×

Wau Wau!



Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

mehr erfahren Sie hier

Muss denn Heirat Liebe sein?


Dass wir mitten drin sind im Geschehen, liegt auf der Hand, denn selbstredend ist unsere Region Teil des Rheinlandes. Aber nicht nur das, wir sind – und auch das nicht zum ersten Mal – eigentlich und genau genommen wieder ein kleines Stück voraus,  

Muss denn Heirat Liebe sein?

Wir drehen die Zeit um 200 Jahre zurück und schreiben das Jahr 1814. Nach den Napoleonischen Kriegen und den zuletzt doch siegreichen Schlachten bei Leipzig und Waterloo liegt Europa politisch gesehen in Scherben. Was wie so oft folgt ist das „Großreinemachen“. Ganze 200 Staaten versammeln sich in Wien, um über die Neuordnung Europas zu diskutieren und zu streiten. Und ein Ergebnis der geopolitischen Neuordnung ist, dass Preußen – anders als gehofft und erwartet – nicht große Teile von Sachsen, sondern aber die Gebiete rechts und links des Rheins von Saarbrücken im Süden bis Kleve im Norden zugesprochen.

Eine „Liebesheirat“ war es nicht

Ob es die Preußen glücklich gemacht haben mag auf einmal Regierungsverantwortung für Gebiete so weit von der Heimat übernehmen zu müssen? Die Rheinländer, jedenfalls, die sich schnell an die relativ liberale und bürgerfreundliche Gesetzgebung der Franzosen gewöhnt hatten, waren nicht begeistert. Auch deshalb nicht, weil man von den Junkern im Osten nicht nur Sturheit und Obrigkeitsgehorsam erwartete, sondern auch aufgrund der angenommenen wirtschaftlichen Schwäche. „Jesses, Maria, Josef! Do hirohde mer in en ärm Famillich!" – soll der Kölner Bankier  Schaaffhausen die Entscheidung des Wiener Kongresses kommentiert haben. Wobei – ganz so ärmlich können sie nicht gewesen sein, im Gegenteil: Allein 10.000 Taler ließen sich die preußischen Könige den Erhalt des Drachenfelses kosten – von der Fertigstellung des Kölner Domes unter Wilhelm I. 1880 nicht zu reden.

Da simmer dabei

Würde man genauer schauen, würde man sicher noch mehr rheinische Qualitäten entdecken, aber eines können wir auf alle Fälle, nämlich feiern. Und da bietet sich so ein Jubiläum, nämlich 200 Jahre Preußen am Rhein, doch nachgerade an. Entsprechend wird uns fast das ganze Jahr ein bunter Reigen von Veranstaltungen, angefangen vom feierlichen Festakt in der Düsseldorfer Regierungspräsidium bis zur Abschlussveranstaltung am 18. Oktober auf der Festung Ehrenbreitstein wird es eine Menge zu sehen, zu hören und zu entdecken geben: Führungen, Seminare, Exkursionen, Konzerte und Kabarett, Kinderprogramm. In fast allen Lebensbereichen, vom Militär ebenso wie vom Karneval, zu Religion, Kirche und Schule bis hin zur Landschaftsgestaltung, gipfelnd in den Gesetzen „Gegen die Verunstaltung der Landschaft“ finden wir preußische Spuren.

Vorne weg und mitten drin

Dass wir mitten drin sind im Geschehen, liegt auf der Hand, denn selbstredend ist unsere Region Teil des Rheinlandes. Aber nicht nur das, wir sind – und auch das nicht zum ersten Mal – eigentlich und genau genommen wieder ein kleines Stück voraus, denn schon lange vor der offiziellen Eröffnung präsentierte der Böhlau Verlag mit Unterstützung des Rhein-Erft-Kreises seine zweibändige Dokumentation „Preußische Verwaltung im Kreis Bergheim um 1840“ auf Schloss Frens, dem ehemaligen und damals ersten Amtssitz des preußischen Landrats.

