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Wir sind Kulturgut!


Also das sind wir und eben jetzt seit schon fast einem Jahr deutsches Kulturerbe! Na gut, 26 andere Traditionen und Wissensformen wie die Chormusik in deutschen Amateurchören oder die Falknerei gehören auch dazu, aber ob es da auch so fröhlich zugeht?  

Wir sind Kulturgut!

Ich kann mir nicht helfen, aber so eine Auszeichnung und wenn es nur die als „immaterielles Kulturgut“ ist, die hat doch was, da kann man sich doch mal selbst auf die Schulter klopfen und wissen Sie was? Ich finde, das haben wir verdient!

"Rheinischer Karneval mit all seinen lokalen Varianten"

Also das sind wir und eben jetzt seit schon fast einem Jahr deutsches Kulturerbe! Na gut, 26 andere Traditionen und Wissensformen wie die Chormusik in deutschen Amateurchören oder die Falknerei gehören auch dazu, aber ob es da auch so fröhlich zugeht?

Nun können wir uns ja unmöglich mit eben allen lokalen Varianten beschäftigen, also halten wir es mal nach dem Motto „Schuster bleib‘ bei deinen Leisten“ beziehungsweise wir bleiben in Kölle am Rhin.

Wie alt simmer denn nu?

Richtig, richtig: Schon die Römer (Orgien, wir wollen Orgien) haben es zwischendurch mächtig krachen lassen und sozusagen das Unterste zu Oberst gekehrt. Ob sich aber nun unser Karneval quasi lückenlos auf die römischen Saturnalien zurückführen lässt, ist ein bisschen umstritten, historisch nachweisbar ist die „Mummerei“ aber seit dem Mittelalter und da galt ja auch der Grundsatz, dass nur „altes“ Recht „gutes“ Recht sei und welcher wahre Narr will da schon pingelig sein.

So viel Spaß muss sein

Wo wir schon gerade bei pingelig waren: Genau genommen bedeutet das niederdeutsche Wort „Fastelovend“ ja nichts anderes als „Der Abend vor der Fastenzeit“ und das wäre dann ja nur der Veilchensdienstag … Aber bitte, wenn wir nicht schon am Donnerstag, also an Wieverfastelovend mit dem Straßenkarneval anfangen würden, bliebe einfach nicht genug Zeit für alle Festivitäten und kütt et auch wie et kütt, das lassen wir uns nicht vermiesen.

Zwar wollten uns Kriege oder wechselnde Besatzer wie Franzosen oder Preußen immer wieder mal die Narrenkappe vom Kopf nehmen, aber geschafft haben sie es am Ende nicht, also wenigstens nicht dauerhaft.

Die Rückeroberung der Straße

Am Ende war dann aber der Kölner selbst, der dem Karneval die Zügel anzog, denn dem aufgeklärten Bürger wurde es angesichts des „pöbelhaften, dumpfen Treibens“ doch ein wenig ungemütlich. Also gründete man das „Festordnende Komitee“, das am 10. Februar 1823 und führte „Held Karneval“ eskortiert von einer Leibgarde rotberockter Stadtsoldaten, eben unseren „roten Funken“ diesen nach seiner Thronbesteigung auf dem Neumarkt feierlich durch die Stadt – es war der erste Rosenmontagszug und ein durchschlagender Erfolg, der dann schnell von vielen anderen Städten und Gemeinden im Rheinland kopiert wurde.

Das lassen wir uns nicht verbieten

Ob die Preußen uns je verstehen werden? Unsere Lieder, unsere Reden und unsere Karnevalszeitungen haben sie jedenfalls mächtig auf die Palme gebracht, worauf sie die meisten noch in den 30er Jahren des vorletzten Jahrhunderts schlichtweg verboten haben. Dennoch ließen es die Narren sich nicht nehmen, Missstände anzuprangern und Auswüchse der Zensur und Bürokratie satirisch aufs Korn zu nehmen.

Und erst recht war der Karneval eine gute Lehrzeit für so manchen späteren Politiker wie die Kölner Karnevalspräsidenten Heinrich von Wittgenstein und Franz Raveaux oder den Bonner Universitätsprofessor und Büttenredner Gottfried Kinkel, die sich im Jahr 1849 teils in der Frankfurter Nationalversammlung, teils in Berlin als Abgeordnete wiederfanden.

Dann war mal Schluss mit Lustig

Uns den Karneval zu verbieten, dass haben sich selbst die Nazis dann doch nicht getraut. Aber so richtig lustig wollte es im Angesicht von Hakenkreuz und Gleichschaltung dann doch nicht mehr sein. Wenn überhaupt, dann war wohl das einzig Gute, was den Braunhemden einfiel, dass die Funkemariechen 1936 durch Frauen ersetzt wurden und ein Narr, wer nicht einsehen will, dass Frauenbeine doch viel hübscher anzuschauen sind … Ach, den Rest der mißlichen Geschichte schenken wir uns, denn ab 1940 war ja eh Schluss mit Karneval und Rosenmontagszug.

Auferstanden in Ruinen

Kaum waren die letzten Gewehrsalven verklungen formierten sich schon im November 1945 die Karnevalisten in kleineren Sitzungen. Ein Motto der Session 45/46 lautete: "Der Krieg ist zu End'/ unser Kölle ging drauf / Spuck' in die Händ'/ und bau wieder auf!" Nur für einen Rosenmontagszug reichte es noch nicht. Man bedenke: Rund 95% der Altstadt hatten den Krieg nicht überstanden. Und selbst 1949 als der erste Nachkriegs-Rosenmontagszug durch die Straßen zog, dominierten noch immer ausgebombte Ruinen und Schuttberge das Bild.

Jeden Jeck ist anders …

Es ist ja eine Binsenweisheit, aber deswegen eben trotzdem wahr. Und wer hat das verstanden? Na, wir Rheinländer eben. Und deshalb wird heutzutage Karneval in allen nur erdenklichen Formen gefeiert: Als klassischer Sitzungskarneval der großen Traditionsgesellschaften, als kleine Amateurveranstaltungen selbst schon bei den Minis, den Kindergartenkindern, den alternativen Stunksitzungen, als „rosa“ Sitzungen der schwul-lesbischen Szene und natürlich in den unzähligen Karnevalsumzügen vom Geisterzug an Karnevalssamstag bis zum großen Rosenmontagszug.

Denen zeigen wir es

Leider, und das können selbst eingefleischte und überzeugte Karnevalisten kaum verhehlen, hat sich in den letzten Jahren ein dickes Mißverständnis in den rheinischen Frohsinn eingeschlichen: Manch‘ einer, und das sind augenscheinlich nicht nur „Fremde“ scheinen da grundsätzlich etwas mißzuverstehen, nämlich dass Karneval ein Freifahrtschein fürs Komasaufen ist. Aber mal ehrlich, das hat ein richtiger Jeck doch nun echt nicht nötig. Klar gehört zum Karneval nicht nur das „lecker Mädche“, sondern auch das Kölsch vielleicht auch ein zweites oder drittes, aber sich „Kante geben“? Also lasst mal alle dran denken: Gerade jetzt, wo wir so viele Gäste aus aller Welt haben: Zeigen wir doch mal, was Karneval wirklich heißt: Nämlich lache, singe, fröhlich sein – aber eben nicht sturzbesoffen.

Chancen auf den Titel des "Weltkulturerbe" hat der Karneval vorerst nicht. Deutschlands nächste Nominierung für ein Weltkulturerbe bei der UNESCO ist die „Idee der Genossenschaft". Dieses erfolgt voraussichtlich im März 2015.

Fotos: LV

 



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