Familie macht mich glücklich, meine Freunde und eine stabile Partnerschaft. Das sind für mich die wesentlichen Voraussetzungen, um auch im Beruf erfolgreich sein können. Und dann möchte ich einfach Spaß haben. Vor allem, an dem was ich tue, an meiner Arbeit. Reisen, Sport, meine Freizeit frei gestalten zu können.“

Antreten um zu siegen?

Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass nicht immer alles glatt und erfolgreich lief. „In unserer Startphase, noch während des Studiums, habe ich mit einem Kumpel zusammen gemeinsam eine Agentur gegründet und wir hatten tatsächlich Erfolg – richtigen Erfolg, bis …“

Der Rest ist schnell erzählt: Auf den Höhenflug kam in Folge der Finanzkrise der Absturz als mehrere Großkunden ihre Etats und Budgets massiv einkürzten oder ganze Aufträge nicht verlängert wurden. „Das war eine harte Zeit“, erinnert er sich, „es war ja nicht nur, dass wir mit dem wirtschaftlichen Einbruch fertig werden mussten. Mitarbeiter, für die man als Unternehmer in letzter Konsequenz ja auch Verantwortung empfindet, konnten nicht weiterbeschäftigt werden und man fragt sich natürlich immer wieder, was man falsch gemacht hat, wo in letzter Konsequenz der Fehler lag.“

„Misserfolg“, überlegen wir und werfen einen neuen Gedanken in die Runde, „am Ende dürfte jeder von uns schon einmal damit konfrontiert worden sein. Aber wie geht man damit um?“ Er lässt sich mit seiner Antwort Zeit und überlegt zunächst: „Am Ende ist ein Misserfolg ein Misserfolg. Da kann man nichts dran drehen oder deuteln“, meint er dann, „aber nach dem ersten Wunden-lecken muss man halt überlegen: Woran hat es gelegen? Trägt man selber die Verantwortung? Hat man sein Konzept im Vorfeld nicht wirklich ausgearbeitet? Natürlich ist das erst einmal ein Dämpfer für das eigene Ego, aber dann muss man sich eben noch einmal hinsetzen und noch einmal bei „Null“ anfangen.“

„Und fällt Ihnen das leicht oder schwer?“ wollen wir wissen. „Das kommt immer ganz darauf an“, meint er schulterzuckend: „Sehen Sie, ich treibe in meiner Freizeit unheimlich gern Sport. Ein Tennis-Match zu verlieren ist ungleich weniger schmerzhaft, als wenn Ihnen beim Kickboxen Ihr Gegner ein blaues Auge verpasst. Als Unternehmer ist es ganz klar: Man tritt an um erfolgreich zu sein, wozu sonst? Aber ansonsten kommt es halt drauf an …“

„Mit rund 28 Jahren“, geben wir zu Bedenken, „sind Sie ja noch ziemlich jung. Sicher, es gibt Menschen, die auch mit 40, 50 oder 60 Jahren nicht wirklich gelebt haben, nicht wirkliche Lebenserfahrung verfügen, aber in der Regel hilft ein gewisses Quantum an Jahren und Erfahrung, um Dinge aufgrund der Erfahrung anders zu gewichten. Wie geht es Ihnen?“ Er braucht nicht lange und antwortet ohne Umschweife: „Mag sein, aber ich denke, am Ende ist es einfach ganz wichtig, Menschen zu haben, die einen auffangen. Die Agentur zum Beispiel führe ich gemeinsam mit meiner Schwester und ich weiß, auf sie kann ich mich zu 100 Prozent verlassen. Und natürlich meine Eltern, überhaupt meine Familie und meine wirklich guten Freunde; nicht die, die da sind, wenn es gut läuft, sondern die, die auch dann noch da sind, wenn es richtig daneben gegangen ist.“

