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Die geschenkte Stunde


Mit gleich sechs Konzerten geht das Kammerorchester Köln in der Spielzeit 2015/16 unter Leitung von Christoph Poppen an den Start und wird dabei seine traditionelle Hauptsäule mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn um Stücke aus dem ...  

Die geschenkte Stunde

In der „Zeit“ habe ich dieser Tage einen Bericht über die Suche der Berliner Philharmoniker nach einem neuen Chefdirigenten gelesen. Das brachte mich darauf, dass ich Ihnen ja noch einen Bericht über die neue Spielzeit des Kölner Kammerorchesters schulde und auch darauf, warum ich diesen Bericht nicht längst geschrieben habe.

Wer kann schon alles können

Wann sind Sie sich das letzte Mal „dumm“ vorgekommen? Hoffentlich liegt das schon einige Zeit zurück. Ich selbst komme mir ziemlich oft ziemlich dumm vor, aber das ist möglicherweise Berufsrisiko und weniger meinem Intellekt geschuldet. Nun ja, als Journalistin wird man ja mehr oder minder zwangsläufig immer wieder mit neuen, bisher unbekannten Sachverhalten konfrontiert oder eben einfach mit Fragen, die man sich selbst bisher so noch nie gestellt hat.

Und nun ist es eben so, dass ich von Musik schlicht weg zu wenig Ahnung habe, um Ihnen nun fachgerecht und professionell von Nuancen im Spiel, vom einzigartigen Klang der Töne und wann wer ein Meister seines Instrumentes ist zu berichten.

Was wir mögen und nicht hören

Die von der Körber-Stiftung im vergangenen Jahr in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage hat es an den Tag gebracht: 88 Prozent von uns mögen Mozart oder Wagner, aber nur rund 20 Prozent besuchen auch Konzerte, wo klassische Musik gespielt wird. Am mangelnden Angebot kann es nicht liegen. Allein bei der Kombination „Konzert klassische Musik Köln“ wirft Google innerhalb von Sekundenbruchteilen satte 748.000 Ergebnisse aus. Trauen wir uns nicht? Was also sollte uns davon abhalten, sich doch einmal auf das Wagnis eines Konzerts mit klassischer Musik einzulassen?

Da wird sich doch was finden lassen

Mit gleich sechs Konzerten geht das Kammerorchester Köln in der Spielzeit 2015/16 unter Leitung von Christoph Poppen an den Start und wird dabei seine traditionelle Hauptsäule mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn um Stücke aus dem Frühwerk von Felix Mendelssohn-Bartholdy erweitern.

Es muss nicht immer „Tatort“ sein

Mit Gewissheit können wir Ihnen natürlich nicht sagen, was das Fernsehprogramm am 11. Oktober für uns bereithalten wird. Aber man könnte fast darauf wetten, dass auch ein „Tatort“ wieder auf dem Programm stehen würde. Nun ist ja gegen einen gut gemachten Krimi nichts einzuwenden, aber wie wäre es denn mit ein bisschen Kontrastprogramm?

Starten wir also mit Mozart, der mit gerade 18 Jahren und inspiriert von Haydns „Feuer-Sinfonie“ (aber davon sprechen wir gleich noch) seine A-Dur-Sinfonie komponierte. Ursprünglich für zwei Oboen, zwei Hörner, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass gedacht, wurde es in zeitgenössischen Orchestern auch ohne gesonderte Notierung mit Fagott und Cembalo zur Verstärkung der Bass-Stimme aufgeführt.

Noch jünger als der begnadete Mozart war Felix Mendelssohn Bartholdy als er die Noten für „sein“ Violinkonzert in d-moll zu Papier brachte. Gespielt wird diese Verneigung vor Bartholdys verehrten Geigenlehrer Eduard Rietz ebenso wie Mozarts Rondo von der Münchner Geigerin Carolin Widmann. Schaut man in ihren Konzertplan für den Jahresrest, sollte man sich den Termin wohl frühzeitig vormerken, denn ansonsten dürfte man kaum Gelegenheit haben, die Dame so bald wieder in Köln zu hören, zumal sie, was heutzutage recht ungewöhnlich ist, nicht auf Stahl-, sondern tatsächlich noch auf Darmsaiten spielt. Haben Sie ein bisschen Geduld, dann werden wir Ihnen auch noch erzählen, was es damit nun auf sich hat.

