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Wau Wau!



Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

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Heute back‘ ich, morgen brau‘ ich, übermorgen …


Es ist Donnerstagmorgen und wir sitzen nicht in der Kneipe, sondern im Haus für Kunst und Geschichte in Kerpen und statt Bier gibt es zur frühen Stunde (noch?) Kaffee.. Trotzdem überkommt es mich fast selig, wenn ich Susanne Harke-Schmidt, der Leiterin de  

Heute back‘ ich, morgen brau‘ ich, übermorgen …

Tja, wenn das so weitergeht, dann wird es wohl irgendwann richtig schwierig werden, noch in die nächste Kneipe zu stiefeln und dort – statt irgendwelche Königskinder zu nappen – gepflegt ein Bierchen zu trinken. Die dunkle Wolke über unseren Gläsern? Nicht die Brauereien, aber die Kneipen, in denen man gepflegt ein Bierchen zischen konnte, sterben einfach aus. Dabei sind wir das gar nicht schuld, sondern das Internet, sagen jedenfalls die Trendforscher.

Von schlechtem Wasser und gutem Bier

Es ist Donnerstagmorgen und wir sitzen nicht in der Kneipe, sondern im Haus für Kunst und Geschichte in Kerpen und statt Bier gibt es zur frühen Stunde (noch?) Kaffee.. Trotzdem überkommt es mich fast selig, wenn ich Susanne Harke-Schmidt, der Leiterin des Kerpener Stadtarchivs zuhöre, wie sie über Bier im Allgemeinen und die Kerpener Bier- und Brauereigeschichte im Besonderen erzählt. „Man muss es ja so sehen“, führt sie aus, „im Mittelalter war es irgendwo zwischen lebensgefährlich und unmöglich Wasser zu trinken, weil die Qualität so miserabel war. Denen blieb gar nichts Anderes übrig als es zu brauen“, und sie fährt schmunzelnd fort, „zwar dürfte der Alkoholgehalt nicht so hoch gewesen sein, aber irgendwie waren sie wohl doch den ganzen Tag und alle miteinander etwas beduselt.“

Während sie so erzählt, sind sie und ihre beiden Kolleginnen noch eifrig mit Auspacken und Umräumen beschäftigt, denn noch steht sie gar nicht, die Ausstellung „Bier-lokal. Zur Geschichte der Brauereien und Gaststätten in der Region Rhein-Erft-Rur.“


Dann trudeln auch die Kollegen ein und zusammen mit den Gastronomen, bei denen es am Tag des Bieres nicht nur ein kühles Bierchen (wie auch an allen Tagen im Jahr), sondern auch einen Satz heiße Ohren (aber eben nur dann) in Form von Life-Musik geben wird, lassen wir uns in die Kerpener Brau- und Biergeschichte entführen.

Jedem seine Kneipe

Ich will jetzt ja nicht behaupten, dass früher alles besser war, aber tatsächlich (also so war das in der Stadt mit der längsten Theke der Welt), da konnte man noch sagen „wo ‚ne Ecke, da ‚ne Kneipe“ und augenscheinlich waren die, jedenfalls nach Feierabend, wenn wir Kinder dreckig, müde und verschwitzt vom Spielplatz Richtung Heimat wankten, voll. Nicht, dass wir da groß reingedurft hätten, aber ging die Tür auf, dann hörte man Musik und Stimmengewirr und irgendwie gehörten sie zum Stadtbild dazu.

Und wenn man es so betrachtet, dann lag Kerpen im Rennen um die Thekenlänge auch nicht so weit hinten: Pro 143 Einwohner gab’s eine Kneipe und das schon 1729! Man muss da was losgewesen sein!

“saufen, balgen, schlagen, schelten, huren”

Machen wir uns nichts vor. Ein Gläschen in Ehren wird uns niemand verwehren, aber wenn es derer halt zu viele werden, haben wir unsere Sinne und Fäuste nicht mehr so richtig gut unter Kontrolle. Und das ein und andere hat seinen Niederschlag dann auch in den Kerpener Gerichtsakten gefunden. „1692 wird in Kerpen der sittliche Verfall der Bevölkerung beklagt. In den Wirtshäusern kam es bei „saufen, balgen, schlagen, schelten, huren“ bis tief in die Nacht zu Trinkgelagen und Prügeleien. (Stadtarchiv Kerpen, Gerichtsakten, Nr. 108)“ heißt es auf einer der Schautafeln zur „Biergeschichte“, die man ab dem 22. April bis Ende September im Haus für Kunst und Geschichte entdecken kann.