Kein Mensch ist eine Insel

Sozusagen ein „Ableger“ adverti, der Agentur für Direktmarketing, ist das Unternehmernetzwerk „Kölngründet…“, eine Plattform und Netzwerk für junge Gründer und Unternehmer. „Welche Überlegungen haben im Vorfeld eine Rolle gespielt, Herr Tornatzky, und wie wichtig ist es Ihnen, andere auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu begleiten?“ Anscheinend ist die Frage weder neu, noch originell, denn er braucht nicht einen Moment, um die entsprechende Antwort zu formulieren: „Mit unserem ersten Unternehmen haben wir damals mit wenigen großen Kunden viel Erfolg und Umsatz erzielt. Da reicht es aber, wenn sich ein oder zwei Kunden verabschieden und die Umsatzeinbrüche können nahezu katastrophal sein. Also lag der Gedanke, sich breiter aufzustellen, lieber mehr kleinere Kunden zu betreuen und damit das Risiko zu streuen einfach nahe. Klar ist das ein ganz wichtiger Aspekt“, er lächelt, „schließlich will ich ja Geld verdienen, aber das alleine würde mich auch nicht glücklich machen. Und ja, ich will Erfolg, ich will Gewinn, aber ich will auch Spaß an der Arbeit haben. In bestimmter Hinsicht funktionieren Unternehmensnetzwerke wahrscheinlich wie alle Beziehungen zwischen Menschen: Je besser man sich kennt, desto besser kann man den anderen verstehen beziehungsweise mit ihm arbeiten. Also vernetzen sich die Mitglieder von Kölngründet… nicht nur digital, sondern machen auch etwas gemeinsam, sei es ein spannender Vortrag, ein Gründerkickern oder eine Runde Poker. Hier soll es eben nicht nur um das Geschäft gehen, sondern auch um rein persönliche Kontakte.“ „Und das macht Ihnen, unabhängig von unternehmerischen Überlegungen, Spaß?“ „Ja, es freut mich jedes Mal zu sehen, wenn eine Gründung, die ich begleitet habe, Früchte trägt und sich weiter entwickelt. Das zeigt mir nicht nur, dass ich meinen Job gut gemacht habe, sondern, dass ich aktiv anderen helfen konnte. Der Erfolg anderer ist daher auch ein Erfolg für mich.“

Und das macht er dann auch selbst

Spätestens seit Einstein wissen wir, dass Zeit eine relative Größe ist. Und auch, wenn sich uns die Hintergründe seiner Überlegungen bis heute nicht ganz erschlossen haben, merken wir in unseren Gesprächen immer wieder: Für manche Menschen funktioniert ein Tag mit 24 Stunden anders als für andere. Während die einen am Ende eines langen Tages immer noch bang auf die anscheinend nie endende To-Do-Liste blicken, haben die anderen schon wieder drei neue Projekte angepackt.

Tornatzky scheint zu diesen zu gehören, denn neben der Agentur und der Gründerplattform hat er im vergangenen Jahr noch ein weiteres Projekt ins Leben gerufen: Das Schmucklabel „MyCompliments“. „War es Ihnen am Ende langweilig?“ fragen wir nach und er lächelt: „Ein neues Schmucklabel wie „MyCompliments“ aufzubauen ist für mich eine komplett neue Erfahrung und darin liegt auch der Reiz. Wir sind für Verhandlungen nach Asien gefahren und mussten auch erst einmal verstehen wie der Schmuck-Markt funktioniert. Es ist einfach spannend zu sehen mit welchen Ideen man besteht, wie man sich weiterentwickeln und verbessern kann. Am Ende ist es wohl Leidenschaft und die vielen Erlebnisse, die mich immer dazu anspornen Neues anzufangen.“

Und wann ist Schluss?

Irgendwie kommt man ja um das Thema demografischer Faktor und Fachkräftesicherung heutzutage nicht drum rum. Schon gar nicht, wenn man sich mit einem Unternehmer unterhält. Von Thomas Tornatzky wissen wir, sein Credo lautet „mit 50 ist Schluss“. Nun hat er bis dahin ja noch ein paar Jahre vor sich, aber irgendwie können wir uns trotzdem nicht vorstellen, dass er dann sozusagen „Feierabend“ machen will. „Meinen Sie das wirklich ernst, dass Sie sich dann auf ein vorgezogenes Altenteil zurückziehen wollen? Fürchten Sie nicht, dass Sie sich dann langweilen würden?“ wollen wir wissen und er lacht: „Natürlich ist das nur ein running gag, keine Ahnung, ob ich mit 50 oder 60 oder doch erst mit 70 in Rente gehe. Aber sagen wir mal so: Wann immer der Zeitpunkt erreicht ist, an dem ich sage: Jetzt habe ich keine Lust mehr, das Leben hat ja noch eine Menge zu bieten, nur weil man irgendwann mit dem Arbeiten aufhört muss ja noch lange nicht Schluss sein.“ Was es denn ist, was er dann so machen will interessiert uns. „Reisen. Es gibt noch etliche Plätze auf der Welt, die ich nicht kenne und die ich gerne sehen würde. Zeit, um in Ruhe mehr Bücher lesen zu können. Also egal, aber langweilig wird es nicht.“ „Immer noch neugierig?“ Da lacht er noch einmal: „Neu… ja, aber gierig nicht …“

Kölner Dom - Mia Hewitt, www.pixelio.de, alle Weiteren: Thomas Tornatzky



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