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Tausche Schulbank gegen Werkbank?


Auf bestimmte Tage wie Geburtstag oder Weihnachten kann man warten bis man schwarz wird und andere Tage kommen einfach immer überraschend und eigentlich viel zu schnell. Also hieß es vorgestern: „Ihr denkt ja dran, dass am 27. März Girls’Day ist?  

Tausche Schulbank gegen Werkbank?

Ich weiß auch nicht, auf bestimmte Tage wie Geburtstag oder Weihnachten oder die nächsten Schulferien kann man warten bis man schwarz wird und andere Tage kommen einfach immer überraschend und eigentlich viel zu schnell. Also hieß es vorgestern: „Ihr denkt ja dran, dass am 27. März Girls’Day ist? Wer keinen Praktikumsplatz hat, geht dann ganz normal in die Schule.“

Jetzt kenne ich ja meine Eltern, dass ich mir da einen entspannten Vormittag bei meinem Vater im Büro machen kann, das kann man gleich vergessen. Und meine Mutter ist auch nicht besser. „Kein Problem, Schule schadet nicht“, lautet ihr Kurzkommentar bevor sie wieder in irgendeinem Recherche-Paralelluniversum abtaucht. Dann kam sie aber doch und meinte, sie hätte da eine Einladung zum Girls’Day bei der RWE und wenn ich wollte und einen Bericht schreiben würde, dann könnte ich mir ihr dahingehen.

In klein ham die die aber nicht

Also habe ich mich am Vormittag mit Mama auf den Weg ins Ausbildungszentrum der RWE in Niederaußem gemacht. Zunächst einmal wurde dort ein kritischer Blick auf unser Schuhwerk geworfen, meine Ballerinas wären ja unter Umständen noch durchgegangen, aber Mamas Highheels? Aus sicherheitstechnischen Gründen müssten wir Sicherheitsschuhe und eine entsprechende Brille tragen. „Gut“, sage ich, „aber gibt’s das auch in Größe 35?“ Zuerst waren die Herren Ringel und Schmitz noch guter Dinge, aber am Ende war das kleinste Paar dann doch in Größe 37 und ziemlich zu groß. Und weil mir keiner etwas von Socken mitbringen gesagt hatte, musste ich also am Ende mit etwas viel zu großen Schuhen rumschlappen.

Für mich wär das nichts

Zuerst schauen wir uns bei den Mechatronikern um. „Los“, sagt Mama und will mich in Richtung eines Mädchens an einer Werkbank schieben. „Frag‘ Sie mal, warum sie hier ist und wie es hier gefällt.“ Ich mein, ich hab‘ nichts dagegen mich mit Leuten zu unterhalten, aber wildfremde und dazu noch wenn sie doch augenscheinlich beschäftigt sind anzuquatschen und blöde Fragen zu stellen, nee, irgendwie ist das nicht wirklich mein Ding. Also schnappe ich mir die Kamera und mache schon mal ein paar Fotos, während meine Mutter den Part mit der Fragerei übernimmt.

Als erstes unterhält sie sich also Isabell, die, wie ich erfahre, aus Niederaußem ist und die 9 Klasse des Gutenberg Gymnasiums besucht. Eigentlich will sie nach dem Abi mal was mit Bio machen, aber Spaß macht ihr der Tag trotzdem. Interessiert schaue ich meiner Mutter über die Schulter und frage dann doch, was sie denn da gerade zu recht feilt. „Das wird ein Schlüsselanhänger“, sagt sie, aber schon ist meine Mutter weitergewandert. Himmel, auf diese Frau aufzupassen ist ja schlimmer als einen Sack Flöhe hüten. Inzwischen hat sie einen der Auszubildenden angequatscht und löchert den armen Kerl mit ihren Fragen. Wie er es denn so fände, wenn er heute hier mit den Mädels zusammenarbeiten würde, will sie von ihm wissen. Er heißt Sebastian, ist 17 Jahre alt und im 1. Lehrjahr. „Eigentlich sind wir hier eine reine Männergruppe“, meint er, „aber“, so fährt er fort, „fände er es gar nicht schlecht, wenn mehr Frauen auch in diesem Bereich arbeiten würden.“ Wäre doch schön, wenn man sich mit seinen Freunden etwas über seinen Beruf austauschen könnte.