Besonders lustig, so verrät uns Harke-Schmidt, sollen es die Mödrather getrieben haben. Nicht nur, dass sie sich durch besonders ausgefallene Wirtshausschlägereien hervorgetan haben, in ihrem augenscheinlich unstillbaren Durst haben sie 1768 doch tatsächlich das Amt des Bürgermeisters gegen Bier versteigert.

Vom Korn zum Bier

Wer heutzutage zum Bierglas greift, der denkt wohl am ehesten darüber nach welches Bier er trinken will: Ob Kölsch oder Pils, ob Weizen oder lieber einen Biermix. Wer will da schon wissen, wie es gemacht worden ist. Vielleicht auch, weil wir in Supermärkten und Discountern von einer Unzahl verschiedener Biere aus aller Welt nahezu erschlagen werden, machen wir uns doch kaum Gedanken darüber, dass Bierbrauen eine uralte Handwerkskunst ist und wer kann sich zudem an die unzähligen kleinen lokalen Brauereien und ihr Hausbier erinnern?

Da lohnt es sich doch, mal den ein und anderen gepflegten Blick auf die großen Schautafeln zu werfen, die nächstens in Kerpen sozusagen in der zweiten Auflage nach der ersten Ausstellung von 2007 wieder zu sehen sind. Vom „Handgebrauten“ bis zum „Industriebier“ lässt sich hier der Weg vom Korn zum Bier nachverfolgen und bietet spätestens für die nächste Biergartenrunde ein prima Gesprächsthema.

„Bier-lokal“ präsentiert nicht nur die Geschichte der hier ehemals vorhandenen Brauereien, sondern auch die damit verbundene „Wirtshauskultur“.
Die Entwicklung des Brauereiwesens wird veranschaulicht und es wird deutlich, dass Gasttstätten und Wirtshäuser im gesellschaftlichen Leben schon immer eine wichtige Rolle gespielt haben.

Ausstellungseröffnung im „Haus für Kunst und Geschichte“ Fr., 22.04. / 19.30, Stiftsplatz 8, Kerpen
Samstag, 23.04.2016 Ausstellung von 15.00 – 19.00 Uhr

Ab 19.30 Uhr Live-Musik im
- Stift’s
- in der Klävbotz,
- bei Lohmeyer und
- im Alt Kerpen


Sonntag, 24.04.2016, 10.30 Uhr – 16.00 Uhr Ausstellung geöffnet
Morgens Frühschoppen im Haus für Kunst und Geschichte!

Erst wenn das letzte Bier gezapft

und die letzte Kneipe zugemacht hat … werden wir nicht mehr wissen, wo wir uns spontan treffen, unterhalten oder einfach „abhängen“ können.

Und Biertrinken war ja beileibe nicht das Einzige, was unsere Vorväter so in die Kneipen trieb. Da wurde getrunken und gezockt, politisiert und getanzt, gekegelt und geklüngelt. Kurz und gut: In der Kneipe war irgendwie immer was los.

Und wir? Gebeutelt von Rauchverbot und Alkoholkontrollen leben wir vielleicht gesünder und werden vielleicht auch etwas älter als früher, aber sicher auch ein Stück einsamer, immerhin kann ein nach oben gereckter Internetdaumen doch wohl kaum ein echtes Schulterklopfen ersetzen.

Da gehen wir doch mal hin

Im Nachgang unterhalten wir uns noch eine Weile mit Susanne Harke-Schmidt. Stimmt eigentlich: Früher sind wir auch mehr rausgegangen, haben tatsächlich mehr Zeit in der Kneipe verbracht als in den heimischen vier Wänden. Lag’s daran, dass wir jünger waren, die Wohnzimmer kleiner und das Fernsehprogramm auch noch nicht das, was es heute ist?

Ein guter Anfang wäre es zum Beispiel, sich am „Tag des Bieres“, dem 23. April, mal aufzumachen. Und wenn’s ein bisschen mehr sein soll als „nur“ ein frisches Kölsch, dann machen Sie doch mal einen Zug durch die Kerpener Kneipen-Szene mit Live-Musik im Stift’s (Blues 66), der „Klävbotz“ (Together, handmade Rock), dem „Lohmeyer“ (The Store) oder dem „Alt Kerpen (headless).

Für die Fotos der beteiligten Gastronomiebetriebe bedanken wir uns beim Haus für Kunst und Geschichte. Alle weiteren LV

 

 



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