Jetzt nur nicht abschrecken lassen

Ja, wir geben es zu, der Titel ist nicht gerade dazu angetan die große Leselust zu wecken und man könnte sich wirklich fragen, wozu man sich durch zwei Bände mit insgesamt 1460 Seiten kämpfen soll, nur um etwas über preußische (!) Verwaltung zu erfahren. Aber lassen Sie sich nicht Irre führen, sondern lassen Sie sich lieber von uns ein- und vielleicht sogar verführen …

Tatort Kreisarchiv

Mittlerweile schreiben wir (schon) das Jahr 2008 und es wird mal wieder Zeit die Bestände im Kreisarchiv neu zu ordnen. Dabei findet sich unter anderem das Dienstjournal von Eliph Kessel (1791 – 1873), der seinerzeit als Bürgermeister von Esch, heute Teil der Stadt Bergheim, fungierte. Nun hatte man zwar mit seinen akribischen Aufzeichnungen einerseits ein wahres Kleinod gefunden, andererseits, doch wie ihn bergen? Immerhin – wir reden ja von Zeiten vor der Erfindung der Schreibmaschine – wer also könnte diese (Hand-)Schrift noch lesen und überhaupt die Akten so aufbereiten, dass man daraus schlau wird?

Schließlich nahm sich die Historikerin Dr. Sabine Graumann der Sache an, transkribierte die alte Handschrift und ordnete die Vorgänge in größere Zusammenhänge ein, sprich recherchierte und entwarf ein Bild der damaligen Verwaltungsstrukturen.

Und der soll Rheinländer gewesen sein?

Nun sagt man uns Rheinländern ja nach, dass wir das Leben gern ein wenig locker und leicht nehmen. Da lassen die akribischen Aufzeichnungen des Escher Bürgermeisters, der zwar zur Führung des sogenannten Dienstjournals von Amts wegen verpflichtet war, aber nicht dafür bezahlt wurde, weil es sich nämlich ein unentgeltliches Ehrenamt handelte, doch schon fast an seiner rheinischen Provenienz zweifeln. Nichts, so scheint es, aber auch wirklich nichts, entging seinem scharfen Blick und alles, aber auch wirklich so gut wie alles, hielt er fest. Gemein, wer hier an einen Pedanten denkt, denn wäre der Gute nicht so überaus genau gewesen, was wäre uns an unterhaltsamen Geschichten entgangen!

Die gute alte Zeit – von wegen!

„Erinnerung“, so ein chinesisches Sprichwort, „malt mit goldenem Pinsel.“ Eine Einsicht, die wohl nicht nur für Chinesen gilt, immerhin hört man ja auch hierzulande, das „früher“ alles besser war. Aber, sehr verehrte Damen und Herren, lehnen Sie sich (am besten beim Schmökern in der Verwaltungsgeschichte) entspannt zurück, so schlimm sind wir gar nicht. Schon damals, so können wir es immer wieder nachlesen, wurde geklaut (alles, was nicht niet- und nagelfest war), gesoffen (pardon, ist aber so) und geprügelt haben sie sich auch. Alles festgehalten mit Namen, Datum und Ort von eben jenem Eliph Kessel.

Das hat sie sich verdient

Nicht immer scheint logisch und nachvollziehbar, wofür „Verwaltung“ Geld ausgibt, welche Projekte unterstützt und womöglich gesponsert werden. Entsprechend möglich, dass auch im Falle der beiden Bände „Preußische Verwaltung im Kreis Bergheim um 1840“ eine Reihe von Leuten sich kopfschüttelnd fragen wird, wie man ein solches Werk hat fördern können und dies sogar noch mit einem Festakt. Zu deren Entschuldigung kann man aber wohl nur eins sagen: Da habt Ihr eben noch nicht reingeschaut und rumgeblättert. Denn wenn man sich tatsächlich Zeit und Muße gönnt, sich hier und da ein wenig festliest, stellt man fest: Nicht nur Geschichte, ja selbst Verwaltung sind nicht halb so öde wie man meint.

In diesem Sinne sollten wir Dr. Sabine Graumann und ihren Förderern, darunter auch Landrat a.D. Werner Stump, schon ein bisschen dankbar sein und sagen: „Die feierliche Buchpräsentation auf Schloss Frens“ hat sie sich verdient, denn immerhin beschenkt sie uns ja mit etlichen unterhaltsamen Lesestunden.

Wir danken dem Kreisarchiv Bergheim für die freundliche Unterstützung mit folgenden Bildern: Schloss Frens, Legitimationskarte & Stempel und Frank Rosskoss, pixelio. für den Drachenfels. Alle weiteren Fotos von DWW.



Artikel empfehlen: