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Eine Andacht in Tönen


Diesmal jedoch wollen wir einen Gang zurückschalten und uns – statt hektischer Betriebsamkeit – darauf beschränken zu hören, zu zuhören; wir gehen ins Konzert, lassen die Welt für ein paar Stunden draußen vor den Türen ...  

Eine Andacht in Tönen

Seit nun schon gefühlten Ewigkeiten werden wir daran erinnert, dass das Osterfest bald vor der Tür steht. Wohin das Auge auch fällt: Hasen und Eier, mit und ohne Füllung und Hennen und Nester und Ostergras. Magazine und Zeitschriften sind voll mit Tipps und Tricks, wie man seine Lieben zum Fest möglichst gut und geschickt bewirten kann, welche neue Tischdekoration wohl in diesem Jahr noch ein erstauntes „ah“ und „oh“ hervorrufen könnte.

Nun wird es Zeit

Keine Frage, Hasen und Hennen machen Spaß, aber ein bisschen mehr Sinn dürften wir uns doch vom Osterfest – der eigentlichen frohen Botschaft des christlichen Glaubens vielleicht doch erhoffen. Zeit also sich eine kleine Auszeit zu gönnen, innezuhalten, die Gedanken frei zu lassen von allen Überlegungen und Planungen, was noch alles erledigt werden könnte oder müsste, damit auch ja und jeder zufrieden an der festlich gedeckten Ostertafel sitzt.

für eine Auszeit

Irgendwann in der Mitte des vorherigen Jahrhunderts haben wir die „geschlossene Zeit“, die Tage zwischen Palmsonntag und Karfreitag, in denen öffentliche Festlichkeiten und Vergnügungen nicht stattfanden, stillschweigend abgeschafft. Anscheinend müssen wir, wollen wir uns selber noch erleben, immer in Bewegung bleiben, etwas tun. Diesmal jedoch wollen wir einen Gang zurückschalten und uns – statt hektischer Betriebsamkeit – darauf beschränken zu hören, zu zuhören; wir gehen ins Konzert, lassen die Welt für ein paar Stunden draußen vor den Türen der Kölner Philharmonie und lassen uns einstimmen auf die Passion und Auferstehung Christi.

Mozart und die Anderen

Warum nun ausgerechnet Mozarts Adagios immer wieder im Programm der Osterkonzerte auftauchen, wir haben es nicht ergründen können. Vielleicht, weil sie eine so leichte und fröhliche Einstimmung auf die dann folgende Passionsgeschichte sind? Vielleicht einfach nur, weil Lena Neudauer wie kaum eine zweite es versteht, sein Werk so präzise und doch lebendig zum Klingen zu bringen? Wie auch immer, ein schöner Einstieg ist es allemal.

„Ein Außenseiter der Neuen Musik“

Kaum sind die letzten Töne der Mozart’schen Adagios verklungen, springen wir mal eben gute zweihundert Jahre in der Musikgeschichte nach vorn und landen beim Schweizer Musiker Frank Martin, der – man staune – nach Studien der Mathematik und Physik als Komponist und Musiker zunächst in der Schweiz und später in Holland arbeitete.

Seine „Polyptyque“, inspiriert von verschiedenen Gemäldetafeln, der sogenannten Maestà von Duccio di Buonsigna im Dom von Siena, die die Passion Christi darstellen, war ein Auftragswerk  zum 25-jährigen Bestehen des Internationalen Musikrats durch Yehudi Menuhin, der das Werk als Solist auch zur Uraufführung brachte. Es gilt als Meisterwerk des 20. Jahrhunderts und wird seit seiner Uraufführung 1973, weltweit regelmäßig aufgeführt.

Aber keine Sorge: Seine ausgeprägte Verbindung zu Johann Sebastian Bach, insbesondere zur Matthäuspassion, die eine prägende musikalische Erfahrung seiner Kindheit war, lässt das Werk nicht zu modern erklingen – eben ein „Außenseiter der Neuen Musik.“

Ein Auftrag und das Ende einer Tradition

Es waren die Domherren von Cádiz, die die schöne Tradition pflegten, Jahr für Jahr einen Komponisten mit der Schaffung einer Passionsmusik zu beauftragen, mit der sie ihre Karfreitagsandacht begehen wollten. Man stelle sich vor, so hat es Haydn jedenfalls seinem Biographen Georg August Griesinger geschildert: Alle Fenster, Wände und Pfeiler der Kirche zum Heiligen Kreuz, der Kathedrale von Cádiz wurden mit schwarzem Stoff bespannt und nur eine einzige Lampe erhellte das Dunkel. Immer wieder, nur unterbrochen von Musik, stieg der Domherr auf die Kanzel und predigte über die letzten Worte Jesu vor seinem Kreuzestod. Als jedoch die Reihe an Haydn kam, dessen Werk 1787 in eben jener Kathedrale uraufgeführt wurde, erlosch jedoch auch die Tradition – zu schön erschien den Brüdern die Musik als das sie in den Folgejahren noch weitere Musiker hätten beauftragen wollen.