Der Girls'Day – Mädchenzukunftstag richtet sich an Mädchen von der 5. Klasse an und ist das größte Berufsorientierungsprojekt für Schülerinnen weltweit. Seit dem ersten Girls‘Day im Jahr 2001 haben mehr als 1,3 Millionen Mädchen teilgenommen. Somit ist er das größte Berufsorientierungsprojekt für Schülerinnen weltweit.
Obwohl gerade junge Frauen in Deutschland über eine besonders gute Schulbildung verfügen, wählen sie in der Regel aus nur zehn verschiedenen Ausbildungsberufen im dualen System und keiner davon stammt aus dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Dabei fehlt in vielen Betrieben der technikinteressierte Nachwuchs und warum sollten wir das nicht können?
Damit Mädchen die Möglichkeit haben, sich einmal in völlig neuen Berufswelten zurecht zu finden, ist der Girls’Day entwickelt worden. In Werkstätten und Büros, Laboratorien und bei Workshops haben wir hier die Möglichkeit Jahr für Jahr einen neuen Schnuppertag einzulegen und herauszufinden, was uns wirklich Spaß macht.
In der Regel findet der Girls’Day immer am 23. April statt, ist aber in diesem Jahr aufgrund der Osterferien auf den 27. März vorverlegt worden.

Mädchen sind die besseren Jungs

Eines beruhigt mich dann ja doch – die Neugier meiner Mutter scheint sich nicht nur auf mich und mein Leben zu begrenzen, anscheinend ist sie ganz in ihrem Element, wenn sie andere ausquetschen kann, denn schon prasseln ihre Fragen auf Roger Ringel, den Ausbildungsleiter bei RWE Power ein. Seit wann sich die RWE am Girls’Day beteiligt und wie die Resonance denn so sei und ob auch schon Mädels im Nachgang eines Girls’Days tatsächlich ihre Ausbildung hier gemacht haben. Erstaunlich wie gelassen der Mann bleibt, mich persönlich macht nervt es ja schon, wenn sie mich, kaum dass ich aus der Schule komme, mit ihrer Standardfrage „Na, wie war’s denn?“ überfällt. Ich halte mich also höflich bedeckt, was mich aber nicht daran hindert, genau zuzuhören.

Und tatsächlich, laut Ringel sind wir Mädels tatsächlich viel besser organisiert und strukturiert als Jungs in unserem Alter. „Mädchen“, sagt er, „haben viel klarere Vorstellungen was genau sie machen wollen und wie sie ihre Zukunft gestalten wollen.“ Und überhaupt, die klassische Einteilung in Frauen- und Männerberufe sei in vielen Teilen schon längst hinfällig. „Bei uns“, erklärt er, „gibt es genauso gut Frauen, die ein Kraftwerk anfahren. Das Geschlecht spielt in vielen Bereichen keine Rolle mehr.“

Die Elektriker sind ausgeflogen

Dann schauen wir noch kurz bei den Elektrikern vorbei, die sind aber, soll ich sagen leider oder doch Gott sei Dank?, schon zur Mittagspause ausgeflogen. Wie dem auch sei. Zwei Aufgaben sind hier für die Mädels am Girls’Day heute zu erledigen. Zum einen können sie ein LED-Männchen bauen, dessen Lampe, haben sie alle Bauteile richtig miteinander verdrahtet, auf Knopfdruck rot aufleuchtet und außerdem müssen sie einen vorgezeichneten Schaltplan auf einem Konstruktionsbrett nachbauen.

Die einen machen Pause, aber mein Job fängt jetzt erst an

Während sich also die Azubis und die Mädels vom Girls’Day alle in die Kantine verabschiedet haben und sozusagen keiner mehr bereit steht, um die Neugier meiner Mutter zu befriedigen, können wir uns also auch auf den Heimweg machen. Also tauschen wir die Sicherheitsschuhe wieder gegen unser gewohntes Schuhwerk aus und machen uns auf den Heimweg. Doch bevor ich mich in mein Zimmer verziehen kann, kriege ich schon die nächste Arbeitsanweisung. „Also, dann schreib jetzt mal auf, was Du alles so erlebt hast“, heißt es „und gib‘ auch noch ein paar Infos über den Girls’Day und mach‘ es heute, damit ich es …“ den Rest habe ich nicht mehr gehört, sondern schnell die Tür zugemacht. Aber naja, ich kenne diese Frau jetzt ja schon ziemlich lange und ich weiß, sie wird eh keine Ruhe geben, bis ich nicht alles haarklein aufgeschrieben habe und ja, das war’s jetzt Leute.

Text und Fotos: Claire Wagner



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