×

Wau Wau!



Es gibt ein Gewinnspiel auf dieser Seite, das ich erschnüffelt habe. Es gibt sogar etwas zu gewinnen und ich meine keine Knochen!

mehr erfahren Sie hier

Eine ruhige Kugel schieben


In Frankreich, zumal im Süden, gehören sie zum ganz normalen Straßenbild: Herren im gesetzten Alter, die auf einer Sandbahn eine ruhige Kugel schieben. Ob wir das Spiel nun Pétanque, Boule oder Boccia nennen – die Unterschiede sind gering und wir wollen d  

Eine ruhige Kugel schieben

In Frankreich, zumal im Süden, gehören sie zum ganz normalen Straßenbild: Herren im gesetzten Alter, die auf einer Sandbahn eine ruhige Kugel schieben. Und langsam aber sicher ist die Welle – diesmal nicht aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern eben von unseren westlichen Nachbarn auch zu uns geschwappt. Ob wir das Spiel nun Pétanque, Boule oder Boccia nennen – die Unterschiede sind gering und wir wollen da nicht pingelig sein.

Das ist ja staatszersetzend!

Schaut man heutzutage den Boule-, Petanque- oder Bocciaspielern zu, während sie friedlich ihre Kugeln werfen oder schieben, sollte man doch nicht denken, dass diese Menschen staatszersetzenden Charakter haben könnten. Und mal ehrlich: Haben Sie schon mal erlebt, dass ein Spieler seine zugegeben recht schwere Kugel (bis zu 730 Gramm) nach einem Mitspieler geworfen, geschweige denn unbeteiligte Passanten angegriffen hätte? Nein! Und jetzt kommen sie nicht mit der Geschichte von den beiden Hildesheimern. Da ging es ja nicht um das Spiel, sondern irgendwie um ein Handy … Also zurück zur Sache: Es war Karl V., der 1369 ein Verbot des Kugelspiels ausprach: Statt eben eine ruhige Kugel zu schieben, sollten sich seine Soldaten (und nicht nur die) lieber die Zeit mit Bogenschießen und anderen kriegsdienlichen Beschäftigungen vertreiben. Und auch die Pariser Synode von 1697 wetterte gegen das Pétanquespiel. Ob die Geistlichkeit stattdessen lieber beten sollte, ist aber nicht überliefert.

Da lassen wir uns nicht unterkriegen

Ob es nun der Reiz des Verbotenen oder einfach des Spieles war, wer will das schon sagen, aber so besehen: Sie spielen noch heute und das mit wachsender Begeisterung. Weltweit werden pro Jahr rund 4,8 Millionen Kugeln verkauft und Schätzungen zur Folge sind allein in Deutschland rund 1 Millionen Kugeln im Umlauf – rechnen Sie mal aus, wie viel Leute sich also für den Sport begeistern!

Triff das Schwein(chen)

Es hat ein bisschen gedauert, bis wir eine „vernünftige“ Erklärung gefunden haben, warum die Zielkugel nun „Schwein“, „Schweinchen“, „Wutz“ oder gar „Sau“ genannt wird, aber jetzt, wo wir fündig geworden sind, wollen wir Ihnen diese nun nicht vorenthalten. Wikipedia meint, der Begriff stamme daher, dass selbige früher aus Schweineknochen hergestellt wurde. Nun ja, eigentlich eine Information, die die Welt nun auch nicht braucht, aber immerhin, man weiß Bescheid …

Völlig entspannt im hier und jetzt

Sieht man den Boule-, Boccia- oder Petanquespielern zu, fällt zunächst einmal auf: Die sind total entspannt. Da gibt es kein hektisches Hin- und Hergerenne, keine lauten Diskussionen und überhaupt. Nun ja, kein Wunder eigentlich, denn hier geht es ja nicht um schneller, höher, weiter, sondern um Konzentration und Präzision. Insofern also vielleicht der Sport nicht nur für das ältere Semester, dem die Lust am Hochleistungssport irgendwann abhanden gekommen ist, sondern für alle, die sich stressgeplagter Weise beim Spiel an der frischen Luft entspannen wollen, ohne sich übermäßigen Strapazen aussetzen zu wollen.