In guter Tradition

Nun wird die Tradition der Domherren von Cádiz wiederaufgenommen. Gemeinsam werden die Musiker des Kölner Kammerorchesters unter Leitung von Christoph Poppen mit der Schauspielerin Annette Frier, die vielen als Hauptdarstellerin in der gleichnamigen Serie Dannie Lowinksi bekannt sein dürfte, die Haydn’sche Passionsmusik an Palmsonntag aufführen.

Man merkt es ihr an, das ist auch für sie, die seit fast zwei Jahrzehnten auf der Bühne und vor der Kamera steht, kein ganz gewöhnlicher Job. „Gut, als Tochter einer kölschen, katholischen Religionslehrerin musste ich bei einer solchen Anfrage ja sagen“, sie lacht und winkt dann ab: „Aber Spaß beiseite: Mal abgesehen davon, dass das Christentum einfach zentraler Bestandteil unserer abendländischen Identität ist, begleitet mich mein Christ-sein, mal mehr mal weniger, aber irgendwie ist er eben doch präsent.“ Entsprechend hält sie es auch für wichtig, ihren Kindern die Inhalte von Ostern nahezubringen: „Natürlich ist der Tod Christi am Kreuz eine ungeheuer grausame Geschichte, aber am Ende gibt es doch ein Happy End, das uns versöhnt und Hoffnung schenkt.“


Ähnlich sieht es auch Poppen, den Haydns Musik schon seit gefühlten Ewigkeiten begleitet. „Schlagen Sie nur die Zeitung auf oder schalten Sie den Fernseher ein“, meint er, „überall schlägt Ihnen Leid, Ungerechtigkeit und Elend entgegen. Das macht uns traurig, hilf- und fassungslos. Da ist es gut, dass es einen Kontrapunkt gibt, ein Licht am Ende des dunklen Tunnels.“

Nur sieben Worte

Bevor Sie jetzt genau wie ich anfangen zu rätseln: In der deutschen Übersetzung kommen wir mit sieben Worten einfach nicht hin, da müssen wir schon die lateinische Originalfassung bemühen. Und genau genommen sind es schon ein paar Worte mehr, nimmt man alle in den Evangelien überlieferten Sätze zusammen. „Insgesamt“, so schätzt Christoph Poppen, „dürfte der Wortanteil bei nur gut 1 % liegen, der Rest ist Musik. Aus der Runde der zum Pressegespräch versammelten Journalisten kommt die Frage, ob es Annette Frier denn nicht stören würde, dass sie quasi nur eine Mini-Nebenrolle hätte. „Nein“, meint sie überzeugend, „im Gegenteil. Zum einen ist es für mich eine ganz neue Herausforderung, diese kurzen Sätze, ja manchmal nur ein einzelnes Wort so auszudrücken, dass eine ganze Welt entsteht, zum anderen“, sie überlegt einen Moment, „nun ja, es bleibt mehr Platz für eigene Gedanken. Ich wünsche mir, dass unsere Zuhörer sich von der Musik auf eine ganz eigene und persönliche Gedankenreise mitnehmen lassen, vielleicht etwas Neues entdecken“, wieder hält sie einen Moment inne, „sehen Sie, als Schauspielerin habe ich oft die Möglichkeit hinter andere Türen zu schauen, etwas Neues zu entdecken und vielleicht ist das für die Zuhörer ja ein ähnliches Erlebnis.“

Wer Ohren hat

Kommen wir also zum Schluss wieder zum Anfang unseres Berichtes zurück. Werden wir – wenigstens für eine kleine Weile – still, lauschen wir der Musik und hören am Ende vielleicht auch uns selbst zu.

Karten für das Konzert am 29. März gibt es im Online-Ticketshop des Kölner Kammerorchesters.

Für die Fotos danken wir: Christoph Poppen - Sasha Gusov, Annette Frier - Alexander Hoerbe, Orchester - Kammerorchester Philharmonie Köln 05-2103. Und den tollen Fotografen von pixelio: Jesus - Thilo Reiter, Philharmonie - Gerd Pfaff, Cádiz - tokamuwi, Dom Siena - Janine Grimmig.



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