Eine Landschaft verändert ihr Gesicht
Eine Landschaft verändert ihr Gesicht
Rund 71 % der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Meere, Seen, Bäche und Flüsse prägen die verschiedenen Landschaften. Dazu gehört auch die Erft mit ihren rund 107 Kilometern Flusslänge.
Von ihrer Quelle unterhalb des Himbergs bei Nettersheim-Holzmülheim am Nordwestrand des zur Eifel gehörenden Ahrgebirges bis zu ihrer Einmündung in den Rhein auf der Höhe von Neuss-Grimmlinghausen fließt sie durch drei verschiedene Landkreise und hat damit maßgeblich auch den Rhein-Erft-Kreis geprägt. Entsprechend den Anforderungen in der Vergangenheit wurde der Flusslauf der Erft mehrfach umgestaltet: So erforderte der mittelalterliche Mühlenbetrieb am Mittel- und Unterlauf die Stauregelung des Flusses. Um die Flächen rund um die Erft landwirtschaftlich und industriell nutzbar zu machen, wurde in den Jahren 1860 bis1866 der sogenannte Erftflutkanal gebaut. Erst dieses Bauwerk machte den gezielten und ausgedehnten Abbau der Braunkohle möglich, die Auenwälder rechts und links der Erft verschwanden und die Landschaft veränderte sich, auch angesichts des fortschreitenden Braunkohleabbaus merklich. Durch die Einleitung der im Tagebau entstehenden Sümpfungswässer hat sich auch die Fließgeschwindigkeit und die Wassertemperatur der Erft entscheidend geändert.
Ein Masterplan für die Erft
Maßgebend für die Renaturierung der Erft sind verschiedene Überlegungen: Da ist sind zum einen die Europäischer Gewässerschutzrichtlinien und zum anderen die Perspektive, dass ab dem Jahr 2045 wahrscheinlich nicht mehr in nennenswertem Umfang Braunkohle in unserem Gebiet abgebaut werden dürfte. Dazu gehört aber auch das Projekt RegioGrün, das den Freiraum in Köln und seinem Umland ssichern und ein zusammenhängendes Kulturlandschaftsnetzwerk schaffen soll, das aus drei Grüngürteln und sechs Korridoren besteht. Fünf Radiale, die an den inneren und äußeren Kölner Grüngürtel anknüpfen, sollen die Erftaue und den bewaldeten Höhenzug Ville erreichen und zu einem dritten Grüngürtel werden.
Lebendiges Denkmal
Bereits im Jahr 2000 wurden deshalb im Bereich der Erftaue im Rahmen des Waldvermehrungsprogramms rund15 ha Wald aufgeforstet. Weiteren Antrieb erhielten die Pläne für die naturnahe Umgestaltung durch die Projektanmeldung für die Regionale 2010 durch den Rhein-Erft-Kreis zusammen mit der Stadt Köln. Teil des Projektes ist auch die Gymnicher Mühle, die bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt wurde und seit 1587 als Getreide- und Ölmühle genutzt wurde. Stellvertretend für zahlreiche Mühlen, die es einst entlang der Fließgewässer in der Region Köln/Bonn gab, die zu großen Teilen jedoch verfallen sind oder anderweitig genutzt werden, stellt die Gymnicher Mühle heute einen historischen Ort dar, an dem ein Stück Geschichte der Erftlandschaft, das Zusammenspiel von Wasser, Landschaft und Energie erlebbar wird. Schon heute beherbergt der Mühlenhof das Informationszentrum für den Naturpark Rheinland und informiert insbesondere über den Erlebnisraum Landschaftspark Erftaue, die Auen- und Bördelandschaft entlang der Erft zwischen Kerpen und Erftstadt. Den Kern des Naturparkzentrums bildet eine Dauerausstellung zur Landschafts- und Siedlungsgeschichte der Erftaue. Auch der Mühlenverband Rhein-Erft-Rur e.V. (MVRER) hat hier sein zu Hause gefunden.
Drei Wege rund ums Wasser
Schon jetzt können ausgehend von der Gymnicher Mühle auf drei Rundwanderungen der Charme der alten Kulturlandschaft rund um die Erft erkundet werdet. Durch Auenwälder, Wiesen, Weiden, Feldern und Alleen führen die thematisch unterschiedlichen Routen vorbei an Aquädukten, Wehren, Mühlengräben und immer wieder begegnet dem Wanderer das Thema Wasser in seiner Vielgestaltigkeit.
Das Elixier des Lebens
Eine einfache chemische Formel: Man nehme zwei Atome Wasserstoff und ein Atom Sauerstoff, füge sie zusammen und erhält – Wasser. Ohne, so sind sich Forscher einig, wäre so gut wie kein Leben möglich. Und auch, wenn die Erde über ein Wasservorkommen von circa 1,4 Milliarden Kubikkilometer verfügt; Wasser ist ein rares Gut, denn nur 0,3 % der weltweiten Wasservorräte steht als nutzbares Trinkwasser zur Verfügung. Zukunftsforscher gehen sogar davon aus, dass zukünftige Kriege eher um Wasser, denn um andere Bodenschätze, allen voran Erdöl, geführt werden. Erstaunlich, dass wir dennoch mit Wasser recht verschwenderisch umgehen: Von den rund 140 Litern Wassern, die pro Kopf und Tag in Nordrhein-Westfalen verbraucht werden, entfällt nur ein geringfügiger Anteil auf Trinken und Kochen.
Das Tor zur Wassererlebniswelt
Umso wichtiger also, sich näher mit dem für uns so alltäglichen Gut Wasser zu beschäftigen. So oder ähnlich müssen es auch die Entwickler des Projektes der neuen Wassererlebniswelt rund um Landrat Werner Stump gesehen haben. Bereits im Jahr 2005 fällte nämlich der Kreistag des Rhein-Erft-Kreises den Beschluss das Gelände rund um die Gymnicher Mühle, wo zunächst ein Golfplatzes entstehen sollte, in Kooperation mit dem Erftverband zu erwerben und dieses im Rahmen von Naturschutzprojekten und der Wiederherstellung von Auenwäldern neu zu gestalten. Doch damit nicht genug. Um das Lebenselixier Wasser für die Besucher noch lebendiger und anschaulicher zu gestalten, wurde die Planung eines Wasserinformationszentrums in Auftrag gegeben.
Stolz blickten die Akteure, Werner Stump als Landrat, Dr.-Ing. Wulf Lindner als Vorstand des Erftverbandes, Marlies Sieburg, Bürgermeisterin der Stadt Kerpen und Volker Erner, Beigeordneter der Stadt Erftstadt im Rahmen der Grundsteinlegung des Wassererlebniszentrums auf das bereits Erreichte. „Hätte ich damals gewusst, wie viel Arbeit vor uns liegen wird“, so Stump in seiner Ansprache, „hätte ich das Projekt unter Umständen nicht angepackt. So aber, mit Blick auf das, was wir bereits erreicht haben und auf das, was uns und alle Besucher hier erwarten wird, bin ich froh, dass wir in Zusammenarbeit mit vielen Institutionen rund um die Erft das Projekt begonnen haben.“
Ein Projekt und fünf Module
Ein so ehrgeiziges und umfassendes Projekt wie die geplante Wasserelebniswelt rund um die Gymnicher Mühle muss wohl zwangsläufig in verschiedene Bereiche eingeteilt werden, damit jeder, gleich ob alt oder jung, sein persönliches Wasserlebnis realisieren kann.
So wird mit Modul I auf einer Fläche von rund 1,3 Hektar ein Wasserspielplatz entstehen, auf dem Kinder ab dem Kindergartenalter unter pädagogischer Anleitung mit dem Thema Wasser spielerisch vertraut gemacht werden. Das Element Wasser soll hautnah mit allen Sinnen erfahr- und erlebbar sein. In der sogenannten Wasserwerkstatt (Modul II) kann das Erlebte theoretisch untermauert werden. In einem Seminar- und Experimentierraum werden Ausrüstungsgegenstände vorhanden sind, um limnologische Untersuchungen und andere einfache wasserbauliche Versuche bis in die universitäre Ausbildung durchführen zu können, während in Mühlenscheune eine Wasserausstellung (Modul III) installiert wird, die nicht nur die theoretischen Aspekte zum Thema Wasser in den Vordergrund stellen wird, sondern gleichzeitig Möglichkeiten zur spielerischen Erfassung des Themas bieten wird und die umfassenden Aufgaben eines Wasserwirtschaftsverbandes, von der Abwasserreinigung über die Gewässerbewirtschaftung bis hin zum Umgang mit Grundwasser anschaulich darstellen wird.
Unter dem Stichwort „Erlebnisraum Erftaue“ (Modul IV) verbergen sich verschiedene Rad- und Fußwegtouren durch den Kerpener Bruch und die Auenlandschaft rund um die neue Erft. Hier werden vier Rad- und Spazierwege ausgeschildert, die mit Schautafeln entlang der Routen über landschaftliche und kulturhistorische Besonderheiten der Erftaue informieren. Mittels einem „mobilem Tourguide“ werden die Besucher per GPS entlang der Route geführt und können dabei die entsprechenden Informationen vor Ort von Handy oder PDA zu erhalten.
Damit die neue Wassererlebniswelt für alle gut erreichbar sein wird, wird als letzter, wohl aber gewiss nicht als der unwichtigste Baustein (Modul V) auch eine optimale Einbindung an das bereits bestehende Wegenetz wie auch die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie auch den Radfernverkehr, immerhin führt der Erft Radweg auf einer Strecke von rund 110 km von der Quelle bei Nettersheim bis zur Mündung in den Rhein bei Neuss.
Ein bisschen wird es noch dauern
Ein wenig wird man sich noch gedulden müssen, bis die „neue“ Erft mit all‘ ihren Facetten und den geplanten Modulen vollständig realisiert worden ist, aber bereits im Rahmen der Grundsteinlegung war erkennbar, dass gerade die Arbeiten im Bereich der Mühlenscheune bereits gut vorgeschritten sind, allzu lange werden wir uns also nicht mehr gedulden müssen und dann nichts wie hin zum kühlen Nass.
Zum guten Schluss noch unser Dank an Gabi Schönemann, die die Radfahrerin an der Erft gesehen hat, an Dieter Beier für die Erft mit Stauwerk und an Pittoresk (Fotograf "Buntschatten) alle bei Pixelio, Heinz Geusen für die Gymnicher Mühle von der Webseite Rhein-Erft-Tourismus e.V. Alle weiteren Bilder hat wieder DWW für uns gesehen und gemacht - Danke!