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Auferstanden aus Ruinen


Schon von der Straße aus bietet das aus Ruinen auferstandene Rittergut einen wunderbaren Anblick, doch seine ganze Schönheit entfaltet es erst, wenn man die Gelegenheit hat es einmal von innen zu betrachten.  

Auferstanden aus Ruinen

Machen Sie sich keine Gedanken! Dieser Titel hat weder etwas mit „Ostalgie“ noch mit meiner politischen Gesinnung zu tun, er kam mir halt nur so während der heutigen Pressekonferenz in den Sinn und tatsächlich hat er die nächsten Stunden im Kopf gut überstanden, also passt er. Wozu? Geduld und Gemach, das werden Sie schon noch erfahren …

Zurück zur Natur

Im Grunde war der Projektentwickler Rüdiger Schmidt-Holzmann, der schon der Industriebrache „Walzwerk“, wo noch bis in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Rohre und kaltgewalztes Bandeisen hergestellt wurden, durch eine plausible und kulturverträgliche Umwidmung „verpasst“ hat, auf der Suche nach einem Forst, um hier gleich zwei seiner weiteren Interessen verwirklichen zu können „Betriebswirtschaftlich“, erzählt er, „rechnet man meist in 5-Jahreszeiträumen, forstwirtschaftlich eher mal so in 50 Jahresschritten.“ Teils war es also die, naja sagen wir mal etwas längere Projektlaufzeit, die ihn reizte und andererseits wollte er seine Leidenschaft für Jagd und den damit verbundenen Naturschutz nicht nur als Jagdgast, sondern auch auf dem eigenen Grund und Boden er- und ausleben. Und wie es eben so geht, wer lange sucht, wird irgendwann auf fündig.

Ein Forst, drei Seen und eine Ruine

Dass er dann, sozusagen als Dreingabe für rund 50 Hektar Forst mit insgesamt drei Seen noch eine denkmalgeschützte Ruine auf dem Deckel hatte, war so eigentlich nicht geplant, aber Schmidt-Holzmann wäre eben nicht Schmidt-Holzmann würde ihn das sonderlich abschrecken. „An ein mögliches Nutzungskonzept war zunächst überhaupt nicht zu denken“, erinnert er sich, „es gab ja nur noch ein paar völlig durchweichte Außenwände, Dach und Zwischendecke waren längst eingestürzt, die Fenster und Türen ausgebaut und eingelagert.“

Blut, Schweiß und Tränen ?

Man müsste wohl Stunden in Tage, diese in Wochen und diese dann in Monate umrechnen um annähernd eine Vorstellung davon zu bekommen, wie viel Arbeit er selbst, seine Familie und seine Freunde aufgewendet haben, um zunächst einmal „Grund in die Sache zu bringen“. Schubkarrenweise wurde zunächst der Schutt abtransportiert bis man endlich eine Ahnung davon bekam wo sich unter Umständen der Fußboden befinden könnte. Auch nicht besser der Zustand des Kellers: „Im Nachhinein betrachtet war es schon ziemlich abenteuerlich“, erzählt er. Der Treppenabgang war nämlich nicht nur morsch und marode, sondern so zugemüllt, dass man sich zunächst nur durch einen schmalen Spalt zwängen konnte. Ach, wollten wir jetzt von all‘ den Abenteuern berichten, die Bauherr und Helfer erlebt oder sollte man sagen überlebt haben, das würde schon ein Buch für sich füllen. Also kürzen wir es ein bisschen ab.

Freunde fürs Leben

Nach Hymne und Churchill plag‘ ich Sie jetzt auch noch mit Mikka Häkkinens Erkenntnis: „Du gewinnst nie allein. An dem Tag, an dem du was anderes glaubst, fängst du an zu verlieren.“ Und ja, hätten Schmidt-Holzmann und seine Frau, Constanze Ballauf, nicht nur zusammen angepackt und jede Menge Freunde gehabt, die auch mit Hand angelegt hätten – das Rittergut wäre wohl immer noch eine traurige Ruine. Aber Tatkraft allein reicht eben manchmal nicht, nämlich spätestens dann, wenn es um den schnöden Mammon geht. Sollten Sie jemals gebaut haben, wissen Sie ja wie schnell einem das Geld durch die Hände rinnt, aber eine denkmalgeschützte Ruine? Keine Ahnung, aber geschätzt wird man an jeden „Neubetrag“ wohl getrost die ein oder andere Null dranhängen können … Und weil das so ist, wurde vor einigen Jahren der Förderverein Rittergut Orr e.V. gegründet, der seitdem immer bereit steht, um nicht nur selber tatkräftig mitzuarbeiten, sondern eben auch die nötigen Gelder einwirbt, die es braucht, um die Sanierung weiter voranzutreiben und den Unterhalt zu sichern.

Behutsam

Schon von der Straße aus bietet das aus Ruinen auferstandene Rittergut einen wunderbaren Anblick, doch seine ganze Schönheit entfaltet es erst, wenn man die Gelegenheit hat es einmal von innen zu betrachten, denn anders als manch anderer Sanierungsfall hat man hier nicht versucht den Originalzustand möglichst naturgetreu wiederherzustellen, sondern hat es behutsam angehen lassen. Statt also die Wände wieder neu zu verputzen und alte Zwischenwände wiedereinzuziehen durften die alten Innenwände so bleiben wie sie waren, nur Reste von Putz finden sich am alten Mauerwerk und während eingelegte Ziegelsteine zwischen den Dielenböden erkennen lassen, wo einst noch Wände standen.

Und was haben wir davon?

Tatsächlich könnte man ja auf den ersten Blick neidvoll zu dem Gedanken kommen, dass es doch recht passabel sein muss, wenn man als privater Bauherr nicht nur von der Gesellschaft für Denkmalschutz, sondern eben auch noch von einem Förderverein unterstützt wird, aber wie meistens im Leben stimmt auch das nicht so ganz, denn immerhin steht das alte Rittergut – wenn auch nicht immer – aber dafür immer wieder auch der Öffentlichkeit offen wie zum Beispiel wenn es heißt „Matinee im Herrenhaus“ und die Besucher Konzerte mit klassischer Musik erwarten oder eben auch jetzt anlässlich des „Tages des offenen Denkmals“.  

Ein ganzes Rittergut zum Mitnehmen

Wie gesagt, hätten wir jetzt in aller Ausführlichkeit von der Geschichte des Hauses und seinen Bewohnern berichtet, wäre dies kein Artikel, sondern fast ein kleines Buch geworden. Aber zum einen wollen wir das ja nicht und zum anderen – noch besser – brauchen wir auch nicht, denn diese Mühe hat sich ja das Autorinnenteam Rita Hombach und Anja Schmid-Engbrodt gemacht. Gemeinsam haben die beiden mit Unterstützung des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz alles Wissenswerte über die Geschichte des Hauses nebst Garten und Friedhof aber natürlich auch über die Bewohner zusammengetragen und reich mit Bildmaterial versehen, so dass man quasi auch außerhalb der Öffnungszeiten immer ein bisschen zu Gast im Rittergut sein kann. Und falls Sie es nun entgegen allen Erwartungen nicht schaffen sollten am Sonntag auf einen Besuch in Orr vorbeizuschauen und dort die Publikation gleich vor Ort mitzunehmen, dann können Sie sie aber auch über den örtlichen Buchhandel bestellen. (ISBN 978-3-86526-117-5)

Fotos: LV



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