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Eins und eins ergibt nicht zwei, sondern das Unerwartete


Für Harald Klemm und Thomas Baumgärtel, die sich eben die „Kollaborateure“ nennen, hingegen ist es, neben der Zusammenarbeit auch eine Art Experiment. Die gemeinsame Arbeit an einem Werk, einem Bild, bedeutet für sie nicht nur Zusammenarbeit, sondern auch  

Eins und eins ergibt nicht zwei, sondern das Unerwartete

Für den Duden ist es eine klare Sache: Ein Kollaborateur ist „jemand, der mit dem Kriegsgegner, der Besatzungsmacht gegen die Interessen des eigenen Landes zusammenarbeitet“. Eine etwas modernere Begriffsauffassung hingegen vertritt Wikipedia: „Der Begriff der Kollaboration wird heute aber – den begriffshistorischen Kontext ignorierend – auch in vielen Zusammenhängen, etwa in den Wirtschaftswissenschaften, als Synonym für Zusammenarbeit verwendet, wohl auch, weil der Begriff Zusammenarbeit in englischen Texten im Begriff collaboration seine Entsprechung hat. In diesem Sinne stellt eine Kollaboration bzw. Zusammenarbeit eine starke Form einer Kooperation dar.“ heißt es dort.

Für Harald Klemm und Thomas Baumgärtel, die sich eben die „Kollaborateure“ nennen, hingegen ist es, neben der Zusammenarbeit auch eine Art Experiment. Die gemeinsame Arbeit an einem Werk, einem Bild, bedeutet für sie nicht nur Zusammenarbeit, sondern auch sich Einlassen auf die  Sicht des anderen und das Schaffen von etwas Unerwartetem, das nur durch die nonverbale Kommunikation, über den Austausch von Farben und Motiven hat zustande kommen können.

… alles ist weg

„Im Anfang war es schon merkwürdig so zusammenzuarbeiten“, erzählen die beiden. „Einerseits getrennt, nämlich zu verschiedenen Zeiten, andererseits doch zusammen, nämlich an ein und demselben Bild. Da konnte es schon mal passieren, das man das nächste Mal wieder kam und alles war weg – der andere hatte es schlichtweg übermalt.“ Mittlerweile arbeiten sie nicht nur zeitlich von einer getrennt, sondern sogar zu gleicher Zeit am gleichen Werk – je nachdem wie es gerade passt.

Projekt wen.de

Gut 15 Jahre ist das jetzt her, denn ihre Zusammenarbeit begann 1999 zum zehnjährigen Jubiläum der Deutschen Einheit. „Thomas ist ein reiner Wessi“, erzählt Klemm, „aber ein großer Teil meiner Verwandtschaft lebte in der damaligen DDR und somit war für mich schon von Kindheit an das Thema der beiden deutschen Staaten, von dem, was sie trennt und dem was sie eint präsent.“ Unter dem Titel wen.de wollen die beiden Rheinländer Denkanstöße geben. „Für mich“, so Klemm, der an der RWTH Aachen Geschichte und Philosophie studiert hat, ist die Einheit noch lange nicht in den Köpfen der Menschen angekommen, „und solange das so ist, muss man sie eben an das Thema erinnern.“ Dabei erschließt sich der feinsinnige Witz der beiden wie in der Bilderserie „Blühende Landschaften“, denn nicht alles was blüht, wächst und gedeiht, ist auch genießbar und so manch‘ giftiges Kraut hat sich eingeschlichen …Und auch die Banane, ein durchaus essbares Gewächs, erhält in diesem Kontext eine neue Bedeutung: „Zunächst einmal ist sie ja ein Sinnbild für die Bananenrepublik. Als die Spendenaffäre um Altkanzler Kohl aufkippte, wurde das ja mehr als deutlich“, so Baumgärtel. Aber sie ist auch die Frucht der beiden Deutschlands: Die einen hatten sie (im Überfluss), die anderen hatten sie nicht …

Den eigenen Horizont aufbrechen

Doch nicht alles, was Thomas Baumgärtel schafft, ist nun „banane“ oder hat mit der Ordnung der Ingwerartigen, zu denen die Bananengewächse gehören, zu tun. „Die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern“, so der Bananensprayer, „bricht auch den eigenen Horizont auf und macht den Weg frei, sich mit neuen, ganz anderen Themen zu beschäftigen und lässt etwas Unerwartetes entstehen.“ So arbeiten die beiden Künstler seit einiger Zeit an einer neuen Serie, dem Niederrhein. Schon sind erste Gemeinschaftswerke der beiden in ihrer aktuellen Ausstellung im Schwingeler Hof in Wesseling zu bewundern, doch um an diesen Punkt zu gelangen, waren viele Arbeitsschritte nötig. Dies lässt sich, betrachtet man die Chronologie der Bilder, gut ablesen. Kann man auf den Werken der frühen Gemeinschaftsproduktionen durchaus noch die Handschrift des jeweiligen Künstlers erkennen, so verwischen und verschwinden die Spuren im Verlauf der Zusammenarbeit, wird es immer schwieriger zu deuten, welchen Anteil wohl Klemm oder Baumgärtel am jeweiligen Werk haben mögen.

 

Kollaboration der besonderen Art

Gut, dass Kollaboration nicht unbedingt als dem Feinde zuarbeiten verstanden werden muss, haben wir ja bereits zu Beginn gelernt. Zusammenarbeit bedeutet für Klemm und Baumgärtel jedoch nicht nur das gemeinsame entwickeln neuer Werke, sondern bezieht sich auch auf die Konzeption ihrer Gemeinschaftsausstellungen, in denen wohl gemerkt, auch individuelle Werke der beiden Künstler gezeigt werden. „Da sich unsere Biographien relativ ähnlich sind“, so die beiden im Gespräch, „ist es auch kein Wunder, das wir immer wieder ähnliche oder gleiche Themen in unseren Bildern aufgreifen wie zum Beispiel denen, in denen unsere jeweilige Familie vorkommt.“ In einer wie in Wesseling gearteten Ausstellung jedoch bietet sich auch die Möglichkeit durch neue Hängung den Bildern neue Interpretationsmöglichkeiten zu geben, sie so gegenüberzustellen, dass sie im neuen Kontext neue Bedeutung gewinnen.

 

Die Ausstellung unter dem Titel „Kollaborateure“ mit Werken von Thomas Baumgärtel und Harald Klemm ist noch bis zum 2. Juni 2013 in der Städt. Galerie und der Scheunen-Galerie im Schwingeler Hof zu sehen.
Öffnungszeiten: Mittwoch, Samstag & Sonntag jeweils 15.00 – 17.00 Uhr
Schwingelerweg 44, 50389 Wesseling
 

Zwei Bananen für den Schwingeler Hof

Dem Einsatz und der Tatkraft Dagmar Uedings, der Vorsitzenden des Wesselinger Kunstvereins ist es zu danken, dass es am Ende gelungen ist, die beiden Künstler zu einer Ausstellung im Schwingeler Hof zu bewegen. „Am Ende“, strahlt sie, „waren es wohl die beeindruckend schönen Räumlichkeiten, die wir zu bieten haben, die den Ausschlag für das Ja-Wort gegeben haben.“ Thomas Baumgärtel scheint es genauso zu sehen, denn nun zieren nicht nur eine, sondern gleich zwei Bananen die Wände des Schwingeler Hofes, der sich mithin in bester Gesellschaft mit den interessantesten Kunstorte weltweit.

Fotos: DWW



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