Eigentlich sollte Ihnen das ja als „Lockspeise“ für einen Tatort-freien Abend schon genügen, aber damit Sie auf den sonntäglichen Nervenkitzel nun wirklich nicht verzichten müssen, gibt’s sozusagen als krönenden Abschluss noch die „Feuer-Sinfonie“ von Joseph Haydn. Hält man sich vor Augen, dass die Musik wahrscheinlich für wahrscheinlich für ein Rührstück namens „Die Feuersbrunst oder: Gute Freund in der Noth das größte Glück“, eine Story über die Flucht der angesehenen Kaufmannsfamilie Ehrmann aus einer brennenden Stadt und die sich daran anschließende Wiederzusammenführung auf dem Lande , als Zwischenmusik komponiert wurde, kann sich ja in etwa ein Bild davon machen, was unsere Ohren zu erwarten haben – langweilig wird es auf alle Fälle nicht.

Wenn das so weitergeht …

… dann wird es ein „Longread“, will sagen, wollen Sie wissen, was das Kammerorchester Köln für die kommende Spielzeit noch für Sie erdacht und zusammengetragen hat, dann müssen Sie schon ein wenig langen Atem mitbringen, denn mit ein paar Zeilen können und wollen wir das nicht abhandeln. Das sollte Sie nun aber nicht schrecken, denn eben diese „Longreads“ sind laut dem Fachblatt des deutschen Journalistenverbandes der neue Hype in der Medienszene, also tschüss tweet …

Den Briten sei Dank

Sag einer was von der „guten, alten Zeit“. Schon zu Haydns Zeiten musste sich mancher Musiker mächtig abmühen, denn Berühmtheit allein reicht eben nicht, um das Geld für Miete, Brötchen und was der Mensch sonst noch gern an Komfort hat, aufs Konto zu bringen. Es waren also am Ende handfeste wirtschaftliche Gründe, die Haydn, für damalige Verhältnisse ein schon recht betagter Herr von 58 Jahren, zu seiner Reise nach London bewegten. Aber was für ein Empfang wurde ihm zuteil: „(…) meine anckunft verursachte grosses aufsehen durch die ganze stadt durch 3 Tag wurd ich in allen zeitungen herumgetragen: jederman ist begierig mich zu kennen. Ich muste schon 6 mahl ausspeisen, und könnte wenn ich wollte täglich eingeladen seyn, allein ich mus erstens auf meine Gesundheit, und 2tens auf meine arbeith sehen. (…) alles dieses meine gnädige Frau war für mich sehr schmeichelhafft, doch wünschte ich mir auf eine zeit nach wienn fliehen zu könen um mehrere ruhe zur arbeith zu haben, dan der lärm auf denen gassen von dem allgemeinen verschiedenen Verkaufs Volck ist unausstehlich (…).“**http://de.wikipedia.org/wiki/93._Sinfonie_%28Haydn%29#cite_note-Finscher-2

Und als ihm dann noch im Juli in Oxford die Ehrendoktorwürde verliehen wurde, dürfte es gleich ganz und gar um den alten Herrn geschehen sein. Auf alle Fälle bedankte er sich artig mit seiner bereits 1789 komponierten 92. Sinfonie, indem er sie der Universität widmete. Die hatte zwar schon lange vorher geschrieben und – wie böse Gerüchte behaupten – gleich zwei Mal als Original verkauft, aber höflich wie die Briten nun mal sind, dürften sie über diese Klatsch- und Tratschgeschichten einfach hinweggehört und ausschließlich der Musik gelauscht haben.

Mendelssohn-Bartholdy – die 1.

Während wir Beethoven für die dominierende Musikgestalt des frühen 19. Jahrhunderts halten, haben seine „Kollegen“ das mitnichten so gesehen – im Gegenteil: Sie hielten ihn wohl eher für ein „Genie auf Abwegen“. Entsprechend orientierte sich auch Mendelssohn-Bartholdy lieber am großen Vorbild Mozarts, dessen Stil die Frühromantiker in leicht abgewandelter Form weiterführen wollten. Das trifft insbesondere auf seine 1. Sinfonie zu, von der Roger Norrington bei seiner Konzerteinführung in das Europäische Musikfest 2004 in Stuttgart sagte, sie sei zwar „ohne programmatischen Inhalt, dafür aber charmant und reizend.“

Die doppelte Halbzeit

Na sehen Sie, wenn Sie bis hierher gelesen haben, dann haben Sie eigentlich schon die Hälfte geschafft, denn jetzt sind wir ja schon beim Dritten von insgesamt sechs Konzerten. Und das wiederum markiert nicht nur quasi die „Berichtshalbzeit“, sondern liegt auch ziemlich in der Mitte der Adventszeit und bietet – wie könnte es anders sein – viel winter-vorweihnachtliches wie das zwar hinlänglich bekannte, aber trotzdem immer wieder schöne Concerto f-Moll von Antonio Vivaldi, den meisten von uns besser als „Der Winter“ aus den vier Jahreszeiten bekannt oder das Concerto Grosso „Fatto per la notte di natale“ von Arcangelo Corelli, einem der Vertreter des italienischen Barock und natürlich auch das „Weihnachtskonzert“ von Pietro Antonio Locatelli.

Die bekannteren Stücke lassen wir jetzt mal weg, verweisen an dieser Stelle einfach auf das Programmheft des Kölner Kammerorchesters und picken und statt dessen eine möglicherweise nicht ganz so bekannte „Peffernuss“ vom bunten Teller, nämlich das Trompetenkonzert von Johann Baptist Georg Neruda. Und seien Sie ganz unbesorgt, man gehört nicht zu den Banausen, wenn man diesen Namen noch nie gehört hat. Der international anerkannte Trompeter Giuliano Sommerhalder wird unsere Ohren mit seinem Trompetenkonzert – sein bekanntes Werk schlechthin – verwöhnen.

„Bei der Prob war es mir sehr bange“

Was Sie jetzt bitte nicht schrecken wird, denn diese Worte stammen schließlich weder von Christoph Poppen, noch von Raphael Christ, dem Konzertmeister des ersten Konzerts im Neuen Jahr, sondern vom „Wolferl“, dem angesichts der von den Musikern bei der Generalprobe „herunter gehudelten und herunter gekratzten“ Pariser Sinfonie die Ohren geschmerzt haben dürften.

Ebenso fern der Heimat wie die Mozart’sche Sinfonie (seine 31. Übrigens schon) entstand auch Mendelssohn-Bartholdys erstes Klavierkonzert, das er später als „ein schnell dahingeworfenes Ding“ bezeichnete. Mag aber sein, dass auch er sich mit dieser Äußerung im klassischen Understatement sonnt, denn im Nachgang der Urauführung im Münchner Odeonssaal, konnten nicht nur er und die rund 1.000 anwesenden Zuhörer mehr als zufrieden sein, sondern auch die Armen in München, denn immerhin handelte es sich um ein Benefizkonzert „Zum Besten der Armenpflege“.

Wir dürfen gespannt sein, was Mathias Kirschnereit, der für die Weltersteinspielung von Mendelssohns 3. Klavierkonzert 2009 den „ECHO-Klassik“ erhielt, meint, wenn er sagt: dass er seinen Zuhörern einfach nur »etwas von diesen wunderbaren musikalischen Genieleistungen vermitteln.« will.

Und weil aller guten Dinge ja bekanntlich drei sind, gibt’s als Drittes eben noch eine weitere Haydn-Sinfonie, nämlich die mit dem Paukenwirbel, was Sie jetzt bitte nicht mit dem Paukenschlag verwechseln wollen. Es ist ein bisschen trickreich, denn der gute Haydn hat zwar die entsprechenden Noten zu Papier gebracht, lässt aber Spielraum für eigene Interpretationen.

Das hat schon Heinrich Heine gefallen

Mit großen Schritten nähern wir uns der vorösterlichen Passionszeit und was könnte hier passender sein als zwei große italienische Klagegesänge. Es müssen einfach Italiener sein. Klagen können wir Deutschen zwar auch ganz gut, vornehmlich auf ziemlich hohen Niveau, aber ob wir das auch so klangvoll hinkriegen würden? Aber kommen wir zum Thema zurück.

Die „Stabat mater  ist ein mittelalterliches Gedicht, das die Mutter Jesu in ihrem Schmerz um den Gekreuzigten besingt. Insgesamt listet Wikipedia rund 49 Vertonungen auf, darunter allein 20, die nach 1950 entstanden sind – ein Werk also, das bis zum heutigen Tag nur wenig an Aktualität verloren hat.

Rossini hatte dem Opernbetrieb, dem er während seiner „aktiven Laufbahn“ gut 39 Opern geschenkt hat, schon zwei Jahre zuvor den Rücken gekehrt und sich hauptsächlich seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Kochen, gewidmet, als er auf einer Reise durch Spanien vom Erzdiakon von Madrid, Varela, mit einer Vertonung des Stabat Mater beauftragt wurde. Einige Sätze ließ der große Komponist zunächst von seinem Landsmann Tadolini vertonen, schrieb aber später, als das Werk kommerziell verlegt werden sollte, auch diese Passagen selbst. Heinrich Heine, der große Exilant an der Seine, hat mehr als ein lobendes Wort über die Musik verloren. Aber wollten wir das jetzt hier auch noch zitieren, dann würde wohl aus unserem „longread“ am noch ein „very longread“. Und irgendwann muss ja mal Schluss sein und wollen Ihre Zeit und Geduld für den „anderen“ Teil des Konzerts von Francesco Durante aufsparen. Beide Stücke werden übrigens gemeinsam mit dem Kölner Domchor unter Leitung des Domkapellmeisters Eberhard Metternich und zahlreichen Solisten aufgeführt.

Hauchzart und glockenhell

Sehen Sie, nun haben wir es bald geschafft. In unserem Konzertzyklus sind wir nun schon im Mai des kommenden Jahres und somit beim letzten Konzert der Saison 2015/16 angekommen. Was uns nun der Mai so bringen wird, können wir genauso wenig vorhersagen wie das Fernsehprogramm. Aber einen kleinen Ausblick auf das letzte Konzert, den können wir aber doch liefern.

Leicht wird es und luftig, wenn zarte Harfen- und Flötenklänge erklingen und wenig erinnert daran, dass die beiden Tänze, der „danse sacrée und der danse profane“ genaugenommen zu Werbezwecken von Debussy komponiert wurden. Dabei ging es nämlich um den Wettstreit zwischen den beiden Harfenbau-Unternehmen Pleyel und Erard, die mit der Musik von Maurice Ravel ins Rennen gingen. Dass der Entwicklung des Hauses Pleyel am Ende kein Erfolg beschieden war, an der Musik dürfte es nicht gelegen haben.

Und in noch einem weiteren Stück wird die Harfenistin Jana Bouškavá zu hören, nämlich dem Doppelkonzert für Flöte, Harfe und Orchester von Wolfang Amadeus Mozart. Man sollte sich das auf keinen Fall entgehen lassen, denn Kompositionen für Harfe gehörten damals zu den absoluten Exoten und wurden meist nur von den Spielern selbst komponiert. Hier spielt sie gemeinsam mit Henrik Wiese, der nicht nur Soloflötist im Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks ist, sondern zudem über die seltene Gabe verfügt, Töne und Klänge nicht nur zu hören, sondern auch und gleichzeitig als Farben zu erkennen. Und so, wie sich diese Spielzeit mit dem Stück „Tempora mutandor“ von Joseph Haydn dem Ende zuneigt, geht auch unser Bericht zu Ende.

Danke für Ihre Geduld

Wir sehen es ein, diesmal haben wir Ihre Geduld nun wirklich auf die Probe gestellt. Aber bleiben Sie bitte gerecht! Was, bitte schön, hätten wir angesichts dieser so üppig gefüllten Spielzeit denn schon tun können? Was einfach unter den Tisch fallen lassen? Nichts, wie wir finden, denn jedes Stück ist auf seine Art schön, spannend und entführt uns in andere Welten. Bleibt also die geschenkte Stunde: Die kleine Auszeit, die es gilt sie träumend und dem Klang der Töne lauschend zu genießen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen, dem Kammerorchester Köln und allen Beteiligten eine wunderbare Spielzeit.

Und dann gilt es natürlich auch allen Bildgebern zu danken. Es sind dies: „Geige“ und „Ohr“ – Rainer Sturm, „Harfe“ und „Notenwald“ – Paul Georg Meister, „Dom“ – Alfred Heiler, „Mozart“ H.J. Sprengemann, "Feuersbrunst" - Lichtkunst 73 – alle bei Pixelio. „M. Kirschnereit“ von dessen Homepage – Fotografin: Maike Helbig. „Caroline Widmann“ von deren Homepage – Fotograf: Marco Borgreve. „Guliano Sommerhalder“ von dessen Homepage – Fotograf: D. Vass. „Henrik Wiese“ von dessen Homepage – Fotograf nicht genannt.

 



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