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"Mach doch was Vernünftiges"


Wer Baumgärtel jedoch auf „seine“ Banane zu reduziert, tut nicht nur ihm, sondern auch sich selbst nichts Gutes, versperrt sich den Blick auf die Vielfältigkeit des Künstlers und bringt sich so um eine Fülle von Eindrücken und Erfahrung, ja es wäre so, al  

Mach doch was Vernünftiges

Drehen wir die Zeit zurück. Thomas Baumgärtel, der später als „Der Bananensprayer“ in die moderne Kunstgeschichtsschreibung eingehen wird, ist Mitte zwanzig und hat Zusagen für zwei Studiengänge in der Tasche, sowohl für Diplom-Psychologie wie auch für freie Kunst. „Mach was Vernünftiges“, rät sein Vater und meint damit eindeutig nicht das Kunst-Studium. Doch Baumgärtel kann und will sich nicht entscheiden. Später erinnert er sich: „Ich hatte doch überhaupt keine Vorstellung, was auf mich zukommen würde, also habe ich beide Studiengänge belegt.“


Bereut hat er seine Entscheidungslosigkeit nicht, im Gegenteil. „Erst das Psychologie-Studium“, so Baumgärtel heute, „hat mir erst die wahren Möglichkeiten und Perspektiven von Kunst deutlich gemacht, mir ein tieferes Verständnis dafür eröffnet, wie Wahrnehmung funktioniert, was Kunst sowohl beim Künstler als auch beim Betrachter auslösen kann.“

Bananen pflastern seinen Weg

Schon vor dem Studium noch während des Zivildienstes entdeckt er seine Muse, die gelbe Verwandte von Kürbis, Gurke und Tomate - die Banane. Sie wird seine stete Begleiterin, sein Markenzeichen. Mit ihr „adelt“ er Kunstorte rund um die Welt, geht für sie in den Knast und sprüht sie später auf Bitten und Einladungen hin an Wände und Fassaden, verarbeitet sie in zahllosen Bildern und Kunstobjekten. Wer Baumgärtel hört, denkt mehr oder minder zwangsläufig an das Beerengewächs.

Soll das schon alles gewesen sein?

Wer Baumgärtel jedoch auf „seine“ Banane zu reduziert, tut nicht nur ihm, sondern auch sich selbst nichts Gutes, versperrt sich den Blick auf die Vielfältigkeit des Künstlers und bringt sich so um eine Fülle von Eindrücken und Erfahrung, ja es wäre so, als würden wir alle Farben nur eine reduzieren, nämlich gelb.

Dabei gibt es so viel zu entdecken: Seine Zusammenarbeit mit Heribert Ottersbach, mit Gerard Kever oder mit Harald Klemm, mit dem er ganze Bilderreihen rund um die Deutsche Einheit geschaffen hat, eine Ausstellung, die wir weiland im Schwingeler Hof in Wesseling besucht haben.

Kann man diese Stadt lieben?

Es ist Samstagabend im Belgischen Viertel. Zum gefühlten hundertsten Mal fahren wir im Kreis, immer auf der Suche nach einem Parkplatz, den es nicht geben will. Schon bald liegen die Nerven blank und wir fragen uns, wie man sich hier wohlfühlen kann, was es ist, was die Herzen von ungezählten Menschen allein schon bei dem Gedanken an die Metropole am Rhein höher schlagen lässt. Das wir nicht unverrichteter Dinge den Weg Richtung heimatlicher Garage nehmen, liegt fast einzig und allein an unserer Neugier: Vielleicht kann Baumgärtel uns ja zeigen, was denn nun das Faszinierende an der Domstadt ist. „Cologne“ heißt die Ausstellung in der Galerie @30works, die für die nächsten Wochen Werke des Bananensprayers rund um Köln zeigen wird.

Ja, Bananen gibt’s auch

Klar, dass des Künstlers Lieblingssujet auch in dieser Ausstellung nicht fehlt. Der Dom mit zu bananenmutierten Türmen, ein bananengelber Kölner Hai und natürlich auch eine gekreuzigte Banane. Also nichts Neues an der Wand?

Doch dann schweift der Blick weiter und bleibt hängen an den monochromen Kranhäusern, die so zart auf die Leinwand aufgetragen sind, dass sie schon fast über dem Rheinufer zu schweben scheinen und eine ebenso zart getupfte Lanxess-Arena mit der Kölner Skyline. Das scheint so gar nicht Baumgärtel zu sein und ist in seiner Schlichtheit trotzdem so schön, dass man sich diese Stadtansichten auch als nicht Kölner gern anschaut und in Versuchung gerät die heimische Wand damit zu schmücken.

Ob Gott auch schmunzeln würde?

Gedankenverloren wandern wir weiter, während sich die Räume mit immer mehr Besuchern füllen, vorbei an karnevalsbekappten Bananen und einem im Malrausch begriffenen Bart Simpson, der kess zwei quietschgelbe Domtürme in die ölgemalte Alpenlandschaft versetzt hat, bis zu einem schon fast verkitschen Jesus-Bild, wäre da nicht das iphone in seiner Hand und der Titel „Anruf von Gott“. Ob Gott da auch schmunzeln würde? Wir jedenfalls tun es und noch viel mehr als uns in einer anderen Ecke, an einer anderen Wand wo sich ein weiterer Kirchenmann von seinem Tablet-PC verführen lässt.

Von ironisch bis makaber

Baumgärtels Antwort auf den Rückzieher des „Charlie-Wagens“ aus dem diesjährigen Rosenmontagsumzug dürfte schon so viel gesprochen worden sein, dass wir uns das (fast) schenken wollen, statt dessen lassen wir uns von ihm ins Untergeschoss führen, wo uns in voller Breite von sechs großen Toren der „Totentanz“ entgegenprangt. „Jahrelang haben wir um den Erhalt unserer Ateliers in den ehemaligen Clouth-Werken gekämpft“, erzählt er uns, „aber am Ende haben wir doch verloren. Nun ja, der Auszug war dann eben so eine Art Totentanz und den habe ich auf die Tore der Trafostation gesprüht.“ Auch wenn er wie meist lächelt, die Wehmut merkt man ihm an.

Lust auf mehr?

Um die 40 Werke mit und mit ohne Banane sind in der Galerie @30works von Thomas Baumgärtel zu sehen. Und auch, wenn man vielleicht kein unbedingter Köln-Fan ist, lohnt sich der Weg und die Suche nach einem Parkplatz, denn zu sehen ist ein breiter Querschnitt aus seinem Werk von Zeichnungen, Druckgrafiken, Wandmalerei und Collagen bis zur Objektkunst. Geöffnet ist die Ausstellung in der Antwerpener Straße 42 jeweils dienstags bis freitags von 15 – 19 Uhr und samstags von 11 – 17 Uhr bis zum 13.03.2015.

Fotos: DWW

 

 



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