Sieht leichter aus als es ist

Schaut man von weitem erst einmal zu, sieht alles ganz einfach aus, aber wie meist trügt der Schein. Um nämlich auch nur annährend einen guten Wurf platzieren zu können, braucht es eine passgenaue Technik und die will geübt sein. Dazu sollte die Kugel locker vom Handballen und den drei Mittelfingern gehalten werden. Der Handrücken gehört nach oben, damit die Kugel schön über die Finger abrollen kann und den so begehrten Rückdrall bekommt, der ihren Lauf stabilisiert und die Länge, auf der sie ausrollt, besser kalkulierbar macht. Und dann gilt es natürlich noch, sich für die passende Wurftechnik zu entscheiden: Lieber rollen oder kullern (franz. Roulette) lassen, einen halben (franz. demi-Portée)oder einen den hohen Bogen (franz. haute Portée) wählen? Wichtig ist auf alle Fälle, dass der ganze Körper gut ausbalanciert sein muss, damit die Kugel nicht „verrissen“ wird, denn am Ende soll die Kugel ja nicht durch Muskelkraft, sondern durch den reinen Armschwung ihr Ziel erreichen.

Wir geben uns die Kugel

Die Wahl des richtigen Sportgeräts, der Kugeln also, ist bei Boule bzw. Pétanque wie bei fast allen Sportarten quasi eine Wissenschaft.

Man braucht einen Satz mit drei Kugeln und kann wählen zwischen: Kleinen oder Großen, Harten oder Weichen, Schweren oder Leichten, Rostenden oder „stainless“, Glatten und Geriffelten. Nur die knallbunten, wassergefüllten aus Kunststoff, die in den 70er Jahren so modern waren, die nehmen Sie bitte nicht. Übrigens: ein „richtiger“ Satz Kugeln liegt bei rund 70 Euro.

Und was brauchen Sie noch?

Nachdem wir nun die Technik und auch die Kugel-Frage geklärt, zwar nicht abschließend, aber doch wenigstens ansatzweise geklärt haben, sind wir der ersten Runde Boule ja schon näher gekommen. Was Sie jetzt noch brauchen, sind zum einen die Mitspieler. Zwei Leute sollten Sie insgesamt mindestens zusammenbekommen, denn die Minimalbesetzung sieht in jeder „Mannschaft“ jeweils einen Spieler (tête à tête) vor. Bei jeweils 2 Spielern spricht man von „Doublette“ und bei 3 Spielern pro Mannschaft von einer Triplette. Abhängig von der Anzahl der Spieler pro Mannschaft ist auch, wie viel Würfe jeder Mitspieler zur Verfügung hat, um seine Kugeln möglichst nah am „Schweinchen“ zu platzieren.

Das Spielfeld sollte nicht kleiner sein als 12 x 3 Meter, für Turniere sind Abmessungen von 15 x 4 Meter vorgeschrieben.

Ein paar Feinheiten am Schluss

Wir haben gelernt, dass die Regeln, die beim von Altkanzler Adenauer so geliebten Bocciaspiel doch ziemlich kompliziert sind. Also lassen die mal außen vor und begnügen uns mit Boule und Petanque.

Der größte Unterschied ist wohl der, dass man Petanque aus einem Abwurfkreis von rund 35 bis 50 Zentimetern heraus, also ohne Anlauf, spielt. Welche Mannschaft beginnt, entscheidet der Münzwurf. Danach versucht ein Spieler dieser Mannschaft eine Kugel so nahe wie möglich an das Schweinchen zu platzieren. Hat der erste Spieler seinen Wurf getan, ist ein Spieler der gegnerischen Mannschaft am Zug, pardon am Wurf.

Ziel des Spiels ist es, seine Kugeln näher an der Zielkugel, dem “Schweinchen” zu platzieren, als der Gegner. Dabei zählt am Ende eines Spieldurchgangs, der Aufnahme, jede Kugel einen Punkt, die näher zur Zielkugel liegt, als die beste Kugel des Gegners.

Diejenige Mannschaft, die im letzten Durchgang gepunktet hat, zieht ungefähr an der Stelle wo die Zielkugel lag, einen neuen Wurfkreis. Und weiter geht’s. Das Spiel ist gewonnen, wenn eine Mannschaft 13 Punkte erreicht hat.

Für das Bildmaterial danken wir:



Artikel empfehlen: